Dracula. Брэм Стокер

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Dracula - Брэм Стокер

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zu haben, wie ich in den Städten oder Dörfern eigenhändig meine Briefe aufgebe, sodass die Verbrechen, die er verübt, mir zugeschrieben werden.

         Es macht mich wütend, wenn ich daran denke, dass er so etwas ungestraft tun kann, während ich hier eingesperrt bin – als ein wirklicher Gefangener, dem aber jeder Schutz des Gesetzes verwehrt bleibt. Ein Schutz, der selbst Verbrechern stets Recht und Zuspruch bedeutet.

         Ich wollte dann auf die Rückkehr des Grafen warten und blieb lange Zeit verbissen am Fenster stehen. Plötzlich schien es mir, als tanzten bizarre kleine Flecken in den Strahlen des Mondlichtes. Sie waren wie dünnste Staubkörner, wirbelten umher und bildeten nebelartige Gruppierungen. Ich sah ihnen in aller Ruhe zu, und es wirkte tröstend auf mich. Ich lehnte mich bequem in die Fensternische, um dem luftigen Spiel beiwohnen zu können.

      Doch etwas machte mich unruhig: Es war ein leises, wehes Heulen von Hunden irgendwo tief unten im Tal, das ich aber von hier aus nicht erblicken konnte. Es kam mir vor, als klänge das Heulen immer lauter in meinen Ohren, und es war mir, als formten sich die flatternden Staubwölkchen zu neuen Gestalten, während sie so im Mondschein tanzten. Ich fühlte in mir den Kampf des Aufwachens, das mir die Instinkte wieder wach rufen sollte; ja, meine ganze Seele wehrte sich dagegen, und auch die zur Hälfte wachgerüttelten Empfindungen strebten danach, dem Weckruf zu folgen. Ich wurde hypnotisiert! Schneller und schneller tanzte der Staub und die Mondstrahlen schienen zu zittern, als sie an meiner Seite vorbei strichen und von der Finsternis hinter mir aufgesogen wurden; mehr und mehr sammelten sich die Gestalten, bis sie trüben Phantomgestalten glichen. Plötzlich erschrak ich, ich erwachte gänzlich und im Vollbesitz meiner Sinne rannte ich schreiend davon. Die Phantomgestalten, die sich allmählich im Mondschein materialisiert hatten, waren die drei gespenstischen Mädchen, denen ich verfallen war. Ich floh und fühlte mich erst in meinem Zimmer etwas sicherer – dort, wo kein Mond schien, und die Lampe noch freundlich brannte.

         Als ein paar Stunden vorbei waren, hörte ich etwas Entsetzliches aus dem Zimmer des Grafen. Es klang wie ein durchdringendes Klagen, das aber rasch unterdrückt wurde; dann war eine furchtbare Todesstille, die mich mit Schaudern erfüllte. Mit klopfendem Herzen ging ich zur Türe, um sie zu öffnen; aber ich war eingeschlossen in meinem Gefängnis, und ich konnte nichts tun. Ich setzte mich hin und weinte einfach.

         Als ich saß, hörte ich vom Schlosshof her das fassungslose Gebrüll einer Frau. Ich eilte zum Fenster, riss es auf und sah zwischen die Gitterstäbe hindurch. Da war in der Tat eine Frau. Sie hatte zerzaustes Haar. Ihre Hände hielt sie über dem Herzen, wie ein in Atemnot geratener Läufer. Sie lehnte in einem Winkel des Torweges. Als sie mein Gesicht am Fenster erblickte, stürzte sie drohend vorwärts und schrie mit zornerfüllter Stimme:

         „Scheusal, gib mir mein Kind zurück!“

         Sie warf sich auf die Knie, streckte ihre Arme empor und schrie immer dieselben Worte, die mir das Herz zerrissen. Dann raufte sie ihr Haar, schlug auf ihre Brust und gab sich mit aller Gewalt einer unermesslichen Gefühlsregung hin. Dann sprang sie wieder auf und stürzte näher heran. Ich konnte sie nicht mehr sehen, aber ich hörte das Pochen ihrer nackten Fäuste am Tor.

         Irgendwo hoch oben, wahrscheinlich vom Turm, hörte ich die Stimme des Grafen mit brutaler, metallischer Stimme etwas sagen. Seine Worte klangen weit und wurden im plötzlich auftosenden Heulen der Wölfe beantwortet. Ehe noch einige Minuten verstrichen waren, kamen sie zuhauf durch den breiten Eingang in den Schlosshof geschossen wie Wasser, das von einem Damm eingesperrt war und nun frei strömen darf.

         Die Frau gab keinen Schrei von sich, und das Heulen der Wölfe währte nicht lange; kurze Zeit später zogen sie einzeln, und sich die Mäuler leckend, wieder ab.

         Ich konnte kein Mitleid mit ihr haben, denn ich wusste nun, was mit ihrem Kind geschehen war. Sie war tot besser dran. Was soll ich tun? Was kann ich tun? Wie kann ich dieses grausame Kleid der Leibeigenschaft wieder abstreifen, das aus Nacht, Finsternis und Angst gefertigt ist?

