Die Vampirschwestern 11 - Vorsicht, bissiger Bruder!. Franziska Gehm
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Vampirschwestern 11 - Vorsicht, bissiger Bruder! - Franziska Gehm страница 5
„NEEEEIIINNN!“, riefen Silvania, Daka und Helene.
Franz bekam eine Zehe ab und schluckte sie hinunter. Dann riss er die Ärmchen hoch und schrie ebenfalls: „Jeeeeehhh!“
„Sieht mir nicht nach Knoblauch-Allergie aus, sondern nach Knoblauch-Sucht.“ Gemüse-Gisela hatte sich über die Theke gelehnt und musterte das zufrieden schmatzende Baby.
„Aber Franz! Du bist doch ein …“ Silvania beugte sich über ihren Bruder und flüsterte: „Halbvampir. Du kannst keinen Knoblauch futtern. Das ist gegen deine Natur.“
Franz blähte als Antwort die Bäckchen auf und machte: „Rülps.“
Sofort wichen Silvania und Daka zurück. Das Knofi-Bäuerchen stank dermaßen, dass sich die Vampirschwestern am liebsten aus dem Laden geflopst hätten. Doch erstens durften sie nicht flopsen (radikale Regel Nummer sechs). Und zweitens konnten sie ihren Bruder nicht alleine lassen. Keine Sekunde, wie ihnen erst soeben wieder klar geworden war.
„Er mag Knoblauch.“ Daka sah Franz fassungslos an.
Es knatterte abermals in der Windel und Franz gluckste vor Freude.
„Hört man“, sagte Helene. „Und riecht man.“
„Das ist dann eben seine menschliche Seite“, schlussfolgerte Silvania.
„Wollt ihr noch etwas Knoblauch mitnehmen? Nachdem ihr ihn schon verkostet habt“, warf Gemüse-Gisela ein.
„Bloß nicht!“ Daka klappte schnell das Sonnensegel nach unten und schob den Kinderwagen auf die Tür zu.
Silvania riss die Tür auf und schnappte gierig nach Luft.
„Auf Wiedersehen! Und viel Erfolg mit dem Rote-Bete-Saft.“ Helene winkte der Gemüseverkäuferin mit ihrer Einkaufstüte, bevor sie die Tür hinter sich schloss.
„Ein Halbvampir, der gerne Knoblauch isst“, murmelte Daka. „Wenn Papa das hört, wird ihm der Kopf brummen wie nach drei Loopings.“
„Dafür ist Franz sonst total vampirisch“, fand Silvania. „Er kann jetzt schon fliegen. Das haben wir erst viel später gelernt. Und seine Eckzähne kommen schon durch.“
Daka nickte neidisch.
„Passt bloß auf, dass er in der Krabbelgruppe kein anderes Baby beißt!“, riet Helene.
„Krabbelgruppe? Franz braucht eine Fluggruppe!“ Daka grinste. Sie stellte sich einen Raum voller lustig durch die Luft eiernder Babys vor. Dann wurde ihr Gesicht ernst. „Schade, dass Ludo gerade nicht mit uns babysitten kann. Ich meine … so wegen Hellsehen und so. Mit ihm wäre das eben nie passiert. Er könnte uns rechtzeitig Bescheid sagen, bevor Franz jemanden beißt, durch Gemüseläden flattert oder –“
„Knofi-Rülpser rauslässt“, sagte Silvania.
„Wie lange ist Ludo eigentlich weg?“, fragte Helene.
Ludo war mit seinem Russisch-Kurs nach St. Petersburg gefahren.
„Zwei Wochen.“ Daka seufzte.
Silvania schielte zu ihrer Schwester und lächelte vor sich hin.
Dunkle Vergangenheit
Sein Kopf brummte tatsächlich wie nach drei Loopings. Doch daran war kein Knoblauch schuld. Mihai Tepes hatte seit der Geburt seiner Tochter, verdammt, seines Sohnes, kaum noch ein Auge zubekommen. Egal, wie herrlich hell es draußen und wie bequem sein Sarg im Keller auch war. Egal, ob Tag oder Nacht, ob warm oder kalt, der Vater der Vampirschwestern fand keinen Schlaf.
Selbstverständlich erging es vielen Eltern mit einem zehn Monate alten Baby so. Doch das Baby im Haus der Familie Tepes hatte damit nichts zu tun. Das heißt, auf gewisse Weise schon. Mihai Tepes machte sich Sorgen um seinen Sohn. Sein Sohn, der niemals ein Sohn hätte sein dürfen.
