Jesus. Timothy Keller
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Noch tiefer
Als Jesus zu dem Gelähmten sagte: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben“, tat er etwas Unerwartetes – so unerwartet, dass es zu seinem ersten Zusammenstoß mit den führenden Frommen seiner Zeit führte:
Als Jesus ihren festen Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ Aber einige der anwesenden Schriftgelehrten dachten: „Das ist Gotteslästerung! Was bildet der sich ein! Nur Gott allein kann Sünden vergeben.“Jesus durchschaute sie und fragte: „Wie könnt ihr nur so etwas denken! ..." (Markus 2,5-8)
Jesus kann die Gedanken und Motive der Herzen der Menschen lesen – hier die der Schriftgelehrten. Als er zu dem Gelähmten sagt: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben“, sind sie empört und halten ihn für einen Gotteslästerer, weil er sich etwas anmaßt, das nur Gott tun kann. Sünden vergeben, das kann doch nur Gott selber! Und sie haben völlig recht.
Stellen wir uns die folgende Szene vor. Drei Jungen – Tom, Dick und Harry – streiten sich. Plötzlich verpasst Tom Dick einen Kinnhaken, überall fließt Blut. Darauf tritt Harry vor Tom und sagt: „Tom, ich vergebe dir, dass du Dick eins aufs Maul gegeben hast. Schwamm drüber.“ Was wird Dick antworten, wenn er sich abgeregt hat? Er wird sagen: „Harry, du kannst Tom nicht vergeben, das kann nur ich. Er hat mich geschlagen und nicht dich.“ Wir können nur Sünden vergeben, die sich gegen uns gerichtet haben. Wenn also Jesus dem Gelähmten sagt: „Deine Sünden sind dir vergeben“, sagt er damit auch: „Du hast dich gegen mich versündigt.“ Der Einzige, der das zu einem Menschen sagen kann, ist sein Schöpfer. Indem Jesus diesem Mann vergab, erhob er also den Anspruch, selber der allmächtige Gott zu sein. Die Schriftgelehrten begriffen: Dieser Mann behauptet nicht nur, ein Wundertäter zu sein, er hält sich für den Herrn des Universums. Kein Wunder, dass sie wütend waren. Was antwortet Jesus auf ihre Gedanken?
Jesus durchschaute sie und fragte: „Wie könnt ihr nur so etwas denken! Ist es leichter zu sagen: ,Dir sind deine Sünden vergeben ‘ oder diesen Gelähmten zu heilen? Aber ich will euch zeigen, dass der Menschensohn die Macht hat, hier auf der Erde Sünden zu vergeben.“ Und er forderte den Gelähmten auf: „Steh auf, nimm deine Trage, und geh nach Hause!“
Da stand der Mann auf, nahm seine Trage und ging vor aller Augen hinaus. Fassungslos sahen ihm die Menschen nach und riefen: „So etwas haben wir noch nie erlebt!“ Und alle lobten Gott. (Markus 2,8-12)
Die Frage, die Jesus, den Schriftgelehrten stellt – „Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: ,Dir sind deine Sünden‘ vergeben, oder diesen Gelähmten zu heilen?“ –, beschäftigt die Bibelausleger seit fast zwanzig Jahrhunderten. Als ich einmal eine Predigt über diesen Text vorbereitete, holte ich einen Kommentar zum Markusevangelium aus einer der besten, gründlichsten und angesehensten kritischen Kommentarreihen aus dem Regal.24 Zu dieser Stelle steht dort sinngemäß Folgendes: „Nachdem nun zahllose Seiten darüber geschrieben sind, lautet die Frage immer noch: Was ist leichter? Es ist wirklich schwer zu sagen.“
Auf den ersten Blick scheint Jesus zu sagen: „Jeder kann behaupten: ,Dir sind deine Sünden vergeben‘, aber nicht jeder kann heilen. Damit du also weißt, dass ich der Herr bin, der die Vollmacht hat, Sünden zu vergeben, sage ich dir: ,Steh auf, nimm deine Trage, und geh nach Hause!‘“ Es ist um einiges schwerer, jemanden zu heilen, als ihm zu vergeben, und indem Jesus Ersteres tut, demonstriert er seine Macht, dass er (erst recht) auch das Zweite kann. Aber die Frage von Jesus bringt uns deswegen so ins Grübeln, weil sie mehr als eine Antwort hat. Jesus sagt hier nämlich auch: „Meine Freunde, die Vergebung der Sünden zu bewirken, ist unendlich schwerer, als ihr euch das vorstellt. Ich bin nicht ein einfacher Wundertäter, ich bin der Erlöser. Jeder Wundertäter kann sagen: ,Steh auf, nimm dein Bett und geh umher‘, aber nur der Erlöser der Welt kann einem Menschen sagen: ,Alle deine Sünden sind dir vergeben.“
Viele Bibelausleger sagen, dass hier, im 2. Kapitel des Markusevangeliums, bereits der Schatten des Kreuzes auf Jesu Weg fällt. Jesus weiß, was die religiösen Führer denken – und dass sie ihn dann, wenn er durchblicken lässt, dass er nicht nur ein Wundertäter, sondern der Heiland der Welt ist, früher oder später töten werden. Indem er diesen Mann nicht nur körperlich heilt, sondern auch seine Sünden vergibt, betritt er die Bahn, die ihn unweigerlich in seinen Tod führen wird. Er leistet gleichsam eine Anzahlung auf unsere Vergebung.
