Jesus. Timothy Keller
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Warum erschafft ein dreieiniger Gott eine Welt? Bei einem unipersonalen Gott könnte man sagen: „Er hat die Welt erschaffen, damit er Wesen hat, die ihn lieben und anbeten und ihm so Freude machen.“ Aber der dreieinige Gott hatte dies ja bereits, und die Liebe, die er in sich selber empfing, war viel reiner und stärker als das, was wir Menschen ihm je bieten könnten. Warum hat er uns trotzdem erschaffen? Es gibt nur eine Antwort. Offenbar hat er uns nicht erschaffen, um Freude zu bekommen, sondern um Freude zu geben. Er muss uns erschaffen haben, um uns zum Tanz aufzufordern, um uns zu sagen: Wenn ihr mich verherrlicht, wenn ihr euer ganzes Leben auf mich ausrichtet, wenn ihr mich schön findet, weil ich der bin, der ich bin, dann werdet ihr euch einreihen in den großen Tanz, denn dazu seid ihr erschaffen. Ihr seid nicht bloß dazu da, um an mich zu glauben oder ein bisschen spirituell zu sein, nicht nur, um zu beten und in dunklen Stunden etwas Inspiration zu bekommen. Ihr seid dazu erschaffen, euch mit eurem ganzen Sein um mich zu drehen und alles andere von eurer Beziehung zu mir her zu sehen. Ihr seid dazu da, mir bedingungslos zu dienen. Dann, und nur dann, werdet ihr Freude finden. Das ist der Sinn des Tanzes.
Tanzen Sie schon oder glauben Sie bloß, dass Gott irgendwo da oben ist? Tanzen Sie schon, oder beten Sie nur hin und wieder zu Gott, wenn Sie Probleme haben? Tanzen Sie oder suchen Sie Menschen, die bereit sind, sich um Sie zu drehen? Wenn das Leben ein göttlicher Tanz ist, dann ist das Wichtigste in Ihrem Leben, dass Sie mittanzen. Dafür sind Sie erschaffen. Sie sind dazu da, in einen göttlichen Tanz mit der Dreieinigkeit einzutreten.
Tanzen in der Wüste
Direkt nach seiner Taufe findet Jesus sich in der Wüste wieder, wo er vom Teufel versucht wird. Markus schreibt:
Kurz darauf führte der Geist Gottes Jesus in die Wüste. Vierzig Tage war er dort den Versuchungen des Satans ausgesetzt. Er lebte unter wilden Tieren, und die Engel Gottes dienten ihm. (Markus 1,12-13)
Markus zeigt uns mit diesen knappen Worten, dass die letzte Realität zwar ein Tanz ist, wir aber Realität als Kampf erleben. Markus verbindet seinen Bericht mit dem, was seine Leser über die Geschichte der Welt wussten, indem er eine Parallele zwischen dem Schöpfungsbericht der hebräischen Heiligen Schrift und dem Leben von Jesus herstellt. Im Schöpfungsbericht in 1. Mose schwebt der Geist über dem Wasser, Gott spricht die Dinge ins Sein, der Mensch wird erschaffen und die Menschheitsgeschichte beginnt. Was geschieht gleich darauf? Der Teufel versucht die ersten Menschen, Adam und Eva, im Garten Eden.
Und wie ist es hier bei Markus? Jesus steigt aus dem Wasser, der Geist kommt auf ihn herab, Gott spricht, eine neue Menschheit beginnt, der Gang der Geschichte ändert sich – und sofort wiederholt sich das Muster mit der Versuchung Jesu durch den Satan in der Wüste. Markus wählt seine Worte sehr bewusst: Er sagt, dass Jesus „bei den wilden Tieren“ war. Zur Zeit als Markus sein Evangelium schrieb, wurden die Christen in den römischen Arenen den wilden Tieren vorgeworfen. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass viele überlebende Christen versucht waren, an ihrem Glauben zu zweifeln, ihre Hingabe an Gott aufzukündigen. Aber hier sehen sie, dass Jesus, wie Adam, eine besondere Gottesbeziehung erlebte und dann herausgefordert war, mit einer ganz eigenen Bedrohung fertigzuwerden.
