Quer durch Afrika. Gerhard Rohlfs

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Quer durch Afrika - Gerhard Rohlfs страница 15

Quer durch Afrika - Gerhard  Rohlfs Edition Erdmann

Скачать книгу

mehr.

      Ihre Handelsbeziehungen dehnen die Rhadameser nördlich bis Tunis und Tripolis, südlich bis Tuat, Timbuktu, Sokoto, Kano und Kuka aus. Sie sind die hauptsächlichsten Vermittler des Handels zwischen Zentralafrika und dem Mittelmeer: Sie bringen den zentralafrikanischen Ländern Tuche, weiße und bunte Kattune, fertige Tuchburnusse, rote Mützen, bunte seidene und baumwollene Tücher, Glasperlen, echte und nachgemachte Korallen, echte und gefälschte Essenzen, Messing, Papier, Blei, Pulver, Schwefel, kleine Spiegel, Messer, Scheren, Nadeln usw. und tauschen dagegen Sklaven, Elfenbein, Straußenfedern und Goldstaub ein. Letzterer kommt indes jetzt nur noch in unbedeutenden Quantitäten nach Rhadames, der meiste wird von Innerafrika aus nach der Westküste gebracht.

      Die Stadt Rhadames gleicht von außen, wenn man die vor den Toren zerstreut stehenden Wohnungen der Beni-Belil abrechnet, mit ihren dicht aneinander geschlossenen mehrstöckigen Häusern, deren nackte Wände kaum hier und da im obersten Teil von einer winzigen Fensteröffnung durchbrochen sind, einer unregelmäßig emporgemauerten kompakten Festung. Im Inneren führen die überbauten Gassen selten zu einem kleinen offenen Platz; fast alle aber münden auf den Markt oder auf den Platz, der das Bassin der Quelle umgibt. Abgesehen davon, dass die Quelle sich hier im Ort selbst befindet, erinnert Rhadames in seiner Bauart sehr an die Stadt Siuah in der Oase des Jupiter Ammon.

      Sehr interessant ist der große Kirchhof, eine Grabstätte von zwei Kilometern Länge, die sich im Westen um die Stadt herumzieht. Die Menge der Gräber und Grabsteine geht ins Unglaubliche, doch konnte ich kein einziges antikes darunter entdecken, obwohl zu vermuten ist, dass längs der hindurchlaufenden Straße römische Grabmäler gestanden haben. Auch alte Inschriften in arabischer Sprache fand ich nicht. In der Mitte und am nördlichen Ende des Feldes liegen nur Gräber aus neuerer Zeit. Die Platten, mit denen sie gedeckt sind, namentlich die aus dem letzten und vorletzten Jahrhundert, sind nicht wie die älteren aus hartem Kalkstein, sondern aus Ton. Namen, Jahreszahl und ein Koranspruch wurden in den Ton geschrieben, solange er noch weich war; dann verhärtete die Masse an der Sonne, und durch die sehr trockene Luft hat sich die Schrift meistens ganz gut erhalten.

image

       Wanderdünen in der Sahara

      Die Moscheen, von denen es zwei große und mehrere kleine gibt, haben keinen architektonischen Wert, obgleich die darin verwendeten Säulen fast alle, wie es scheint, antiken Bauwerken entnommen sind. Das Innere der Wohnhäuser zeichnet sich durch Reinlichkeit und durch einen verhältnismäßigen Reichtum an Gerätschaften wie Truhen, Messinggeschirr, Spiegeln und dergleichen aus. Doch sind die Räume sehr beschränkt und entbehren daher gesunder Luft; nur einige außerhalb der eigentlichen Stadt in den Gärten stehende Häuser haben offene luftige Höfe. Von fern gesehen bietet die blendend weiße Häusermasse, aus einem dichten dunkelgrauen Palmenhain mitten in der vollkommen öden Sahara sich erhebend, einen überraschenden, höchst malerischen Anblick dar.

      VIERTES KAPITEL

       Meine Erlebnisse in Rhadames

      Nicht ganz frohen Mutes hatte ich diesmal die Reise nach Rhadames unternommen. Einmal war die Jahreszeit, im Hochsommer, die möglichst ungünstigste für einen Aufenthalt am Rand der Sahara; sodann musste ich befürchten, die Einwohner möchten derweil in Erfahrung gebracht oder wenigstens Verdacht geschöpft haben, dass mein Renegatentum nur ein vorgebliches sei. Allein ich war entschlossen, allen Eventualitäten die Spitze zu bieten, konnte ich doch auf den Schutz der türkischen Regierung und auf die moralische Unterstützung der europäischen Konsuln zählen.

