Im Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman. Patricia Vandenberg

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Im Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman - Patricia Vandenberg Im Sonnenwinkel Staffel

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      »Aber sie reden ganz zornig miteinander. Ich möchte zu gern wissen, warum.«

      »Man darf nicht lauschen«, stellte Bambi fest. »Guck doch mal, wie niedlich Jonny spielt.«

      »Du und dein Jonny, jetzt brauchst du mich auch nicht mehr.«

      »Und wenn die Zwillinge da sind, brauchst du mich auch nicht. Da bin ich froh, wenn ich Jonny habe.«

      »Nun fangen wir auch noch an zu streiten«, murrte er.

      »Ich nicht. Du bist mein Bruder und ein Mensch. Den hat man ganz anders lieb als einen Hund.«

      Gegen diese Logik wusste Hannes nichts zu sagen, und außerdem konnte man mit Bambi wirklich nicht streiten.

      Weder Stella noch Fabian ließen sich an diesem Tag blicken. Es herrschte eine recht müde Sonntagnachmittagsstimmung, was Inge dadurch erklärte, dass sie das lange Aufbleiben eben nicht mehr gewohnt seien.

      »Dieser Felix Münster kann eigentlich sehr nett sein«, stellte sie beiläufig fest.

      »Das ist auch so’n Typ, dem alle Frauen nachrennen«, erklärte Jörg missmutig.

      »Wer ist noch so’n Typ?«, fragte Hannes.

      »Euer Lehrer zum Beispiel«, bekam er zur Antwort.

      Hannes riss die Augen auf. »Der mag aber so was bestimmt nicht«, ereiferte er sich.

      »Ob er es nun mag oder nicht – ausbleiben wird es nicht, und er wird immer und jedes Jahr neue hübsche Schülerinnen haben, die ihm schöne Augen machen.«

      Henrike sprang auf. Krachend flog die Tür hinter ihr ins Schloss. Werner Auerbach schrak aus seinen Gedanken empor. Schläfrig blickte er in die Runde.

      »Was ist denn los?«, fragte er verwundert.

      »Und wenn die Welt zusammenstürzt, Paps wird der Letzte sein, der es bemerkt«, knurrte Jörg.

      »Einer muss ja der Letzte sein«, erwiderte sein Vater gemütlich, »und wenn die Welt zusammenstürzen sollte, möchte ich es am liebsten verschlafen.«

      »Was dir in deiner heutigen Verfassung nicht schwerfallen würde«, stellte Inge lächelnd fest.

      Bambi warf Hannes einen schrägen Blick zu. »Manchmal verstehe ich nicht, was die Großen meinen«, flüsterte sie.

      »Ist auch besser«, bemerkte er tiefsinnig.

      *

      Sandra war schon früh am Morgen in die Stadt gefahren, um sich den Einzug von Ellen Düren zu ersparen. Vor ihr war Henrikes Wagen, und kurz vor der Ortseinfahrt überholte sie ihn und winkte dem Mädchen zu, um dann zu halten. Auch Ricky bremste.

      »Morgen, Sandra«, grüßte sie hinüber.

      »Na, ihr beiden«, meinte diese, »winkt die Schule wieder? Das Wochenende ist immer viel zu kurz.«

      »Mir schon«, nickte Hannes. »Ricky freut sich auf die Penne.«

      Sandra betrachtete das reizende Gesicht der anderen gedankenvoll. »Ist ja auch eine schöne Zeit«, meinte sie. »Man weiß es immer erst später zu schätzen.«

      »Das sagt Mutti auch immer«, brummte Hannes. »Aber jetzt müssen wir uns sputen. Was machst du in der Stadt, Sandra?«

      Es hatte sich ergeben, dass sie alle zu dem vertrauten Du übergegangen waren, da Bambi es einmal angefangen hatte.

      »Einkaufen«, erwiderte sie, da überquerte Harry von Rosch die Straße. Sein herausfordernder Blick galt diesmal nicht Henrike, sondern Sandra. Er grüßte überaus zuvorkommend. »Kennst du den?«, fragte Sandra erstaunt.

