Quer durch Afrika. Gerhard Rohlfs

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Quer durch Afrika - Gerhard  Rohlfs Edition Erdmann

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armen Tier zur Linderung der Schmerzen in die leere Augenhöhle gedrückt, werde demselben ein neues Auge verschaffen, und als am anderen Morgen die Karawane aufbrach, waren wir vollkommen gute Freunde.

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       Für einen Hochzeitszug herausgeputztes Kamel

      Endlich, am 17. Juni, sollte der letzte Tagesmarsch zurückgelegt werden. Um vier Uhr morgens verließen wir unseren Lagerplatz und erreichten, westlich vorrückend, um sechs Uhr den Fuß des relativ etwa fünfhundert Fuß hohen Berges Krab; nach zehn Minuten war die Höhe erstiegen, und ohne Aufenthalt ging es den weniger steilen westlichen Abhang hinunter. Westlich von Djebel Krab hört alle Vegetation auf; in der Umgebung von Rhadames ist kein Strauch, kein Halm mehr zu erblicken. Ich ließ um neun Uhr morgens ›gielen‹ und sandte meinen Burschen Hammed in Begleitung einiger anderer meiner Leute mit dem Bu-Djeruldi voraus. Kurz vor Sonnenuntergang langte die ganze Karawane vor Rhadames an.

      Die Stadt hat an der Nordwestseite drei Tore. Beim ersten, glaubte ich, würde uns Hammed erwarten; er war aber nicht dort, auch beim zweiten und dritten trafen wir ihn nicht an. Wir kehrten daher zum ersten, dem Haupttor, zurück und hielten durch dieses unseren Einzug, gefolgt von einem Schwarm Kinder der Tuareg, welche außerhalb der westlichen Ringmauer der Stadt zu lagern pflegen. Auch eine Menge Rhadameser hatte sich mittlerweile dem Zug angeschlossen, doch schien die allgemeine Aufmerksamkeit weniger auf mich und mein Gefolge als auf meinen Hund Mursuk gerichtet zu sein. Wohl noch nie zuvor war den meisten Bewohnern von Rhadames ein Hund zu Gesicht gekommen, denn die Slugi (Windhunde), die die Tuareg mit sich führen, werden von den Rhadamesern nicht zum Hundegeschlecht gerechnet.

      Es war bereits das zweite Mal, dass ich in Rhadames einzog; ein Jahr vorher hatte ich auf dem Weg von Rharb (Marokko), für einen frommen Mohammedaner geltend, die Stadt betreten. Im Vorüberziehen hörte ich, wie die einen behaupteten, ich sei Christ, wogegen andere schworen, ich sei Türke, und noch andere mir »Willkommen, Konsul!« zuriefen. Vor der Wohnung des Kaimakams, des türkischen Gouverneurs von Rhadames, ließ ich den Zug halten.

      Ehe ich aber in der Erzählung meiner Reiseerlebnisse fortfahre, will ich versuchen, den Leser etwas näher mit dieser merkwürdigen Stadt bekannt zu machen.

      DRITTES KAPITEL

       Die Stadt Rhadames und ihre Bewohner

      Fast überall, wo ein mächtiges Felsplateau mittels steiler Wände auf die Ebene drückt, springen, selbst in der Sahara, Quellen aus der Erde hervor, die den Boden bewässern und in der Wüste dann Oasen entstehen lassen. Einer solchen Quelle verdankt auch die Oase Rhadames ihre Entstehung.

      Unzweifelhaft waren die Umgebungen dieser Quelle, die naturgemäß eine dichte Palmenvegetation erzeugte, schon in grauer Vorzeit von Ansiedlern bewohnt. Davon zeugen die zum Teil noch aufrecht stehenden Ruinen runder und viereckiger Türme aus roh bearbeitetem Stein, von den Eingeborenen »Esnamen« (die Götzenbilder) genannt. In jedem Turm befindet sich zur ebenen Erde eine meist gut erhaltene, oben spitz zulaufende gewölbte Kammer und in einigen über derselben ein zweiter ähnlicher Raum, zu dem von außen steinerne Stufen hinaufführen. Aus festem Material gebaut und vielleicht durch Mauern miteinander verbunden, hatten sie wahrscheinlich den doppelten Zweck, sowohl als Zufluchtsstätte und Schatzkammer wie auch zur Verteidigung gegen feindliche Angriffe zu dienen.

      Alles deutet darauf hin, dass die Türme, lange bevor die Römer nach Rhadames kamen, wie man vermuten darf, von Garamanten errichtet wurden. Zwar ist hier nicht die eigentliche Heimat dieses Volkes gewesen, aber die Römer rechneten Cydamus, als sie die Stadt einnahmen, dem Gebiet der Garamanten zu. Sonst erfahren wir aus römischen Berichten nicht viel mehr, als dass Konsul Lucius Cornelius Balbo 19 v. Chr. die Stadt eroberte. Wie lange sie dem Römischen Reich verblieb und ob sie später christlich geworden ist, darüber fehlt jede Nachricht. Was die alten und mittelalterlichen Geographen über Rhadames erwähnen, ist äußerst mangelhaft und unzuverlässig. Leo führt unter dem Namen Gademes einen großen bewohnten Landstrich mit »vielen Schlössern und volkreichen Dörfern« auf. Dapper, der Gademes oder Gademez schreibt, spricht sogar von »16 ummauerten Städten und 92 Dörfern«. Es braucht wohl kaum gesagt zu werden, dass schon der örtlichen Beschaffenheit wegen solche Städte, Schlösser und Dörfer hier nicht existiert haben können.