      Wirklich stellten sich mir gleich am ersten Tag nach meiner Ankunft Widerwärtigkeiten entgegen. Als ich mich dem Pascha Kassem präsentierte, erklärte er, mein Bu-Djeruldi sei nur für Fesan gültig, verpflichte ihn mithin zu nichts. Nun hatte allerdings der Schreiber in Tripolis den Fehler begangen, Fesan besonders zu erwähnen, aber da der Pass auf ganz Tripolitanien lautete, musste er selbstverständlich auch für Rhadames, wenngleich dies nicht speziell genannt war, volle Gültigkeit haben. Das Haus in der Stadt, das Kassem Pascha für mich räumen ließ, war viel zu klein, um mir und meiner Dienerschaft bequeme Herberge zu gewähren. Freundlicheren Empfang fand ich beim Mkadem (Vorsteher) der Sauya des Mulei-Thaib von Uesan; in der Voraussetzung aber, der Pascha werde der Sitte gemäß für mein Abendessen sorgen, unterließ auch er es, mir ein solches zu schicken, und ich selbst hatte, auf die Gastlichkeit eines von beiden rechnend, nichts für uns zubereiten lassen. So kam es, dass ich samt meinen Dienern und Kamelen den Tag hungrig beschließen musste, denn als ich meinen Irrtum bemerkte, war es zu spät, um noch Lebensmittel einzukaufen.

      Am folgenden Tag gestalteten sich meine Angelegenheiten günstiger. Der Pascha mochte doch wohl bedacht haben, dass sein ungastliches Benehmen üble Folgen für ihn haben könne; er schickte den Scheich el-bled (Bürgermeister) zu mir, der mich fragte, ob ich im Besitz eines Firmans von Konstantinopel sei. Ich übergab ihm das Dokument, damit er es dem Pascha zeigte, und bald kehrte er zurück mit der Botschaft, der Pascha lasse wegen des Missverständnisses um Entschuldigung bitten und habe befohlen, mir ein geräumigeres Wohnhaus vor dem Tor anzuweisen. Letzteres war eine große Wohltat für mich, denn es wäre schrecklich gewesen, hätte ich in der engen, dumpfen Stadt wohnen, am Tag durch die finsteren Straßen tappen müssen und nachts nicht einmal auf dem Dach des Hauses verweilen dürfen. Und die Umquartierung war umso dankenswerter, als außerhalb der Stadt nur wenige Häuser verfügbar sind. Meine neue Wohnung lag gerade der Sauya Mulei-Thaib gegenüber.

      Abends sandte mir der Pascha denn auch das übliche Diner, oder Souper, wenn man will, heraus. Araber und Türken pflegen nämlich nur eine größere Tagesmahlzeit, und zwar gegen Abend, einzunehmen. Sobald die Rhadameser sahen, dass der Pascha mich mit Aufmerksamkeit behandelte, wurden sie ebenfalls willig und zuvorkommend gegen den fremden Gast.

      Der Pascha, ein ältlicher Mann von ehrwürdigem Aussehen, ein echter Araber, war der Oheim jenes bekannten Rhuma, der die Türken so hartnäckig bekämpft und als einer der Letzten in der Verteidigung des heimatlichen Bodens gegen die Fremdherrschaft ausgehalten hatte, dann geächtet und von allen seinen Landsleuten den schmählichsten Tod erlitt – wenn der Tod fürs Vaterland jemals ein schmählicher sein kann –, jetzt aber von den Bergbewohnern in Liedern gefeiert und sicher ruhmgekrönt im Andenken der Nachwelt fortleben wird. Kassem Pascha hingegen hielt es stets mit den Türken; er eignete sich ihre Sprache an und beobachtete aufs Strengste ihre Sitten und Gebräuche. Im Ganzen schien mir der Mann ziemlich vorurteilsfrei zu sein, und wir wurden nach und nach recht gute Freunde.

      Am schwersten mochte es ihm ankommen, dass er als türkischer Beamter gezwungen war, sich fast ganz europäisch zu kleiden, nämlich den offiziellen schwarzen Rock, graue enge Beinkleider und Glanzstiefel zu tragen. Denn nichts widerstrebt den fanatischen Arabern mehr als die Anlegung europäischer Tracht, welche sie ihrer Meinung nach entheiligt und ihnen einen anderen als den gewollten Charakter aufprägt.

image

       Köcher der Tuareg

      Ich richtete mich nun in meiner Wohnung häuslich ein. Das Gebäude enthielt ein Erdgeschoss, zu Küche, Magazinen und Ställen dienend, und im oberen Stock ein größeres und ein kleineres Zimmer mit davor liegendem plattem Dach. Das große Zimmer machte ich vollkommen dunkel, um die Fliegen daraus zu vertreiben, die in Rhadames, wie in allen Dattelbaum-Oasen, zur Qual und Folter des europäischen Reisenden in Unmasse vorhanden sind. Absolute Finsternis ist das einzige Mittel, sie von einem Wohnraum fernzuhalten. Meine Kamele wurden auf die Weide geschickt. Einen meiner Neger sandte ich nach Tripolis, damit er etwa für mich ankommende Briefe und Sendungen von dort abholte.

      Das Thermometer stieg jetzt nachmittags auf + 50 Grad im Schatten und zeigte selbst morgens vor Sonnenaufgang

Скачать книгу