G. K. Chesterton: Krimis, Aufsätze, Romane und mehr. Гилберт Кит Честертон

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу G. K. Chesterton: Krimis, Aufsätze, Romane und mehr - Гилберт Кит Честертон страница 30

G. K. Chesterton: Krimis, Aufsätze, Romane und mehr - Гилберт Кит Честертон

Скачать книгу

mit der roten Rosette der Ehrenlegion – zwei Leute von solider gesellschaftlicher Position augenscheinlich. Neben diesen schwarzen, noch obendrein bezylinderten Erscheinungen nahm sich der Marquis mit seinem leichten Strohhut und seinen lichten Sommerkleidern wie ein Bohème – ja geradezu barbarisch aus. Und sah sich doch wie ein Marquis an! Wirklich, wie leicht hätte ihn wer gar für einen König gehalten, mit dieser sinnlichen Eleganz, den spöttisch-höhnischen Augen, dem stolzen Haupt gegen die veilchenfarbene See. Nur daß er kein christlicher König war, um keinen Preis. Ein schwarzbrauner Despot vielmehr, ein Grieche halb, halb Asiate, der in den Tagen, da die Sklaverei etwas Selbstverständliches war, auf das Mittelländische Meer herniedersah, auf seine Galeere und auf seine stöhnenden Sklaven. Gerade so, dachte Syme, müssen die braungoldenen Gesichter solcher Tyrannen sich von den dunkelgrünen Olivenwäldern und dem glühenden Blau des Himmels und des Meeres abgehoben haben.

      »Gehen Sie nun, den Zweikampf ausmachen?« fragte der Professor ungeduldig werdend und empfindlich, wie Syme immer noch dastand und gar keine Miene machte, endlich zu gehen.

      Da stürzte Syme den Rest des funkelnden Weines hinab.

      »Den Zweikampf ausmachen?« sprach er, und deutete auf den Marquis und seine Gesellschaft hinüber. »Die drei da drüben gefallen mir nicht. Ich will der großen scheußlichen mahagonifarbenen Nase da drüben den Garaus machen.«

      Und er beeilte sich da hinüberzukommen, wenn er auch nicht gerad auf dem geradesten Weg hinüberkam. Der Marquis, sowie der ihn sah, kniff seine schwarzen assyrischen Augenbrauen vor Erstaunen zusammen. Und lächelte aber höflich. »Da ist ja Mr. Syme, wenn ich recht sehe«, sprach er.

      Syme verneigte sich –

      »Und Sie sind der Marquis de Saint Eustache?« sprach er mit Grazie. »Gestatten Sie, daß ich Sie ein bißchen an der Nase ziepe?«

      Und beugte sich auch schon vor, nach seinen Worten zu tun. Aber der Marquis wich zurück, daß sein Stuhl dabei umfiel, und die zwei Herren mit den Angströhren hielten Syme bei den Schultern gepackt.

      »Der Herr hat mich insultiert!« wollte sich Syme mit vielen Gesten verständigen.

      »Sie insultiert?« rief der Gentleman mit der roten Rosette. »Wann denn?«

      »Oh – eben jetzt«, sprach Syme unverfroren. »Er hat meine Mutter insultiert.«

      »Ihre Mutter insultiert!« rief der Gentleman skeptisch.

      »Nun – eh – auf jeden Fall, – eh –« sprach Syme, der mit sich handeln ließ, »meine Tante!«

      »Aber wie kann der Marquis jetzt eben Ihre Tante beleidigt haben?« fragte der andere Gentleman mit nur allzu berechtigtem Staunen. »Er saß doch die ganze Zeit hier!«

      »Ah – ah – er hat gesagt, was er sagte«, drückte sich Syme ziemlich dunkel aus.

      »Aber ich habe nichts – nichts gesagt«, sagte der Marquis. »Außer etwas über die Künstlerbande. Ich sagte nur: daß ich Wagner gut gespielt gerne höre.«

      »Dann war das eine deutliche Anspielung auf meine Familie«, sprach Syme unentwegt, »meine Tante spielte Wagner miserabel. War eine peinliche Sache. Hat uns Insult genug eingetragen.«

      »Das scheint etwas ganz außergewöhnliches«, sprach der Gentleman décoré und sah den Marquis bedenklich an.

