Dracula. Брэм Стокер

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Dracula - Брэм Стокер

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ersehnte Hahnenschrei, und ich wusste, dass ich in Sicherheit war. Mit frohem Herzen öffnete ich meine Türe und eilte hinunter nach der großen Halle. Ich hatte gesehen, dass das Tor unverschlossen war, und dass mir der Weg zur Freiheit offen stand. Meine Hände zitterten vor Erregung, als ich die schweren Ketten aushakte und die massiven Riegel zurückschob. Aber das Tor bewegte sich nicht; Verzweiflung erfasste mich. Ich zog und riss am Tor und rüttelte daran, bis es, schwer wie es war, in den Türangeln rasselte. Ich konnte den vorgeschobenen Riegel sehen. Die Tür musste verschlossen worden sein, nachdem ich Graf Dracula verließ.

         Da ergriff mich ein wildes Verlangen, den Schlüssel, bei allem Risiko, an mich zu bringen. Ich beschloss, nochmals die Mauer hinunterzuklettern, und in das Zimmer des Grafen einzudringen. Er mochte mich töten – doch der Tod schien mir das kleinere Übel zu sein. Ohne mich aufzuhalten, rannte ich zum östlichen Fenster und kletterte, wie ich es schon einmal tat, die Mauer hinab und stieg über das Fenster in das Zimmer des Grafen. Es war leer, was ich auch erwartete. Ich konnte nirgendwo einen Schlüssel finden, aber der Haufen Gold war noch da. Ich ging durch die Türe, die sich in der Ecke befand, die Wendeltreppe hinunter und dann durch den finsteren Gang zur alten Kapelle. Ich wusste jetzt genau, wo das Monster zu finden ist, das ich suchte.

         Die große Kiste stand auf demselben Platz, dicht an der Mauer. Der Deckel lag schon darauf, war aber noch nicht fest gemacht. Die Nägel waren schon kurz ins Holz getrieben und warteten nur noch darauf, ganz hinein geschlagen zu werden. Ich musste nun den Grafen nach dem Schlüssel durchsuchen, deshalb hob ich den Deckel vom Sarg und lehnte ihn gegen die Wand; und dann sah ich etwas, das meine Seele mit schlimmstem Grauen erfüllte. Da lag der Graf, aber er sah aus, als sei seine Jugend zur Hälfte zurückgekehrt. Sein zuvor weißes Haar und der Schnurrbart glänzten nun einem dunklen Eisengrau; seine Wangen waren voller, und die weiße Haut schien weinrot unterlegt; der Mund war röter denn je, und auf den Lippen befanden sich Tropfen frischen Blutes, das in den Mundwinkeln zusammenfloss und schließlich über Kinn und Hals hinunter sickerte. Selbst die brennenden Augen lagen nicht mehr so tief, denn es schien, als wäre das Fleisch um sie herum stärker geworden, und auch die Lider und Tränensäcke waren gut mit Blut gefüllt. Es schien mir überhaupt, als sei die ganze grauenvolle Kreatur mit Blut einfach voll gepumpt; er lag da wie ein satter Blutegel. Ich schauderte, als ich mich über ihn beugte, um ihn zu durchsuchen – all meine Sinne sträubten sich gegen eine Berührung; aber ich musste suchen, andernfalls war ich verloren. Und für die entsetzlichen drei Frauen würde ich in der kommenden Nacht ein blutiges Festmahl abgeben. Ich tastete den ganzen Körper ab, doch von einem Schlüssel fehlte jede Spur. Dann hielt ich mit der Suche kurz auf inne und betrachtete den Grafen. Es lag ein spöttisches Lächeln auf seinem aufgeblasenen Gesicht, das mich wahnsinnig hätte machen können. Das war das Wesen, dem ich helfen wollte, nach London zu übersiedeln, wo es vielleicht Jahrhunderte lang unter den sich wimmelnden Millionen von Menschen seine Blutgier sättigen, und wo er einen neuen und immer größer werdenden Zirkel von Halbdämonen schaffen würde, um dann die Wehrlosen zu jagen. Allein der Gedanke erzürnte mich. Eine schreckliche Lust kam über mich, die Menschheit aus den Klauen dieses Ungeheuers zu befreien. Eine tödliche Waffe war nicht bei der Hand; aber ich ergriff eine Schaufel, die von den Arbeitern zum Füllen der Kisten verwendet wurden, und holte weit aus, um mit der scharfen Kante in das verhasste Gesicht zu schlagen. Aber als ich das gerade tun wollte, drehte sich plötzlich der Kopf, und er sah mir direkt ins Gesicht – mit dem ganzen Schrecken eines Basiliskenblickes. Der Anblick schien mich fast zu lähmen, die Schaufel zitterte in meinen Händen, fiel kraftlos herunter und riss dabei eine klaffende Wunde in die Stirne des Grafen. Dann glitt sie mir aus der Hand, fiel über die Kiste, und als ich sie da wegstieß, berührte sie den daneben stehenden Deckel, der umfiel und das hässliche Etwas verschwinden ließ. Das Letzte, was ich sah, war das aufgedunsene Gesicht, blutunterlaufen und mit einem starren, höhnischen Lächeln, das selbst in der grauenhaftesten Hölle Eindruck gemacht hätte.

