Die Vampirschwestern 11 - Vorsicht, bissiger Bruder!. Franziska Gehm

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Die Vampirschwestern 11 - Vorsicht, bissiger Bruder! - Franziska Gehm Die Vampirschwestern

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Was ist das denn?!“ Silvania blieb stehen.

      „Na, diese rote Matsche, die wir als Babys in Bistrien immer gefüttert bekommen haben. Blutwurst, Hühnerpudding und Haferschleim mit lauwarmem Frischblut zusammengepampt.“

      „Nein, ich meine das silberne Dings da.“

      Daka folgte dem Blick ihrer Schwester. Vor dem Haus von Dirk van Kombast stand ein Wohnwagen. Allerdings war er so groß wie zwei Wohnwagen. Die Fenster waren voll verspiegelt und glänzten auf der silbernen Karosse wie riesige Facettenaugen. Auf dem Dach reckten sich mehrere Antennen, Metallfedern und Drähte gen Himmel. Die Räder waren so groß wie die eines Lastwagens, die Außenspiegel wie Kuchenbleche. Der Kühlergrill erinnerte an den aufgerissenen Rachen eines Hais. Vom Dach bis zum Heck verliefen zwei glänzende Streben, die wie Flossen aussahen und an deren spitzen Enden rote Lampen prangten.

      „Sieht aus wie eine Rakete auf Rädern“, sagte Daka.

      „Okay. Also entweder sind Außerirdische im Lindenweg gelandet oder das Teil da ist Dirk van Kombasts neuer Dienstwagen.“

      „Keins von beiden.“ Daka deutete mit dem Kopf auf den Nachbarn. „Benimmt sich zwar manchmal wie ein Außerirdischer, ist aber ein ganz normaler, okay, halbwegs normaler Mensch.“

      Dirk van Kombast stampfte um den silbernen Wohnwagen herum. Seine goldenen Locken wippten. Seine Wangen schimmerten rot, passend zu seinem Polohemd. „Hier ist PARKVERBOT! Sie stehen mitten vor meinem Grundstück! Das ist eine mutwillige Verletzung der Privatsphäre!“

      Der silberne Wohnwagen schwieg. Erst als Dirk van Kombast kräftig an die Fahrertür klopfte, regte sich etwas. Das abgedunkelte Fahrerfenster des Wohnwagens surrte leise ein Stück nach unten. „Verzeihung, aber ich habe gar kein Parkverbotsschild gesehen“, drang eine ruhige Stimme heraus.

      „Na so was. Und Sie meinen, das gibt Ihnen gleich das Recht, ihren aufgebrezelten Straßendampfer direkt vor meinem Grundstück zu parken?“ Dirk van Kombast stellte sich vor der Fahrertür auf die Zehenspitzen und reckte den Kopf Richtung Fensterspalt. „Nein, hier gibt es kein Parkverbotsschild. Aber DORT drüben am Zaun steht MEIN Namensschild. Dirk van Kombast! Und wo Dirk van Kombast drin wohnt, da darf auch nur Dirk van Kombast davor parken!“

      „Ach“, kam es aus dem Wohnmobil.

      „Was heißt hier Ach? Entschuldigung, das wäre angebrachter! Sie versperren mir ja die ganze Sicht mit ihrem Land-U-Boot!“ Dirk van Kombast stemmte die Hände in die Hüften.

      „Das tut mir leid. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Natürlich werde ich Ihnen nicht länger den sagenhaften Ausblick auf diese aufregende Sackgasse versperren. Ich bin gleich weg.“ Der Fahrer des Wohnwagens ließ den Motor an. Dann tuckerte er ein paar Meter weiter und blieb vor dem Haus von Simona Zicklein stehen.

      Dirk van Kombast nickte zufrieden, machte kehrt und verschwand im Haus. Freie Sicht für freie Bürger – er hatte, was er wollte.

      Silvania und Daka warteten einen Moment. Doch nichts tat sich. Weder öffnete sich die Fahrertür, noch fuhr der Wohnwagen weiter. Der Motor verstummte schließlich. Zögernd gingen die Schwestern auf das befremdliche Fahrzeug zu. Wie ein herausgeputzter, schlafender Elefant stand der Wohnwagen in der Nachmittagssonne. Direkt unter dem Fahrerfenster war ein weißes Schild angebracht, auf dem mit schwarzen Buchstaben stand:

      Dr. Tinkturo Mörser

      Reparaturen, Restaurierung, Instandsetzung

      jeder Art, Zeit und Form

      „Eine rollende Werkstatt“, schlussfolgerte Daka.

      „Und ein Doktor. Vielleicht kann dieser Dr. Mörser das Gehirn von Papa wieder instand setzen.“ Silvania kicherte, als hätte sie selbst Probleme mit dem Gehirn.

      „Ihr habt einen Auftrag für mich?“, fragte jemand im Wohnwagen. Das Fahrerfenster war einen Spalt geöffnet.