      »Oh, ich versichere Sie«, behauptete Syme in vollem Ernste, »Ihre ganze Unterhaltung strotzte geradezu von versteckten Anspielungen auf die Geistesschwäche meiner Tante.«

      »Aber das ist ja Unsinn!« sprach der andere Gentleman. »Ich zum Beispiel hab seit einer ganzen halben Stunde nichts gesagt, als daß mir der Gesang des schwarzhaarigen Mädchens gefällt.«

      »Aber da haben wir Sie ja!« rief Syme aufgebracht. »Meine Tante war fuchsrot!«

      »Mir scheint«, sprach der andere wieder, »Sie suchen nichts als einen Vorwand, um den Herrn Marquis zu brüskieren.«

      »Beim Heiligen Georg!« sprach Syme, drehte sich um und sah ihn an, »was Sie doch ein gescheiter Kerl sind!«

      Der Marquis sprang auf. Mit glühenden Augen – wie Tieraugen.

      »Sie wollen Händel mit mir!« schrie er. »Sie wollen einen Kampf mit mir! Bei Gott! da hat nie noch einer lang suchen müssen. Die Herren werden so liebenswürdig sein und Zeugen sein. Wir haben noch vier Stunden bis zum Abend. Wir werden heute Abend die Sache austragen.« Syme verneigte sich mit wunderbarem Anstand. »Herr Marquis«, sprach er, »Sie handeln nach Ihrem hohen Ruf und Ihrer hohen Abstammung. Erlauben Sie, daß ich mich einen Augenblick mit jenen Gentlemen in Verbindung setze, die meine Vertreter sein sollen.«

      Und mit drei langen Schritten war er wieder bei seinen Kollegen. Und diese, die seine vom Sekt eingegebene Attacke mitangesehen und seine idiotischen Erklärungen mitangehört hatten, waren durchaus überrascht von seinem jetzigen Gehaben. Denn jetzund, wie er zu ihnen zurückkam, war er absolut nüchtern, ein wenig blaß – ja, – aber er sprach ganz leise und durch und durch vernünftig …

      »Es ist gemacht«, sagte er, ein wenig heiser. »Ich hab einen Kampf mit dem Kerl ausgemacht. Aber nun kommen Sie, bitte, dichter ran und hören Sie recht, recht aufmerksam zu. Wir haben nicht viel Zeit zu reden. Sie sind meine Sekundanten, und alles hängt nun von Ihnen ab.

      Sie müssen nun darauf bestehen – und müssen hartnäckig und um jeden Preis darauf bestehen – daß der Kampf erst nach morgen früh 7 Uhr vor sich geht, so daß wir verhindern können, daß er den Zug 7,45 nach Paris erwischt. Daß, wenn er den Zug verpaßt, er damit den verbrecherischen Anschlag verpaßt. So viel, d.h. so wenig dazwischenliegende Zeit kann er nicht weigern. Aber das ist, was er tun wird. Er wird den Kampfplatz irgendwie recht dicht bei einer Zwischenstation wählen, so daß er den Zug dann knapp noch erwischen kann. Er ist ein ausgezeichneter Fechter und er traut sich zu, mich so schnell kampfunfähig machen zu können, daß er noch zur Bahn kommt. Aber ich kann brillant parieren und denke, daß ich ihn so lange aufhalte, bis der Zug futsch ist. Dann meintswegen mag er mich töten und sich auf diese Weise schadlos halten wollen. Verstehen Sie? Ja? Nun also … dann kommen Sie, bitte, daß ich Sie einigen reizenden Freunden von mir vorstelle«, und er schritt eilends voraus und stellte sie den zwei Sekundanten des Marquis vor – unter sehr aristokratischen Namen, von denen ihre vermeintlichen Träger natürlich bis dato selber noch keine Ahnung gehabt hatten …

      Syme litt an Krämpfen des einfachen gesunden Menschenverstandes. Das war nun mal so. Es waren (wie er sich anläßlich seines Impulses in jener Brillenszene ausdrückte) poetische Intuitionen, die sich oftmals zu exaltierten Prophetien auswuchsen.

      Und so hatte er auch diesmal die Politik seines Gegners sehr richtig kalkuliert … Als der Marquis durch seine Sekundanten erfuhr, Syme würde erst am nächsten Morgen fechten, da sah er absolut ein, daß sich ein jähes Hindernis aufgetan hätte zwischen ihm und seinem Bombengeschäft in der Hauptstadt. Indem er aber von solcher Angelegenheit seinen Freunden natürlich nichts verraten konnte, so wählte er den Ausweg, den Syme prophezeit hatte. Er überredete seine Sekundanten, als Kampfplatz eine kleine Wiese nah der Eisenbahn zu bestimmen – und verließ sich im übrigen ganz auf den ersten Waffengang.

      Wie er, kühl bis ans Herz hinan, das Feld der Ehre betrat, hätte keiner vermutet, daß er etwa voll von Reisefieber wäre. Hände in den Taschen, Strohhut im Nacken, das feine Gesicht bronzen in der Sonne. Aber dieses wäre dem fremdesten Fremden höchlichst aufgefallen, daß ihm nicht nur seine Sekundanten

Скачать книгу