Im Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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»So viel mir bekannt ist, arbeitet er an der Entwicklung moderner Verkehrsmittel. Ein überaus kluger Mann. Von Geschäften hat er zwar keine Ahnung, aber anscheinend eine glückliche Hand. Das Haus im Sonnenwinkel ist bedeutend mehr wert, als er bezahlen musste, aber ich gönne es ihm. Doch nun zur Sache. Felix Münster hat sich wieder mit mir in Verbindung gesetzt. Es würde mich interessieren, warum er auf dieses Haus hier so versessen ist. Übermorgen will er Sie persönlich aufsuchen, wenn es Ihnen recht ist.«
»Wir verkaufen nicht«, erwiderte Sandra kurz.
Marianne von Rieding seufzte schwer.
»Meinst du nicht, dass uns wirklich alles über den Kopf wachsen wird?«
»Nicht die Spur«, erwiderte Sandra munter. »Eines Tages würden wir uns ohrfeigen, wenn wir das aufgeben würden.«
Carlo Heimberg nickte dazu. »Man muss manchmal etwas riskieren. Seien Sie nicht so skeptisch, Frau von Rieding. Was kann denn schon schiefgehen? Die Städte platzen aus allen Nähten. Wohin sollen die vielen Menschen? Grund und Boden werden immer teurer. Wir liegen sehr günstig. Nächste Woche wird mit dem Bau der Siedlung begonnen, und wenn erst mal die Fundamente stehen, wird schon genügend Interesse bestehen.«
»Und wie ist es mit dem Arzt, einer Apotheke und so weiter?«, gab Marianne von Rieding zu bedenken.
»Sei doch optimistisch, Mutti«, munterte Sandra ihre Mutter auf. »Wer wagt, gewinnt.«
Davon war die Ältere nicht so schnell zu überzeugen, und sie konnte sich über die Tochter, die doch mitten im Großstadttrubel aufgewachsen war, nur wundern.
Mein lieber Schwiegervater, dachte sie, ich glaube, du hast dein Enkelkind, das »nur« ein Mädchen ist, unterschätzt. Sie hat ebenso viel Tatkraft wie ein Mann. Und als sie zu seinem Bild hinaufschaute, war es ihr fast so, als blitzten seine Augen spöttisch.
Sandra schien ihre Gedanken zu ahnen. Sie stellte sich vor das Bild und lächelte. »Ich werde es dir schon beweisen, Großvater, dass man nicht unbedingt ein Mann sein muss, um einen Besitz zu erhalten! Unser Name wird eines Tages aussterben, aber Erlenried wird blühen und gedeihen, und das ist eigentlich das Schönste, was wir dir tun können.«
Marianne von Rieding sah ihre Tochter gedankenvoll an. Irgendwie war Sandra in diesem Augenblick jenem unbeugsamen Mann auf dem Bild sehr ähnlich.
*
Mit Feuereifer gingen die Auerbachs am nächsten Tag an die Arbeit, ihr Haus in Ordnung zu bringen. Zuerst kamen die Kinderzimmer an die Reihe, die in der ausgebauten Mansarde lagen, durch die schrägen Wände besonders anheimelnd. Bambi und Hannes hatten je einen Schlafraum und ein großes Spielzimmer gemeinsam. Auch ein Gästezimmer und ein Bad waren vorhanden.
Bald standen die Regale, und Bambi begann ihre Bilderbücher und Spielsachen einzuräumen. Es war rührend, wie sie jede einzelne Puppe und jedes Stofftierchen begrüßte. Inge Auerbach nahm sich die Zeit, ein wenig zu lauschen.
»Nun seid ihr aber froh, dass ihr nicht mehr in den Kisten zu sein braucht«, meinte Bambi liebevoll. »Das war ja auch so schrecklich dunkel. Aber hier ist es schön. Komm, mein Ingelein, ich bringe dich gleich in den Garten, damit du frische Luft hast.«
Inge war ihre Lieblingspuppe, und natürlich hatte sie den gleichen Namen wie die Mami. Sie sah schon recht mitgenommen aus, war sie doch bereits drei Jahre in Bambis Besitz. Aber nicht die schönste Puppe hätte ihr den Rang ablaufen können.
