Quer durch Afrika. Gerhard Rohlfs

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Quer durch Afrika - Gerhard Rohlfs страница 7

Quer durch Afrika - Gerhard  Rohlfs Edition Erdmann

Скачать книгу

die Mehrzahl der in Zentralafrika gebrauchten Waren am billigsten in Deutschland gefertigt werden. Dennoch mangelt es, mit Ausnahme weniger großer Häuser in Ägypten, gänzlich an direkten Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Nordafrika. Zum Teil liegt das wohl daran, dass bisher in den nordafrikanischen Staaten der Deutsche vollkommen schutzlos oder höchstens für seine persönliche Sicherheit auf einen fremden Konsul angewiesen war. Kamen aber, wie es vielfach geschehen ist, deutsche Kaufleute mit Waren nach Tripolis, oder wollten sie mit den dortigen Geschäftsleuten direkte Handelsverbindungen anknüpfen, so blieben ihre Bemühungen jedes Mal ohne Erfolg, weil ihnen die fremden Konsuln, auf die sie zählen zu können glaubten, alle möglichen Hindernisse in den Weg legten – ganz natürlich, denn es wäre dadurch ihren eigenen Schutzbefohlenen ein Teil des lukrativen Handels entzogen worden. Mit Unrecht sagen daher die Regierungen Deutschlands: »Weshalb sollen wir nach dem und dem Ort einen Konsul hinschicken? Wir haben dort keine Interessen, es leben keine deutschen Kaufleute da, die unseres Schutzes bedürftig wären.« Deutsche Kaufleute können eben nicht hingehen, weil sie gegen die neidischen Umtriebe anderer Nationen keinen Schutz finden.

      Ich bewohnte während meines Aufenthalts in Tripolis ein Haus in der Mschia, das ich zu dem Zweck von einem Eingeborenen gemietet hatte. Ein einfaches Haus, nach orientalischer Sitte mit einem großen Hofraum, auf den sich die Wohnzimmer öffneten, auch mit Küchen-, Keller- und Wirtschaftsräumen versehen; hinter dem Haus war ein kleiner Garten, mit der Aussicht auf das Meer und mit Orangenbäumen bewachsen, welche zu der Zeit gerade blühten, sodass man sich kaum einen angenehmeren Aufenthalt wünschen konnte. Ich hatte die Wohnung auf dem Land vorgezogen, um ungestörter zu sein, da ich in der Stadt vor der allzu großen Liebenswürdigkeit und Umgänglichkeit der Tripoliner wenig Ruhe gehabt hätte.

      Die eigentliche Glanzperiode in gesellschaftlicher Beziehung, die Zeit, als der Generalkonsul Warrington dort herrschte, war allerdings für Tripolis schon vorüber. Doch auch die trostlose Öde, welche jetzt über der europäischen Gesellschaft von Tripolis lagert, hatte damals noch nicht Platz gegriffen. An der Spitze des französischen Generalkonsulats stand Botta, der geistvolle Verfasser der »Monuments de Ninive« und anderer gelehrter Bücher. Dass der Umgang mit einem so verdienstvollen Reisenden, der die Welt umsegelt, dann in Ägypten und Sennar die eingehendsten Studien gemacht und durch seine Abhandlungen über die assyrischen Keilschriften, die er in Ninive und Khorsabad entdeckte, den ersten Impuls zum Studium der Keilschriften gegeben hatte, äußerst anregend auf mich wirkte, brauche ich wohl kaum zu sagen. Dazu besaß Botta nicht nur gründliches Wissen, das er leicht und in anziehendster Form mitzuteilen verstand, sondern auch einen durchaus edlen, wahrhaft ritterlichen Charakter. Sohn des berühmten italienischen Geschichtsschreibers, folglich seiner Abstammung nach Italiener, war er in Frankreich aufgewachsen und erzogen worden, und seine Gastfreundschaft, sein freigiebiges, großmütiges Wesen stempelten ihn zu einem echten Franzosen. Als Kanzler fungierte neben ihm sein Freund Lequeux, aus Lothringen gebürtig, ein gelehrter Orientalist. Der englische Generalkonsul, der alte Colonel Hermann, ein Veteran des Krieges auf der spanischen Halbinsel, war zwar ein nicht durch Gelehrsamkeit ausgezeichneter, aber höchst liebenswürdiger Mann, dessen Haus ebenfalls von jeher einen gastlichen Sammelpunkt für die europäische Gesellschaft bildete. Leider bestand zwischen den beiden Generalkonsuln unversöhnliche Feindschaft, veranlasst durch einen bei der Ankunft Bottas von Colonel Hermann begangenen Etikettefehler. So unbedeutend dieser Anlass schien, hatte er doch zur Folge, dass die beiden Männer während ihrer ganzen Amtsperiode in Tripolis, die über zwanzig Jahre währte, sich niemals näher traten, nie grüßten und, falls sie es nicht vermeiden konnten, an einem dritten Ort zusammenzutreffen, einander vollständig ignorierten.

      Zu den übrigen Mitgliedern der Gesellschaft in Tripolis zählten der amerikanische Konsul Mr. Porter mit Frau, der österreichische Konsul Rossi mit Frau, der spanische Generalkonsul mit großer Familie, verschiedene andere Konsuln und Kanzler, einige europäische Doktoren, darunter ein deutscher Pharmazeut, und einige Kaufleute, welche die Konsular- und Gouverneurskreise frequentieren durften. Pascha-Gouverneur war zurzeit Mahmud-Pascha, der spätere Marineminister des Osmanischen Reiches.