      Dr. Mörser

      Dr. Tinkturo Mörser hatte mit der Aufschrift auf der Fahrertür seines Wohnwagens nicht zu viel versprochen. Er konnte tatsächlich alles reparieren. Innerhalb von 24 Stunden sprachen sich sein ausgezeichneter Service und seine Fachkenntnis in nahezu allen Häusern der Wohnsiedlung herum.

      Ole Hormsen, der Besitzer vom Kiosk vorne an der Ecke vom Lindenweg, brachte sein erstes Handy von 1988 zur Reparatur. Es sah aus wie ein Knochen, wog mindestens ein Kilo und war mehr Waffe als Kommunikationsgerät. Dr. Mörser schraubte es auseinander, erkannte auf den ersten Blick das Problem, löste es mit zwei geschickten Handgriffen und überreichte Ole Hormsen keine fünf Minuten später sein funktionierendes Handy. Ole Hormsen strahlte wie vom Weihnachtsmann geküsst. Mit dem Handy würde er bei der nächsten 80er-Jahre-Party der King of Retro sein.

      Hildegard Schaumburg, die Besitzerin der Bindburger Moccastube, schleppte einen Leierkasten von 1750 zu Dr. Mörser. Er war ein Erbstück ihres Urgroßvaters, der den hölzernen Leierkasten wiederum von seinem Urgroßvater geerbt hatte. Sowohl die eisernen Räder als auch das kunstvoll verzierte Gehäuse waren nach all den Jahren noch gut in Schuss, aber irgendetwas stimmte mit dem Pfeifenwerk nicht mehr. Außerdem war die Kurbel verbogen, seit ein Gast der Moccastube aus Versehen seine schwere Einkaufstasche daran gehängt hatte. Dr. Tinkturo Mörser schaffte, was bisher keinem Handwerker gelungen war: Er brachte den Leierkasten binnen einer Stunde wieder zum Klingen. Und Hildegard Schaumburg zum Juchzen vor Freude. Beseelt schob sie den Leierkasten zurück in ihr Café, nicht ohne dem Doktor zuvor lebenslang kostenlosen Kaffeegenuss in der Moccastube zu garantieren.

      Armin Schenkel, der mit seiner Frau und Sohn Linus gegenüber von Familie Tepes wohnte, vertraute dem erfahrenen Doktor die zerbrochene Pfeife seiner Urgroßmutter an. Noch nie hatte er es gewagt, die Pfeife aus der Hand zu geben. Als Dr. Mörser die Pfeife reparierte, blieb er zur Sicherheit im Wohnwagen dabei. Dr. Mörser hantierte mit Kleber, Schleifpapier und Schraubstock. Armin Schenkel hatte kaum genug Zeit, sich in der Werkstatt umzusehen, da drückte ihm der Doktor die reparierte Pfeife in die Hand.

      Die beste Kundin aber war Simona Zicklein. Mehrmals am Tag, soweit es ihre Arbeitszeit zuließ, klopfte sie an der Tür des silbernen Wohnwagens, der vor ihrem Haus parkte. Sie schleppte einen alten Gegenstand nach dem anderen zu Dr. Mörser. Was nicht nur daran lag, dass Frau Zicklein so viel kaputtes Gerümpel hatte. Es hatte auch nicht bloß damit etwas zu tun, dass die alleinerziehende Mutter den kürzesten Weg zu Dr. Mörser hatte. Woran genau es lag? Das wussten wahrscheinlich nur Frau Zicklein und Dr. Mörser selbst.

      Dr. Tinkturo Mörser jedenfalls freute sich immer sehr, seine beste Kundin zu sehen. Wie seltsam die Gegenstände auch waren, die Simona Zicklein zum Wohnwagen brachte: eine Trockenhaube, eine Wimpernzange, ein Badewannenvulkan oder auch eine winkende, goldene Katze, die das Winken verlernt hatte.

      Doch auch als Silvania und Daka jetzt zum zweiten Mal vor seiner mobilen Werkstatt standen, hieß Dr. Mörser sie herzlich willkommen. Obwohl das Geschäft brummte und Frau Zicklein erst am Morgen einen kaputten, normalerweise blinkenden Weihnachtsmann und einen Stöckelschuh mit abgebrochenem Stöckel vorbeigebracht hatte, schickte er seine Besucher nicht weg. Als hätte er unendlich viel Zeit im Leben.

      „Ihr zwei seid es wieder.“ Dr. Mörser öffnete lächelnd die Wohnwagentür. „Was ist? Traut ihr euch heute in meine bescheidene Werkstatt?“

      Dieses Mal zögerten die Vampirschwestern nicht. Gestern noch war ihnen der Mann, der mit pomadigen, dunkelbraunen Haaren und blauem Kittel aus dem Wohnmobil gestiegen war, nicht ganz geheuer gewesen. Er kam ihnen vor wie aus einer anderen

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