      25. Juni, morgens. – Niemand, dem nicht schon die Nacht Schreckliches zufügte, weiß, wie süß und teuer für Herz und Augen der Morgen sein kann. Als die Sonne so hoch gestiegen war, dass sie das Dach des großen Tores beschien, das meinem Zimmer gegenüberliegt, war es so, als hätte die Taube aus der Arche Noah – die ausgeschickt wurde, um Land zu entdecken – den Glanz entfacht. Meine Angst zerging wie ein Gewand aus dunstigem Stoff, das sich in der Wärme auflöst. Ich muss irgendetwas unternehmen, solange die Helligkeit des Tages mir Mut gibt. Vergangene Nacht ging mein erster datierter Brief ab; der erste in einer fatalen Reihe, die jegliche Spur meiner Existenz von der Erde verwischen soll.

         Ich will nicht daran denken. Ich muss handeln!

         Es war immer nur zur Nachtzeit, dass ich belästigt und bedroht war oder mich sonst in Furcht oder Gefahr befand. Ich habe den Grafen bis heute noch nicht tagsüber gesehen. Ist es denkbar, dass er schläft, während die andern wach sind? Und muss er wach sein, wenn sie schlafen? Wenn ich doch nur in sein Zimmer könnte! Es gibt keine gangbare Alternative; die Türe ist immer verschlossen, kein Eingang für mich.

         Doch, es gibt einen Weg, wenn man ihn zu gehen wagt. Wo der Graf ging, da muss doch auch ein anderer gehen können? Ich habe ihn selbst aus dem Fenster kriechen sehen; warum sollte ich es ihm nicht nachmachen und über die Mauer in sein Fenster steigen? Die Sache ist verzweifelt, aber meine Not verlangt es. Ich werde es riskieren. Im schlimmsten Falle bedeutet es nur den Tod; der Tod eines Menschen ist etwas anderes als der eines Kalbes und der Schrecken des Jenseits wird sich erst für mich öffnen, wenn ich gestorben bin. Gott gebe mir Kraft für mein Vorhaben! Lebe wohl, Mina, wenn ich fehltrete; leben Sie wohl, treuer und väterlicher Freund; lebt wohl, ihr alle, und zu aller Letzt noch einmal Du, Mina!

         Am gleichen Tag, etwas später. – Ich habe das Wagnis unternommen und bin mit Gottes Hilfe unversehrt wieder in mein Zimmer zurückgekehrt. Ich will alles der Reihenfolge nach niederschreiben. Ich ging, solange mein Mut noch ausreichend war, direkt zum Fenster auf der Südseite und stieg auf das schmale Steingesims, das um das Gebäude herum läuft. Die Steine waren groß und roh behauen und den Mörtel, der sie einst verband, hatte der Zahn der Zeit weggewaschen. Ich zog meine Stiefel aus und begab mich auf den hoffnungslosen Weg. Ich sah einmal in den Abgrund, damit mich nachher kein flüchtiger Blick in die grausame Tiefe überraschen konnte, wandte aber von da an meine Augen nicht mehr hinab. Ich kannte genau die Richtung und die Entfernung zum Fenster des Grafen und versuchte, so gut ich nur konnte, alle zur Verfügung stehenden Gelegenheiten auszunützen. Ich fühlte mich nicht schwindelig – vermutlich weil ich zu erregt war – und die Zeit, die ich brauchte, schien mir lächerlich kurz, als ich bei der Fensterbank des Grafen Fensters angelangt war und den Rolladen auffahren ließ. Ich war tief erregt, als ich mich niederbeugte und mit den Füßen voran durch das Fenster stieg. Ich sah mich nach dem Grafen um. Zu meiner Überraschung und Freude machte ich eine Entdeckung: Das Zimmer war leer! Es war notdürftig mit seltsamen Dingen ausgestattet und erweckte den Eindruck, als wäre es nie benutzt worden; die Möbel waren identisch mit denen aus dem südlichen Zimmer und waren mit Staub bedeckt. Ich hielt sofort Ausschau nach dem Schlüssel. Aber der steckte nicht im Schlüsselloch und auch sonst war nirgends ein Schlüssel zu finden. Das Einzige was ich fand, war ein großer Haufen Gold, der in einer Ecke lag – mit Goldstücken aller Art: römisches, britisches, österreichisches, ungarisches, griechisches und türkisches Geld, überzogen mit einer Staubschicht, was vermuten lässt, als läge es schon sehr lange hier auf dem Boden. Keines der Stücke, das ich ansah, war weniger als 300 Jahre alt. Da lagen auch Ketten und Schmuck dabei, vieles mit Edelsteinen besetzt, aber alles alt und voll von Flecken.

         In einer Ecke des Zimmers befand sich eine schwere Türe. Ich versuchte, sie zu öffnen, aber da ich den Schlüssel zum Zimmer oder zur äußeren Tür nicht finden konnte – das Ziel meiner Suche – musste ich weitere Erkundungen vornehmen, oder all meine Bemühungen waren nutzlos. Doch die Tür war unverschlossen und führte durch einen steinigen Gang zu einer

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