      Mit Letzterem stand ich auf dem besten Fuß. Er wusste, dass ich meine erste und zweite Reise unter der Maske eines Moslems gemacht hatte, und riet mir daher sehr ab, die südwestliche Route über Adelis und durch das Land der Tuareg zu wählen, da man mittlerweile erfahren haben müsse, dass ich kein wirklicher Muselman sei und ich mich daher in jenen Gegenden der größten Gefahr aussetzen würde. Ich blieb aber fest bei meinem Entschluss, ebendiese Route, und zwar zunächst bis Rhadames, einzuschlagen, und fuhr bis zum Ende fort, mich in mohammedanische Tracht zu kleiden, wohl wissend, dass ich von Rhadames aus nur unter dieser Verkleidung weiter vorzudringen hoffen konnte.

      Meine Diener und Leute betreffend war ich diesmal recht gut bestellt. In erster Linie nenne ich Hammed Tandjaui, meinen erprobten Reisegefährten bei der Übersteigung des großen Atlas, sodann Mohammed Schtaui, einen Tripoliner, der, ehedem Diener im neapolitanischen Konsulat, wegen eines Mordes nach Amerika verbannt worden war (die türkische Regierung verbannt bisweilen Verbrecher nach der anderen Erdhälfte) und nach erfolgter Begnadigung von dort zurückkehrte. Er war wegen seines mürrischen, ungeselligen Wesens und namentlich wegen seines hervorstechenden Geizes eine wertvolle Akquisition für mich, insofern er lästige Besucher durch sein abstoßendes Benehmen von meiner Wohnung fernhielt, niemals gemeinsame Sache mit den übrigen Dienern machte und mit meinem Eigentum, selbst mir gegenüber, auf das Allersparsamste umging, weil Geizen ihm zur zweiten Natur geworden war. Nächst den Genannten wurden noch drei Farbige vom Stamm der Kanuri, Haussa und Teda engagiert.

      Zu meiner Freude war ein Dampfer von Europa mit Briefen für mich eingelaufen. Ich beschäftigte mich nun eifrigst mit der Vollendung meiner Ausrüstung, und um der Stadt etwas näher zu sein, bezog ich das reizend gelegene Landhaus des Herrn Labi, eines jüdischen Eingeborenen, der mir dasselbe freundlichst zur Verfügung gestellt hatte; es war so geräumig, dass auch meine sämtlichen Diener darin Unterkommen fanden.

      Vonseiten der europäischen Kolonie erfreute ich mich fortgesetzt zuvorkommender Aufmerksamkeit; Engländer, Franzosen, Spanier und Österreicher wetteiferten gleichsam, mir Liebenswürdiges zu erweisen. Unter anderem verkehrte ich viel mit dem Pater Präfekt, einem sehr würdigen Mann, der mit bischöflicher Vollmacht der katholischen Kirche in Tripolis vorsteht; wie er häufig mein Gast war, war ich auch meinerseits kein Verächter seiner trefflichen Küche und des guten Klosterweins. Die meiste Sympathie aber flößte mir der französische Generalkonsul Botta ein, denn er und sein Kanzler Mr. Lequeux waren die Einzigen in der dortigen europäischen Gesellschaft, die für anderes, als was außerhalb des gewöhnlichen Lebenskreises liegt, Verständnis besaßen. Ich wusste zwischen ihm und dem englischen Generalkonsul Hermann stets meine Neutralität zu bewahren. Die beiden hatten sich, wie schon erzählt, nie gesprochen, nie besucht. Als Barth auf der Rückkehr von seiner großen Reise nach Tripolis kam, nahm er bei Colonel Hermann Quartier, mit dem er von früher her befreundet war. Botta stellte ihm schriftlich ein französisches Kriegsschiff, das gerade in Tripolis ankerte, für die Überfahrt nach Europa zur Disposition und lud ihn gleichzeitig zu einem Besuch ein. Aber Colonel Hermanns Eifersucht ließ weder das Anerbieten noch die Einladung in Barths Hände gelangen, sodass dieser sich nicht einmal für die Aufmerksamkeit bei Botta bedanken konnte. Auch zu mir hatte Colonel Hermann einst gesagt: »Ich sehe nicht gern, dass Sie die Franzosen frequentieren.« Natürlich nahm ich keine Notiz davon, und er war taktvoll genug, mich seinen Ärger darüber nicht empfinden zu lassen.

      Endlich nahte der Tag der Abreise. Den Abend vorher gab der amerikanische Konsul mir zu Ehren noch ein glänzendes Fest. Sämtliche Konsuln mit ihren Damen waren erschienen, selbst Mahmud-Pascha erhöhte den Glanz des Abends durch seine Gegenwart, und manche Flasche Champagner ward auf das glückliche Gelingen meiner Expedition geleert. Zum Abschied, ein Teil der Gäste hatte sich bereits entfernt, spielte mir Mrs. Porter die »Adelaide« von Beethoven vor, was ich als ein besonders gutes Omen ansah, denn auch zu meiner zweiten Reise über den Atlas und nach Tuat hatten mir musikalische Klänge das Geleit gegeben. Als ich nämlich damals spät abends von El-Aghouat wegritt, tönten fern durch den Palmenwald Melodien aus der »Weißen Dame« zu mir herüber, die ein französischer

Скачать книгу