Im Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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Seine Fantasie war, wie immer, wenn es um Abenteuer ging, angeregt. Sein Vater dämpfte seine Unternehmungslust. »Ich glaube kaum, dass heute noch Schätze darin verborgen sind. Es ist ja nur noch eine Ruine. Im vorigen Jahrhundert wurde das jetzige Herrenhaus gebaut.«
»Wohnt die hübsche junge Dame dort?«, fragte nun Bambi.
»Wir haben nämlich schon eine kennengelernt, die Rieding heißt«, erklärte Hannes. »Dann gibt es immer noch welche.«
»Frau von Rieding und ihre Tochter sind die letzten. Es gibt keinen männlichen Nachkommen mehr. Das Geschlecht wird aussterben.«
»Warum?«, fragte Bambi.
»Weil die Frauen doch immer den Namen vom Mann kriegen«, erklärte ihr Hannes. »Ich finde das richtig blöd. Es könnte ruhig anders sein, wenn die Frauen einen schöneren Namen haben.«
»Ich möchte immer Auerbach heißen«, sagte Bambi entschlossen. »Nie anders.«
Dafür drückte Werner Auerbach sie zärtlich an sich.
*
Henrike hatte ihr Zimmer mit ungewohnter Ausdauer bereits recht wohnlich gemacht. Der Plattenspieler konnte angestellt werden. Das war das Wichtigste.
»Schrecklich, deine Musik!«, stöhnte ihr »großer Bruder« Jörg, der eben zu ihr hereinschaute.
»Gib mir lieber ’nen Schluck Bier, anstatt zu meckern«, forderte sie ihren Bruder auf.
»Seit wann trinkst du Bier?«, fragte er erstaunt.
»Seit Milch fern und unerreichbar ist«, spottete sie, »hier können wir nicht mal schnell um die Ecke laufen und welche holen.«
»Es wird sich alles einpendeln«, meinte er begütigend. »Wir haben ja eine Tiefkühltruhe.«
Sie lehnte sich bequem in ihren Sessel zurück. »Verschnauf dich auch ein bisschen, Bruderherz. Ob es sich mit der Schule auch einpendeln wird? Ich sehe schwarz. Ein Jahr vor dem Abitur, mir wird schon ganz komisch. Andere Pauker und vielleicht grässliche Klassenkameraden, die einen als Eindringling betrachten, oje!«
»Du brauchst doch nichts zu fürchten. Vielleicht ist es hier sogar leichter. An kleinen Schulen geht es meistens besser.«
»Wenn ich euren Optimismus nur teilen könnte«, seufzte sie. »Jedenfalls bin ich auch noch ein Stück weiter von Percy entfernt.«
Er lächelte nachsichtig. »Immer noch die große Liebe?«, spottete er.
»Was heißt große Liebe? Ist doch alles relativ. Aber mit ihm kann man wenigstens reden.«
»Und er wird einmal ein Lord sein«, meinte er anzüglich.
»Pöh – du wirst doch nicht glauben, dass ich darauf aus bin«, sagte sie herablassend.
»Na, Lady Merriman klingt ganz hübsch, aber nimm es nur nicht zu ernst, Ricky. Du wirst noch viele kennenlernen.«
»In diesem Kaff? Du hast in München wenigstens Abwechslung, aber hier wird man versauern, fürchte ich. Zugegeben, das Haus ist schön, aber sonst …«
»Man gewöhnt sich an alles.«
Sie nahm noch einen Schluck Bier. Einen sehr langen. Jörg drohte lachend mit dem Finger. »Pass auf, entweder bekommst du einen Schwips, oder du wirst müde.«
Beides trat ein. Zuerst hatte sie ein ganz komisches Gefühl, dann wurden ihre Glieder bleiern schwer. Und als Inge zum Mittagessen rief, war sie eingeschlafen.
»Lass sie schlafen«, beruhigte Jörg seine Mutter. »Bier hat auch Kalorien.«
»Darf ich mal kosten?«, fragte Bambi.
»Das fehlte noch. Bier macht dumm«, erwiderte Jörg.
Sie sah ihn schelmisch an. »Warum trinkst du es dann?«
»Weil ich schon erwachsen bin, du Frechdachs.«
»Wenn ich aber ganz großen Durst habe, darf ich dann mal nippen?«, fragte sie schüchtern.
»Einer muss unbedingt Milch holen«, erinnerte sich Inge.
»Das kann Ricky tun, wenn sie ausgeschlafen hat«, sagte Jörg. »Dann kann sie gleich ihren Wagen einweihen.«
»Und sich ein wenig umschauen, damit es ihr nicht zu langweilig wird«, warf Werner Auerbach ein. »Unsere junge Dame ist wohl noch nicht so hundertprozentig begeistert von unserem Sonnenwinkel!«
Henrike war recht angetan von dem Vorschlag, als sie ausgeschlafen bei den anderen erschien. Von guten Ratschlägen und Ermahnungen begleitet, startete sie.
Henrike fuhr vorsichtig, die Mahnungen der Eltern noch im Ohr. Gar so übel war das Städtchen bei Sonnenschein nicht. Hübsche Straßen und anscheinend auch ganz hübsche Geschäfte gab es hier. Sie parkte auf dem Marktplatz, um sich erst einmal zu orientieren.
Die verlockende Auslage einer Konditorei zog sie an. Eine gute Tasse Kaffee und ein Stück Schokoladentorte könnte eigentlich nicht schaden, dachte sie, und den Daheimgebliebenen konnte sie welche mitnehmen.
Sie fand einen freien Tisch und ließ sich graziös nieder. Sie spürte, wie sie beobachtet wurde, aber das machte ihr nichts aus, ganz im Gegenteil. Henrike war nicht frei von weiblicher Eitelkeit, und sie wusste recht gut, dass sie einen reizvollen Anblick bot.
Unauffällig ließ sie ihren Blick umherschweifen. Ganz nette Leute, gestand sie sich ein. Sehr gemischt, aber doch auch ein paar recht ansehnliche Damen und sogar zwei gut aussehende junge Männer.
Ein weiterer kam zur Tür herein und steuerte geradewegs auf ihren Tisch zu. Sie konnte schlecht nein sagen, und so ließ er sich nieder. Er schien gut bekannt zu sein und wurde bevorzugt bedient, was Henrike leicht erbitterte, denn die alte Dame am Nebentisch hatte ihre Bestellung vorher aufgegeben.
Henrike bekam das Kribbeln, als sie merkte, dass er sie ungeniert musterte. Sie legte ihre Geldbörse schon neben sich, um gleich zu zahlen, wenn die Bedienung kam.
»Gestatten Sie mir, dass ich Sie einlade, gnädiges Frau?«, fragte er.
»Nein, ich gestatte nicht«, erwiderte sie ungehalten.
Er ließ nicht locker. »Sie sind fremd hier? Nur zu Besuch oder zugezogen?«
»Das ist meine Angelegenheit«, erklärte sie eisig. Die Bedienung, die an den Tisch trat, warf ihr einen eigenartigen Blick zu.
»Kann ich noch etwas für Sie tun, Herr von Rosch?«, fragte sie den jungen Mann.
»Ich möchte zahlen«, sagte Henrike gereizt. Sie tat es und hastete überstürzt hinaus, aber der Herr von Rosch folgte ihr auf dem Fuße.
»Warum so abweisend?«, fragte er anzüglich.
Henrike rang nach Worten. Eine solche Unverfrorenheit war ihr noch nicht begegnet. Jetzt griff er sogar nach ihrem Arm.
Sie