Quer durch Afrika. Gerhard Rohlfs
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Im August 1863 brach Rohlfs zu seiner zweiten Forschungsreise auf, diesmal besser ausgerüstet, auch mit den nötigen Instrumenten für wissenschaftliche Beobachtungen. Von Algier aus wollte er über den Sahara-Atlas nach Tuat, wurde aber bald wieder zur Umkehr gezwungen. Im Süden der jungen französischen Kolonie waren neue Unruhen ausgebrochen, die eine Sahara-Durchquerung in gerader Richtung unmöglich machten. Rohlfs ging zurück zur Küste, schiffte sich in Oran nach Tanger ein, wo ihn wieder Sir Drummond Hay mit seinem Einfluss unterstützte, besuchte in Ouezzane nochmals seinen Freund, den Großscherif, und nahm dort seinen Marsch gegen Süden auf. Als erster Europäer überquerte er den Hohen Atlas, ein Wagnis, auf das wegen der räuberischen Bergbewohner selbst die Marokkaner nur in riesengroßen Karawanen eingingen, kam unter unsäglichen Strapazen wieder nach Tafilalt, welches er von seiner ersten Reise her kannte, und zog weiter südlich nach den Oasengruppen von Tuat und Tidikelt. Das Reisen war jetzt erheblich schwieriger, da Rohlfs Messungen vornehmen und seine Beobachtungen regelmäßig notieren musste. Verschiedentlich für einen französischen Spion gehalten, konnte er oft nur mit Mühe die Angriffe gegen seine Person abwehren. Überdies erschwerten Stammesfehden in Südmarokko seine Tätigkeit. Wiederum betätigte er sich häufig als Arzt, dieses Mal nicht um Geld zu verdienen, sondern um den Argwohn der Bevölkerung zu zerstreuen.
Zu In Salah, dem Hauptort der Oasen des Tidikelt, ging sein Geld zur Neige. Rohlfs konnte die Miete für die notwendigen Kamele bis Timbuktu nicht mehr aufbringen, überdies sollte die nächste Karawane in den tiefen Süden erst nach Monaten abgehen; und zu allem Überfluss herrschte Krieg und Hungersnot in der Stadt am Niger. Der ehrgeizige Plan der Sahara-Durchquerung war zumindest vorläufig gescheitert, wenn auch nicht für alle Zeiten aufgegeben.
Rohlfs wandte sich nach Nordosten und erreichte über Rhadames bei Tripolis wieder die Küste des Mittelmeeres. Gerade dieser Teil seiner Reise sollte – zusammen mit seiner Beschreibung der Tidikelt-Oasen – vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet der wertvollste werden, weil Rohlfs auf noch nie von Europäern betretenen Wegen quer durch die Wüste zog und mit seinen Aufnahmen und Beobachtungen einen ganz wesentlichen Beitrag zur präzisen Kartographierung Nordafrikas leistete.
Auf dieser Reise lernte er auch den mächtigen Tuaregfürsten Si-Othman ben Bikri kennen, welcher im vorliegenden Bericht über die dritte Reise noch erwähnt wird und der Rohlfs versprach, ihn bald sicher durch die Große Wüste über das Hoggar-Gebirge nach Timbuktu zu geleiten. Dieses Unternehmen gelangte freilich nie zur Durchführung. Auf seiner folgenden Reise gelang es ihm dennoch, die Sahara zu durchqueren und dabei als erster Forscher bis zum Golf von Guinea an der Atlantikküste vorzustoßen. Überdies konnte er dabei endlich Genaueres über das traurige Schicksal der beiden verschollenen deutschen Entdeckungsreisenden Vogel und Beurmann in Erfahrung bringen, welche wenige Jahre vor ihm den Weg nach Bornu gezogen waren und im Sultanat von Uadai ein gewaltsames Ende gefunden hatten.
Als Rohlfs von seiner großen Reise »Quer durch Afrika« zurückkehrte, hatte er den Durchbruch geschafft. Ihm war der Sprung vom Fremdenlegionär zum angesehenen und gefeierten Afrikaforscher gelungen. Er wurde in Berlin von König Wilhelm, dem späteren deutschen Kaiser, empfangen, er erhielt die goldenen Medaillen der geographischen Gesellschaften von Paris und London und er wurde zum Ehrenmitglied der Berliner Gesellschaft für Erdkunde ernannt. Doch es entsprach seinem Wesen keineswegs, sich auf den errungenen Lorbeeren auszuruhen.
Noch im Jahr seiner Rückkehr begleitete er im Auftrag Fürst Bismarcks als Beobachter ein englisches Expeditionskorps nach Äthiopien und nahm an der Eroberung von Magdala teil. Zurück in der Heimat konnte er sich wieder nur wenige Monate der Niederschrift seiner Reiseerlebnisse widmen.
