Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler. Артур Шницлер
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler - Артур Шницлер страница 9
Anatol. Gnädige Frau – Sie sind so lieb –
Gabriele. Versprechen Sie mir, ihr's zu bestellen ... und mit den Worten, die ich Ihnen mitgeben will –
Anatol. Gewiß.
Gabriele. Versprechen Sie's mir? –
Anatol. Ja ... mit Vergnügen! Warum denn nicht!
Gabriele (hat die Wagentür geöffnet). So sagen Sie ihr ...
Anatol. Nun ...?
Gabriele. Sagen Sie ihr: »Diese Blumen, mein ... süßes Mädl, schickt dir eine Frau, die vielleicht ebenso lieben kann wie du und die den Mut dazu nicht hatte ...«
Anatol. Gnädige ... Frau!? –
(Sie ist in den Wagen gestiegen – – – Der Wagen rollt fort, die Straßen sind fast menschenleer geworden. – Er schaut dem Wagen lange nach, bis er um eine Ecke gebogen ist ... Er bleibt noch eine Weile stehen; dann sieht er auf die Uhr und eilt rasch fort.)
(Vorhang.)
Episode
Anatol. Max. Bianca.
Maxens Zimmer, im ganzen dunkel gehalten, dunkelrote Tapeten, dunkelrote Portieren. Im Hintergrunde, Mitte, eine Tür. Eine zweite links vom Zuschauer. In der Mitte des Zimmers ein großer Schreibtisch; eine Lampe mit einem Schirm steht darauf; Bücher und Schriften liegen auf demselben. Rechts vorn ein hohes Fenster. Im Winkel rechts ein Kamin, in welchem ein Feuer lodert. Davor zwei niedere Lehnsessel. Zwanglos daneben gerückt ein dunkelroter Ofenschirm.
Max (sitzt vor dem Schreibtisch und liest, seine Zigarre rauchend, einen Brief). »Mein lieber Max! Ich bin wieder da. Unsere Gesellschaft bleibt drei Monate hier, wie Sie wohl in der Zeitung gelesen haben. Der erste Abend gehört der Freundschaft. Heute abend bin ich bei Ihnen. Bibi ...« Bibi... also Bianca ... Nun, ich werde sie erwarten. (Es klopft.) Sollte sie es schon sein ...? Herein!
Anatol (tritt ein, ein großes Paket unter dem Arm tragend, düster). Guten Abend!
Max. Ah – was bringst du?
Anatol. Ich suche ein Asyl für meine Vergangenheit.
Max. Wie soll ich das verstehen?
Anatol (hält ihm das Paket entgegen).
Max. Nun?
Anatol. Hier bringe ich dir meine Vergangenheit, mein ganzes Jugendleben: Nimm es bei dir auf.
Max. Mit Vergnügen. Aber du wirst dich doch näher erklären?
Anatol. Darf ich mich setzen?
Max. Gewiß. Warum bist du übrigens so feierlich?
Anatol (hat sich niedergesetzt). Darf ich mir eine Zigarre anzünden?
Max. Da! Nimm, sie sind von der heurigen Ernte.
Anatol (zündet sich eine der angebotenen Zigarren an). Ah – ausgezeichnet!
Max (auf das Paket deutend, welches Anatol auf den Schreibtisch gelegt hat). Und ...?
Anatol. Dieses Jugendleben hat in meinem Haus kein Quartier mehr! Ich verlasse die Stadt.
Max. Ah!
Anatol. Ich beginne ein neues Leben auf unbestimmte Zeit. Dazu muß ich frei und allein sein, und darum löse ich mich von der Vergangenheit los.
Max. Du hast also eine neue Geliebte.
Anatol. Nein – ich habe nur vorläufig die alte nicht mehr ... (rasch abbrechend und auf das Paket deutend) – bei dir, mein lieber Freund, darf ich all diesen Tand ruhen lassen.
Max. Tand, sagst du –! Warum verbrennst du ihn nicht?
Anatol. Ich kann nicht.
Max. Das ist kindisch.
Anatol. O nein: Das ist so meine Art von Treue. Keine von allen, die ich liebte, kann ich vergessen. Wenn ich so in diesen Blättern, Blumen, Locken wühle – du mußt mir gestatten, manchmal zu dir zu kommen, nur um zu wühlen – dann bin ich wieder bei ihnen, dann leben sie wieder, und ich bete sie aufs neue an.
Max. Du willst dir also in meiner Behausung ein Stelldichein mit alten Geliebten geben ...?
Anatol (kaum auf ihn hörend). Ich habe manchmal so eine Idee ... Wenn es irgendein Machtwort gäbe, daß alle wieder erscheinen müßten! Wenn ich sie hervorzaubern könnte aus dem Nichts!
Max. Dieses Nichts wäre etwas verschiedenartig.
Anatol. Ja, ja ... denke dir, ich spräche es aus, dieses Wort...
Max. Vielleicht findest du ein wirksames ... zum Beispiel: Einzig Geliebte!
Anatol. Ich rufe also: Einzig Geliebte ...! Und nun kommen sie; die eine aus irgendeinem kleinen Häuschen aus der Vorstadt, die andere aus dem prunkenden Salon ihres Herrn Gemahls – eine aus der Garderobe ihres Theaters –
Max. Mehrere!
Anatol. Mehrere – gut... Eine aus dem Modistengeschäft –
Max. Eine aus den Armen eines neuen Geliebten –
Anatol. Eine aus dem Grabe . , . Eine von da – eine von dort – und nun sind sie alle da ...
Max. Sprich das Wort lieber nicht aus. Diese Versammlung könnte ungemütlich werden. Denn sie haben vielleicht alle aufgehört, dich zu lieben - aber keine, eifersüchtig zu sein.
Anatol. Sehr weise ... Ruhet also in Frieden.
Max. Nun heißt es aber einen Platz für dieses stattliche Päckchen zu finden.
Anatol. Du wirst es verteilen müssen. (Reißt das Paket auf; es liegen zierliche, durch Bänder zusammengehaltene Päckchen zutage.)
Max. Ah!
Anatol. Es ist alles hübsch geordnet.
Max. Nach Namen?
Anatol. O nein. Jedes Päckchen trägt irgendeine Aufschrift: Einen Vers, ein Wort, eine Bemerkung, die mir das ganze Erlebnis in die Erinnerung zurückrufen. Niemands Namen – denn Marie oder Anna könnte schließlich jede heißen.
Max. Laß lesen.
Anatol. Werde ich euch alle wieder kennen? Manches liegt jahrelang da, ohne daß ich es wieder angesehen habe.
Max (eines der Päckchen in die Hand nehmend, die Aufschrift