Noch immer konnte es Mihai nicht fassen. Mehrmals am Tag, bei jedem Windelwechsel, sah er den nackten Tatsachen ins Auge. Dr. Chivu hatte recht gehabt. Die Sache war leider eindeutig. Spätestens als Franz ihn beim Wickeln in hohem Bogen anpullerte, als wollte er sich bei der Freiwilligen Feuerwehr bewerben, konnte es Mihai nicht mehr leugnen. Seine Tochter war ein Sohn.
Was Mihai Tepes nicht davon abhielt, ihn Olga zu nennen. Bis auf den kleinen Schönheitsfehler, dass Olga ein Junge war, war er einfach nur wundervoll, entzückend, zum Über-und-drüber-Verlieben, fand Mihai. Diese feinen Härchen an den Öhrchen! Diese lustigen, brabbelnden Geräusche! Diese glänzenden, unschuldigen Augen! Am liebsten hätte er seinen Olga stundenlang gekitzelt, geküsst und liebevoll gebissen.
Doch was viele Menschen nicht wissen: Auch Vampire müssen zur Arbeit gehen. Schließlich wollen sie sich ab und zu mal einen neuen Sarg und einen neuen, modischen Umhang leisten oder ihre Frauen mit einer Blutwursttorte erfreuen.
Mihai Tepes arbeitete am Institut für Rechtsmedizin in Bindburg. Freiwillig hatte er als einziger Angestellter die Nachtschichten übernommen. Nachts war Mihai grundsätzlich besser in Form. Und so kam er nicht in Versuchung, einen der gut durchbluteten Kollegen anzuknabbern. Außerdem konnte er sich unbemerkt am gut gefüllten Laborkühlschrank bedienen, in dem Blutproben aller Blutgruppen ordentlich beschriftet lagerten. Kurzum: Es war ein Traumjob!
Deshalb war Mihai normalerweise auch immer bestens gelaunt auf dem Weg ins Institut. Meist flog er über das nächtliche Bindburg hinweg und sang leise sein liebstes Heimatlied: Transsilvania, Rodna Inima moi.
Die monatelange Schlaflosigkeit hatte Mihai Tepes inzwischen aber so sehr geschwächt, dass an entspanntes Fliegen über eine so weite Strecke kaum zu denken war, geschweige denn an melodisches Singen. So übermüdet, wie er war, würde er womöglich abstürzen und mitten in einem deutschen Wohnzimmer vor dem Fernseher auf dem guten Teppich landen.
So kam es, dass Mihai Tepes sich in dieser Nacht zu Fuß auf den Weg ins rechtsmedizinische Institut machte. Natürlich hätte er auch den alten Dacia nehmen können. Da er aber nie schneller als 30 km/h fuhr und nicht sonderlich gut einparken konnte, ließ er das Auto lieber stehen. Vielleicht würde ihn die frische Nachtluft auch wieder etwas aufmuntern.
Der Vater der Vampirschwestern schloss die Haustür und ging kurz darauf mit schleppenden Schritten am Haus von Dirk van Kombast vorbei. Er würdigte es keines Blickes. Zwar war der Nachbar oft Grund zur Beunruhigung gewesen, doch in letzter Zeit hatte Mihai ganz andere Sorgen. Viel größere Sorgen. Eben solche Sorgen, die einem ausgewachsenen Vampir zehn Monate lang den Schlaf raubten.
Mihai drohte seine eigene Vergangenheit einzuholen. Und wenn man ein Vampir von 2679 Jahren war, hatte man jede Menge Vergangenheit.
Über den von Mihais Schwiegervater bei jeder Gelegenheit angebrachten Spruch „Früher war alles besser“ konnte Herr Tepes nur den Kopf schütteln. „Früher war alles finsterer“, murmelte er gedankenversunken vor sich hin, als er jetzt auf dem Weg ins Institut war.
Es war etwas unglaublich Finsteres, was sich aus Mihais Vergangenheit seit ein paar Monaten in sein Leben drängte und einen düsteren Schleier über jedes Lächeln seiner Tochter, Gumox!, seines Sohnes legte.
Mihai hatte niemandem davon erzählt. Weder seiner Frau noch seiner Mutter noch seinem Bruder. Noch nicht einmal seinen geliebten Rennzecken. Schwer wie zehn Särge