»Und dein wehes Ärmchen müssen wir auch gleich wieder frisch verbinden«, fuhr Bambi fürsorglich fort. »Ich darf Mami jetzt nur nicht stören. Sie hat ja so schrecklich viel zu tun. Wenn ich doch nur größer wäre und ihr helfen könnte.«
Inge Auerbach verschwand lieber, bevor Bambi merkte, dass sie belauscht wurde. Ein zärtliches Lächeln lag über ihrem Gesicht.
Wie viel Freude hatte ihnen dieses Kind schon gemacht! Damals, vor mehr als drei Jahren, war es kein leichter Entschluss für sie gewesen, die Kleine zu sich zu nehmen, damals waren ihre Kinder endlich aus dem Gröbsten heraus, und sie hatte etwas mehr Zeit für ihren Mann.
Bambis Vater war ein junger Mitarbeiter von Werner Auerbach gewesen, der auf einer Urlaubsreise mit seiner jungen Frau tödlich verunglückt war, während das Baby Pamela mit leichten Verletzungen davonkam. Unverschuldet hatten sie ihr Leben lassen müssen, und das kleine Mädchen war als Waise zurückgeblieben. Werner hatte die Idee gehabt, es zu adoptieren. Inge hatte zuerst widersprechen wollen, aber schon bald waren alle Bedenken verschwunden. Sie liebten Bambi wie ein eigenes Kind, und selbst der damals schon achtzehnjährige Jörg hatte nicht die geringsten Einwendungen gemacht. Heute konnte sich niemand mehr ein Leben ohne Bambi vorstellen.
Inge war in der Diele, als Bambi mit ihrer Ingepuppe vorsichtig die Treppe herabstieg.
»Ach, wir werden wohl das Ärmchen neu verbinden müssen«, sagte sie beiläufig. Dankbar strahlten die Kinderaugen sie an.
»Du bist so lieb, Mami. Du weißt immer das Richtige. Ich wollte dich nur nicht stören.«
»Den Verbandkasten haben wir ja bei der Hand«, lächelte Inge. »Komm, ich helfe dir.«
»Verbinden kann ich sie schon allein«, erklärte Bambi. »Warum das Ärmchen auch gar nicht wieder heil werden will? Ich weiß es wirklich nicht. Ich mache doch alles.«
»Vielleicht sollten wir sie mal zum Puppendoktor bringen«, schlug Inge vor, aber Bambi schüttelte den Kopf. »Nein, nein, dann ist sie nur traurig, weil sie fort muss. Ich wäre auch traurig.« Ganz fest drückte sie ihre Ingepuppe an sich.
Kopfschüttelnd betrachtete Werner Auerbach die Zeremonie, als Inge den Verbandkasten herbeigeholt hatte.
»Andere Frauen würden durchdrehen bei diesem Trubel«, meinte er später, als Bambi in den Garten gegangen war, »aber du hast sogar Zeit für eine Puppe.«
»Das ist auch wichtig«, lächelte sie. »Kinder, die ihre Puppen lieben, werden gute Mütter.«
»Na, damit hat es ja Gott sei Dank noch ein bisschen Zeit«, seufzte er. »Was soll ich mit der Wäsche machen?«
»Das mache lieber ich. Dann weiß ich wenigstens, wo ich alles finde. Geh ein bisschen hinaus, Werner. Ganz erschöpft siehst du aus. Nun mach schon!«, drängte sie, als er zögerte. »Schaut euch ein bisschen um. Wir brauchen ja nicht alles an einem Tag zu schaffen.«
Bambi freute sich, als er sich zu ihr gesellte, und gleich war auch Hannes zur Stelle. Und wie auf Kommando brach die Sonne aus den Wolken hervor.
»Von hier aus kann man auch die Burg sehen«, rief Bambi aufgeregt aus. »Was ist das für eine Burg, Papi?«
»Die Felsenburg, der Stammsitz der Barone Rieding. Sie sind ein ganz altes Geschlecht.«
»Wie alt ist die Felsenburg, Papi?«
»Etwa sechshundert Jahre.«
»Sechshundert Jahre?«, wiederholte Hannes staunend. »Da hat es hier auch schon Menschen gegeben?«
»Wahrscheinlich mehr als jetzt. Dann kam der dreißigjährige Krieg, und viele sind geflohen. Man sagt, dass manche ihr Hab und Gut in die Felsenburg gebracht haben,