Von König Wilhelm beauftragt, Geschenke an den Sultan Omar von Bornu zu überbringen, der schon so viele europäische Forscher gastfreundlich an seinem Hof empfangen hatte, war Rohlfs im November 1868 wieder in Tripolis. Die Reise noch einmal zu unternehmen, die er schon drei Jahre vorher gemacht hatte, lockte ihn nicht. Er delegierte den Auftrag an den deutschen Leibarzt des Bei von Tunis, der begierig war, eine Reise ins Innere des Kontinents zu unternehmen, und er gab so den Anstoß zu einer der bedeutendsten Forschungsreisen des Jahrhunderts: Fünf Jahre lang zog Gustav Nachtigal, begleitet von Mohammed dem Gatroner, der schon der Weggefährte von Barth und Rohlfs gewesen war, über Tibesti durch die Sahara zum Tschadsee, durch Bagirmi, Wadai und Darfur zum Nil.
Rohlfs selbst zog es vor, durch die Libysche Wüste zu ziehen. Über Bengasi und Audschila gelangte er bis Siwa, der legendären Oase des Jupiter Ammon. Wiederum kehrte er mit reichen wissenschaftlichen Ergebnissen zurück. Gerhard Rohlfs war zu seiner Zeit weltbekannt. Seine Bücher und zahllosen Vorträge verschafften ihm eine sehr große Popularität, nicht nur in Europa, sondern auch in Übersee. Ein halbes Jahr allein zog er durch Amerika, dort fast jeden Abend vor riesigen Auditorien über seine Erlebnisse und Forschungen berichtend.
Während einer Vortragsreise durch Russland lernte er in Riga eine Nichte des Afrikareisenden Georg Schweinfurth kennen und heiratete sie nach nur dreiwöchiger Bekanntschaft. Rohlfs ließ sich in Weimar nieder, seine Einkünfte sicherten ihm ein sorgloses und von materiellen Problemen unbeschwertes Leben. Zu seinem Freundeskreis zählten unter vielen anderen Persönlichkeiten der Großherzog von Mecklenburg, Walter von Goethe, der Dichter Bodenstedt, Schliemann, der Entdecker Trojas, und der Komponist Franz Liszt. Kaiser Wilhelm I. verlieh ihm den Hofratstitel, die Universität Jena ein Ehrendoktorat.
Gerhard Rohlfs’ Reisen
Doch Rohlfs kam noch immer nicht zur Ruhe. Von Ägypten aus, unterstützt mit viertausend Pfund des Khediven, zog er im Winter 1873/74 abermals auf noch nie betretenen Wegen westwärts in die Libysche Wüste. Allein einen Monat lang zog die bestens ausgerüstete Karawane durch vollkommen wasserloses Gebiet – fünfhundert eiserne Kanister zu je fünfzig Litern hatte Rohlfs anfertigen lassen. Das Buch »Drei Monate in der Libyschen Wüste« ist das Ergebnis dieser Reise. Die Behauptung, dass die geographische Erforschung und die Kartographie dieser Landstriche fast ausschließlich von Rohlfs bewerkstelligt wurden, ist sicher keine Übertreibung.
Eine weitere aufwendig und perfekt ausgerüstete Expedition, die, wenn sie auch das ursprünglich gesteckte Ziel nicht erreichen konnte, so doch für die wissenschaftliche Beschreibung Afrikas von eminenter Bedeutung war, wurde im Dezember 1878 zusammengestellt. Die Wasserscheide des Kongo-Schari- und Benue-Gebietes sollte im Auftrag der kurz zuvor gegründeten »Deutschen Afrikanischen Gesellschaft« erkundet werden. Mit vier Begleitern, darunter der Zoologe Dr. Strecker, brach Rohlfs von Tripolis über Sockna und Audschila nach dem Süden auf. Unter ständiger Lebensgefahr – die Senussi, ein fanatischer Moslemorden, hatten das Gebiet in ihre Gewalt gebracht – erreichten sie als erste Europäer die Kufra-Oasen. Hier allerdings endete die Reise. Zuerst Erpressungen, dann Bedrohungen und schließlich einem Überfall ausgesetzt, bei dem sie ihre ganze Habe verloren und nur durch Flucht in letzter Minute im Schutz der Nacht ihr Leben retten konnten, kehrten sie wie durch ein Wunder wohlauf in die Heimat zurück.
Der Bericht und die wissenschaftliche Beschreibung der Kufra-Oasen jedoch war ein weiteres Ruhmesblatt im Leben des Gerhard Rohlfs. Auf dieser fast einjährigen Reise war er, wie sein Biograph Konrad Guenther erzählt, um Jahre gealtert.
Kein glückliches Geschick war dem kleinen, von Rohlfs auf seiner großen Reise durch Afrika aus der Sklaverei befreiten und mit nach Deutschland gebrachten Negerknaben Noël beschieden. König Wilhelm und seine Frau Augusta kümmerten sich in Berlin persönlich um die Erziehung des Jungen. Er wurde auf die Realschule geschickt, wo seine Erfolge allerdings höchst mäßig waren, er selbst jedoch zum verwöhnten Mittelpunkt der besseren Gesellschaft wurde. Er begann an Wahnvorstellungen zu leiden, hielt sich für einen afrikanischen Prinzen und legte mit der Zeit