Die Wüste ist nicht nur eine zufällige Abirrung in Schwierigkeiten – sie ist das grundsätzliche Kampffeld. Und die Versuchung ist nicht unpersönlich – es gibt einen konkreten Feind, der der Versucher ist. Markus behandelt Satan als Realität, nicht als Mythos. Das passt natürlich überhaupt nicht in unsere moderne Kultur, die die Existenz des Übernatürlichen schon skeptisch betrachtet – ganz zu schweigen von der Existenz des Dämonischen. Für uns ist Satan eine Personifikation des Bösen, die aus einer vorwissenschaftlichen, abergläubischen Zeit stammt. Die Bibel sagt demgegenüber, dass es in dieser Welt sehr reale Kräfte des Bösen gibt, und dass diese Kräfte sehr komplex und sehr intelligent sind. Satan, der Anführer dieser Kräfte, versucht, uns aus dem Tanz herauszubringen. Das können wir bei Adam im Garten beobachten – und bei Jesus in der Wüste.
Im Garten erhielt Adam die Anweisung: „Gehorche mir bei dem Baum; iss nicht von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen.“ Warum wurde das zur Versuchung? Wie ich oben sagte, hat Gott uns dazu erschaffen, um ihn zu kreisen, unser Leben auf ihn auszurichten, in dem Tanz mitzutanzen. Wenn Gott uns sagt: „Iss nicht“, was ist unsere erste Reaktion? Klar, wir fragen: „Warum nicht?“ Aber diese Frage beantwortet Gott uns nicht. Warum tut er das nicht? Nun, wenn wir Gott deswegen gehorchten, weil wir wis sen, dass das gut für uns ist, blieben wir für uns und wären nicht in dem Tanz. Wir würden sagen: „Okay, das ist nachvollziehbar. Ich verstehe vollkommen, warum ich Gott gehorchen und nicht von dem Baum essen soll, klarer Fall.“ Gott wäre damit ein Mittel zu einem Zweck, und nicht ein Zweck in sich selber.
Gott sagte den ersten Menschen praktisch: „Weil ihr mich liebt, deshalb sollt ihr nicht von dem Baum essen – einfach, weil ich es gesagt habe. Nur um der Beziehung zu mir willen. Gehorcht mir, wenn es um diesen Baum geht, und ihr werdet leben.“ Adam und Eva bestanden diese Versuchung nicht, und dem ganzen Menschengeschlecht nach ihnen ist es nicht anders ergangen. Der Satan wird nie aufhören, uns auf die Probe zu stellen. Er sagt uns: „Diese Sache mit der sich selbst hingebenden Liebe, wo man sich total verletzlich macht und um andere kreist – das funktioniert nie und nimmer.“
Genau dasselbe ist Jesus in der Wüste passiert. Markus sagt uns nicht, was in der Wüste geschehen ist. Aber Matthäus tut es. In seinem Bericht (Mt 4,1-11) sagt er im Grunde, dass Satan versuchte, Jesus aus seiner „Umlaufbahn“ um den Vater und den Heiligen Geist – und um uns – herauszubringen, damit sich alles andere um ihn dreht und um sich selbst zu schützen. Natürlich endet die Versuchung nicht mit dieser Episode in der buchstäblichen Wüste: Den ganzen Rest seines Lebens wird Jesus vom Satan angegriffen, und der Kampf erreicht einen Höhepunkt in einem anderen Garten, dem Garten Gethsemane, dem ultimativen Antigarten zum Garten Eden.
Es ist leicht für uns, auf Adam und Eva herabzublicken und zu sagen: „Diese Narren! Warum haben sie auf den Teufel gehört?“ Wenn wir ehrlich sind, dann wissen wir, dass wir diese Lüge des Satans immer noch im Herzen tragen; wir haben Angst, Gott bedingungslos zu vertrauen. Oder überhaupt jemandem zu vertrauen. Wir tanzen nicht, sondern stehen still, weil der Satan uns dazu auffordert.
Aber Gott lässt uns nicht alleine und hilflos zurück. Gott sagt zu Jesus: „Gehorche mir, wenn es um diesen Baum geht“ – nur dass dieses Mal der Baum ein Kreuz war – „und du wirst sterben.“ Und Jesus starb. Er ist vor uns vorgedrungen zum Zentrum dieses sehr realen Kampfes, um uns in die letzte Realität dieses Tanzes hineinzuziehen. Und manchmal, wenn wir am tiefsten in diesem Kampf drinstecken, wenn wir angefochten und verletzt und schwach sind, dann hören wir ganz tief in uns drin dieselben Worte, die Jesus hörte: „Dies ist mein geliebtes Kind – du bist mein geliebtes Kind, das ich liebe, über das ich mich sehr freue.“
Nachdem aber Johannes gefangen gesetzt war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das