Quer durch Afrika. Gerhard Rohlfs
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Endlich sollte ich der langen Ungewissheit enthoben werden. Gegen Ende August brachte mir der Schantat (zu Kamel reitender Postbote) mit den in Tripolis für mich eingelaufenen Briefen auch die neuen französischen Zeitungsblätter. Da las ich im Moniteur folgende Note: »In Algier wird in den nächsten Tagen der Tuareghäuptling Si-Othman ben Bikri erwartet, der mit einem zahlreichen Gefolge von Rhadames kommt, um dem Gouverneur von Algerien einen Besuch abzustatten.«
Jetzt wäre es reine Zeitverschwendung gewesen, noch länger in Rhadames zu bleiben, denn bis zur Rückkehr Si-Othmans aus Algier mussten im besten Fall mehrere Monate verstreichen. Derselbe hatte mir gegenüber also nach unseren Begriffen sein Wort gebrochen; er selbst freilich, der wie alle seine Landsleute vom Wert der Zeit sich keine Vorstellung machen kann, mochte die Sache leichter nehmen und etwa so räsonieren: Mustafa wird schon noch warten; ohne mich kann er nicht nach Ideles gehen, und da er in Rhadames gut aufgehoben ist, so liegt ja nichts daran, wenn er, so Gott will, vielleicht ein Jahr dort verweilt. Und dieser Logik gemäß glaubte er sich wohl keines Unrechts gegen mich schuldig zu machen, wenn er inzwischen erst einen Zug nach Algier unternahm.
Mein Entschluss war schnell gefasst. Die Reise nach dem Hogar-Land wurde aufgegeben, und dafür die Tour über Fesan fest in Aussicht genommen. Ich hoffte, dieses Land werde auch ohne Anschluss an eine Karawane sicher zu erreichen sein; und von da werde sich dann Gelegenheit zum weiteren Vordringen finden. Zuvor musste ich aber nach Misda zurückgehen, um mir dort Kamele bis Mursuk zu mieten.
Nicht ohne Bedauern schied ich von Rhadames und seinen Bewohnern, die ich trotz ihrer zur Schau getragener Scheinheiligkeit lieb gewonnen hatte. Sie hatten mir in meiner schweren Krankheit Teilnahme bezeigt und manchen Liebesdienst erwiesen, einige, wie der alte blinde Omar, der Mkadem der Sauya Mulei-Thaibs, waren mit mir näher befreundet. Meinerseits hatte ich die herrschenden Vorurteile soviel wie möglich respektiert, am Freitag regelmäßig die Djemma (Moschee) besucht und dem Ableiern des langweiligen Chotbah-Gebets beigewohnt, alles bar und teurer als die Tuareg bezahlt, so auch für das Haus, das ich bewohnte, einen verhältnismäßig hohen Mietzins entrichtet, endlich durch Schenkung eines Lefaucheux mit vierundzwanzig Schuss an Kassem-Pascha diesen zu meinem Freund gemacht – alles das hatte seine Wirkung nicht verfehlt, und man ließ mich merken, dass ich ein gern gesehener Gast war. Gegenseitiges Wohlwollen bekundete sich nun auch bei meiner Abreise. Eine große Zahl von Bekannten war aus der Stadt gekommen, mir ein letztes Lebewohl zu sagen, umschwärmt von der Rhadameser Jugend, die noch einmal meinen Mursuk, das Wundertier, bestaunen wollte. Viele Händedrücke, viele Ssalams, viele Rufe »Auf Wiedersehen« wurden ausgetauscht, als ich am 31. August nachmittags Rhadames verließ.
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