      »Flüchtig und ungern«, erwiderte Henrike rasch. »Aber wir müssen uns beeilen, sonst kommen wir zu spät.«

      Sie kam gerade in der letzten Sekunde im oberen Stockwerk der Schule an, als es schon läutete. Und vor dem Klassenzimmer traf sie mit Fabian zusammen.

      Er sagte nichts, aber sein Blick sprach Bände. Völlig verwirrt taumelte sie auf ihren Platz. Sie saß neben Ulla und musste feststellen, dass diese blass und verweint aussah.

      Unter der Bank fanden sich ihre Hände zu einem festen Druck.

      Es herrschte eine müde Stimmung. Vielleicht war auch das Wetter daran schuld. »Blauer Montag, Herrschaften?«, fragte Fabian Rückert mit leichtem Spott. »Frau Lamprecht, wie wäre es, wenn Sie die 16. Lektion übersetzen würden?«

      Ausgerechnet Ulla! Sah er denn nicht, dass ihr etwas fehlte? Henrike warf ihm einen flammenden Blick zu. Augenblicklich war er irritiert.

      »Fehlt Ihnen etwas, Ulla?«, fragte er zögernd.

      »Mir ist nicht gut. Kann ich bitte hinausgehen?«, stieß sie hervor.

      In der Klasse war es so still, dass man eine Nadel hätte zu Boden fallen hören. »Begleiten Sie Ulla, Henrike«, sagte Fabian gepresst.

      Henrike begleitete Ulla hinaus. »Was ist denn?«, fragte sie besorgt und legte ihren Arm um die Schultern der anderen.

      »Oma ist krank«, kam die gequälte Antwort. »Wenn sie in die Klinik muss, holen mich meine Eltern wieder heim. Dann geht das ganze schreckliche Theater zu Hause von vorn los, Ricky. Hier hätte ich mein Abitur vielleicht geschafft. Ich kann einfach nicht mehr. Ich haue ab, wenn mir das nicht erspart bleibt.«

      »Reg dich nicht auf«, redete ihr Henrike zu. »Wir werden schon einen Ausweg finden. Ich spreche mal mit Mami. Vielleicht könntest du bei uns bleiben. Irgendetwas werden wir schon auf die Beine bringen. Nimm dich zusammen, Ulla.«

      Ulla Lamprecht schluckte schwer. »Wenn ich dich nicht hätte, Ricky«, seufzte sie. »Weißt du, wenn man keinen hat, mit dem man ab und zu reden kann …« Ihre Stimme zersprang.

      »Du hast ja jemanden, du hast mich«, erwiderte Ricky tröstend.

      *

      Eigentlich hatte sich Sandra vorgenommen, erst abends heimzufahren, aber was sollte sie nur den ganzen Tag in Hohenborn anfangen? So schnell die Stunden sonst verrannen, so mühsam schlichen sie dahin, als sie durch die Straßen bummelte.

      Dröhnend hallten die Schläge der Kirchturmuhr über den Marktplatz. Zwölfmal. Sandra seufzte in sich hinein, als sie Henrike inmitten einer Gruppe von Schülern entdeckte, die aus dem Gymnasium kamen.

      Sie wollte schon auf sie zugehen, als ein junger Mann, der eine flüchtige Erinnerung in Sandra weckte, seine Hand auf Henrikes Schulter legte. Sie sah, dass das Mädchen diese unwillig abstreifen wollte, aber er hielt sie fest.

      Sandras feine Augenbrauen schoben sich zusammen. Sie zögerte nur kurz, dann setzte sie sich rasch in Bewegung.

      »Hab dich doch nicht so«, hörte sie den Jungen sagen, »spiel doch nicht immer die Unnahbare. Hast es wohl auch auf Rückert abgesehen?«

      Sandra trat impulsiv dazwischen. »Ricky!«, rief sie das Mädchen an, das erleichtert aufatmete.

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