      Die Quelle von Rhadames, die Schöpferin der Oase und somit auch Ursache zur Gründung der Stadt, nimmt unser Interesse vorzugsweise in Anspruch. Sie ist in ein länglich viereckiges, fünfundzwanzig Meter langes und fünfzehn Meter breites Bassin gefasst, auf dessen Boden man an mehreren Stellen das Wasser hervorquellen sieht. Die massiven Steinquader der Einfassung verraten ebenfalls das Werk der Römer, die sehr wohl wussten, wie wichtig es ist, das Wasser vor der Verteilung über die Felder in größerer Menge anzusammeln. Aus fünf Rinnen, drei größeren und zwei kleineren, ablaufend, reicht das Wasser der Quelle und einiger Brunnen nur zur Bewässerung einer Oberfläche von circa 75 Hektar hin, während der ummauerte zur Oase gehörende Raum wohl doppelt so groß ist. Die Gärten müssen, damit die Berieselung durch Quellwasser stattfinden kann, vertieft angelegt sein, und immer muss der hereinwehende Sand sogleich wieder daraus entfernt werden.

      Die Verteilung des Wassers an die einzelnen Gärten wird durch Wasseruhren geregelt und erfordert ein sehr kompliziertes Verfahren, weil das Land in so kleine Parzellen wie kaum irgendwo sonst geteilt ist: Die meisten Gärten haben nicht mehr als zweihundert Quadratmeter Umfang, und viele sind nur halb so groß oder noch kleiner. Auf dem Marktplatz der Stadt steht eine Klepsydra, von den Eingeborenen »Gaddus« genannt, ein eiserner Topf mit einer runden Öffnung im Boden, durch welche das Wasser, wenn er vollgefüllt ist, in circa drei Minuten abläuft. Jedes Mal, nachdem ein Gaddus durchgelaufen ist, schlingt ein dazu angestellter Knabe, der in gewisser Zeit von einem anderen abgelöst wird, einen Knoten in ein Palmblatt. Sieben Gaddus heißen eine »Dermissa« und geben eine ungefähr zwanzig Minuten anhaltende, für einen Garten mit sechzig Palmen genügende Berieselung. In ähnlicher Weise geschieht die Berieselung aus den beiden der Quelle am nächsten gelegenen Brunnen, wobei Neger die Schöpfarbeit verrichten. In früheren Zeiten gab die Teilung des Wassers steten Anlass zu oft blutigen Streitigkeiten unter den verschiedenen Grundbesitzern. Jetzt ist alles zur Berieselung dienende Wasser Staatseigentum, und die türkische Regierung bezieht daraus eine jährliche Einnahme.

      Das Klima von Rhadames unterscheidet sich nicht von dem der Sahara; Regen fällt äußerst selten, kaum einmal in zwanzig Jahren gibt es einen nennenswerten atmosphärischen Niederschlag. Die Durchschnittstemperatur beträgt + 23 Grad Celsius; sie steigt in den Sommermonaten auf + 50 Grad im Schatten und sinkt im Winter zuweilen vor Sonnenaufgang bis auf – 5 Grad. Das Klima ist eigentlich nicht ungesund, sagt aber Europäern wenig zu. Augenkrankheiten, Syphilis, Fieber und Dysenterien, Letztere besonders zur Zeit der Melonen grassierend, sind die am häufigsten vorkommenden Krankheiten. Im Jahre 1865 wäre ich selbst dort beinahe das Opfer einer sehr akuten Blutdysenterie geworden.

      Melonen sind die einzigen Früchte, die in Rhadames gut gedeihen. Einzelne Exemplare erreichen einen kolossalen Umfang und ein Gewicht bis zu zwei Zentnern, sodass zwei solche eine Kamellast ausmachen. Andere Früchte, wie gelbe Pflaumen, Granaten, einige Reben, Pfirsiche, Aprikosen und Feigen, verkrüppeln und bleiben infolge der viel zu großen Sommerhitze saft- und geschmacklos. Sie können, ebenso wie Gemüse, von denen ich Zwiebeln, Knoblauch, Bohnen, Rüben, Tomaten und Pfeffer hervorhebe, nur im Schatten der Palmen ihr kümmerliches Dasein fristen. Gleichfalls unterm Palmendach wird etwas Getreide, Weizen, Gerste und einige Hirsearten angebaut, doch lange nicht ausreichend für den Konsum der Einwohner. Leider sind auch die Dattelbäume hier weder ergiebig genug, noch von solcher Güte, dass mit ihren Früchten, wie in anderen Oasen, der Bedarf an Getreide, Schlachtvieh, Butter, Öl und sonstigen Lebensmitteln eingetauscht werden könnte. Die sechzigtausend Palmen, die Rhadames besitzt, vermögen den Bewohnern kaum für einen Monat im Jahr genügende

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