Natürlich: Jesus hatte damals die Macht, den Körper des Gelähmten zu heilen, so wie er heute die Macht hat, uns die Beförderung, die große Liebe oder die Anerkennung zu geben, nach der wir uns so sehnen. Keine Frage: Er hat die Vollmacht, jedem von uns das zu geben, worum wir ihn bitten, und das sofort.
Aber Jesus weiß, dass das nicht tief genug ginge. Er weiß genau: Ob wir ein Gelähmter im Rollstuhl sind oder ein Schauspieler, der auf den großen Durchbruch hofft, oder ein Schauspieler, dem der Durchbruch gelungen und der berühmt geworden ist – wir brauchen nicht jemanden, der uns alle unsere Wünsche erfüllt. Wir brauchen jemanden, der mehr tut, jemanden, der gründlich und liebevoll die Drachenhaut der Ichbezogenheit von uns abschält und die Sünde wegnimmt, die uns versklavt hält und selbst unsere besten Sehnsüchte pervertiert. Kurz: Wir brauchen Vergebung. Nur so kann unsere Unzufriedenheit geheilt werden. Und dazu braucht es mehr als einen Wunderheiler oder einen Geist aus der Flasche. Es braucht einen Retter. Und Jesus weiß, dass er in den Tod gehen muss, wenn er unser Retter werden will.
Wenn sie das, was Sie für Ihre tiefsten Wünsche und Sehnsüchte halten, in diesem Sinne hinterfragen, wird Jesus Ihnen zeigen, dass unter diesen Wünschen ein noch tieferes, echteres Sehnen verborgen liegt – die Sehnsucht nach ihm selber. Und Sie werden erleben, dass er Ihnen diesen tiefsten Wunsch nicht nur gewährt, sondern dass er seine Erfüllung ist. Er wird Ihnen nicht den bösen Streich spielen, Ihnen Ihre tiefsten Wünsche zu erfüllen; er wird Ihnen zeigen, dass Sie sich die ganze Zeit nach ihm gesehnt haben.
Jesus erhebt den Anspruch, Sünden vergeben zu können, und die religiösen Führer seiner Zeit nennen das Gotteslästerung. Doch Jesus geht noch weiter und erhebt einen Anspruch, der so ungeheuerlich ist, dass seinen Gegnern die Worte fehlen: Er erklärt, dass er nicht gekommen ist, um die Religion zu reformieren, sondern um sie zu beenden und durch sich selbst zu ersetzen.
Und es begab sich, dass er am Sabbat durch ein Kornfeld ging, und seine Jünger fingen an, während sie gingen, Ähren auszuraufen. Und die Pharisäer sprachen zu ihm: Sieh doch! Warum tun deine Jünger am Sabbat, was nicht erlaubt ist? Und er sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen, was David tat, als er in Not war und ihn hungerte, ihn und die bei ihm waren: wie er ging in das Haus Gottes zur Zeit Abjatars, des Hohenpriesters, und aß die Schaubrote, die niemand essen darf als die Priester, und gab sie auch denen, die bei ihm waren? Und er sprach zu ihnen: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. So ist der Menschensohn ein Herr auch des Sabbats (Markus 2,23-28, LÜ/V. 28 ELB25; „Menschensohn“ ist der Begriff, mit dem Jesus sich am häufigsten selbst bezeichnet)
Das Gesetz Gottes legte fest, dass man jeden siebten Tag von seiner Arbeit zu ruhen hatte. Das war wunderbar, aber die religiösen Führer jener Zeit hatten dieses Gebot mit einem Dickicht von Ausführungsbestimmungen umgeben. Es gab 39 Arten von Tätigkeiten, die am Sabbat verboten waren, darunter auch das, was die Pharisäer hier den Jüngern vorwerfen: das Raufen von Ähren. Und Markus berichtet noch von einem zweiten Vorfall an einem Sabbat:
Als