         Ich dachte und dachte, was ich nun als Nächstes tun sollte, aber mein Kopf lief heiß, und ich wartete, während sich ein Gefühl der Verzweiflung meiner bemächtigte. Doch dann hörte ich aus der Ferne ein Zigeunerlied, das von frohen Stimmen gesungen wurde und immer näher zu kommen schien. Trotz des Gesangs waren die schweren Räder und das Knallen der Peitschen deutlich hörbar; die Zigeuner und Slowaken, von denen der Graf gesprochen hatte, kamen wohl gerade. Mit einem letzten Blick um mich herum und auf die Kiste, die den widerwärtigen Leib beinhaltete, lief ich von dort weg und erreichte das Zimmer des Grafen. Ich war fest entschlossen, in dem Moment zu flüchten, wenn das Tor geöffnet würde. Angespannt lag ich auf der Lauer und hörte von unten das kreischende Geräusch eines Schlüssels in dem großen Schlüsselloch sowie das Zurückfallen des schweren Tores. Es müssen noch andere Zugänge da gewesen sein oder einer hatte den Schlüssel zu einer der versperrten Türen. Dann hörte ich das Geräusch vieler trampelnder Schritte, die ein klirrendes Echo erzeugten und in irgendeinem Durchgang ausklangen. Ich beeilte mich, wieder hinunter zu dem Gewölbe zu kommen, wo ich den neuen Eingang finden musste; aber in diesem Moment kam ein kräftiger Windstoß und die Tür, die zur Wendeltreppe führte, fiel mit einem schallenden Krach zu, dass der Staub vom Türrahmen flog. Als ich hineilte, um sie aufzudrücken, fand ich sie hoffnungslos fest verschlossen. Ich war von Neuem gefangen und das Netz des Verderbens zog sich noch enger um mich zusammen.

         Während ich dies schreibe, höre ich unten im Durchgang den Lärm trampelnder Füße und das Niederkrachen schwerer Lasten; zweifelsfrei sind es die erdgefüllten Kisten. Dann höre ich jemanden hämmern; es ist wohl die Kiste, die zugenagelt wird. Nun tönen wieder die schweren Schritte durch die Halle, gefolgt von Tritten mit etwas mehr Müßiggang.

         Das Tor wird geschlossen, die Ketten klirren; dann kreischt der Schlüssel im Schlüsselloch. Ich kann es hören, wie er herausgezogen wird; dann öffnet und schließt sich ein anderes Tor; Schloss und Riegel knarren.

      Horch! Im Hofe und den felsigen Weg hinunter klingt das Rollen schwerer Räder, das Knallen von Peitschen und der Gesang der Szgany, der in weiter Ferne einsetzte.

         Ich bin nun allein im Schloss, allein mit den unheimlichen Frauen. Pfui! Mina ist doch auch eine Frau, und dennoch haben sie so gar nichts gemeinsam. Sie sind die Ausgeburten der Hölle!

         Ich werde nicht bei ihnen hier bleiben; ich werde versuchen, die Schlossmauer noch tiefer hinunter zu steigen als ich es bisher tat. Ich will mir etwas von dem Gold mitnehmen, vielleicht kann ich es noch irgendwo später brauchen. Ich muss einen Ausweg von diesem scheußlichen Ort finden.

         Und dann weg von hier und nach Hause! Hin zum schnellsten, zum nächsten Zug! Fort von diesem verfluchten Schauplatz, aus diesem verdammten Land, wo der Teufel und seine Schergen in Menschengestalt ihr Unwesen treiben!

         Gottes Gnade ist mir lieber als die der Ungeheuer, und der Abgrund ist steil und tief. An seinem Fuße mag wohl ein Mann als ein Mann schlafen. Lebt alle wohl! Mina!

      FÜNFTES KAPITEL

      BRIEF VON FRÄULEIN MINA MURRAY AN FRÄULEIN LUCY WESTENRAA

      9. Mai

      Teuerste Lucy!

      Vergib mir, dass ich mit dem Briefschreiben schon so lange im Rückstand bin, aber ich werde von Arbeit beinahe erdrückt. Das Leben einer Schulassistentin ist oft sehr anstrengend. Ich sehne mich danach, bei dir, und an der See zu sein, wo wir frei miteinander plaudern und unsere Luftschlösser bauen können. Ich habe in letzter Zeit sehr viel gearbeitet, da ich gerne mit Jonathans Studien Schritt halten möchte; und ich übe auch äußerst emsig die Stenographie. Wenn wir verheiratet sind, möchte ich Jonathan eine Hilfe und nützlich sein; und wenn ich ausreichend stenographieren kann, bin ich imstande, die Dinge, die er notiert hat, mittels Schreibmaschine auf Papier zu übertragen. Und auch an der Schreibmaschine übe ich fleißig; Jonathan und ich, wir schreiben einander oft Briefe – stenographisch verfasst. Über seine Reisen führt er ein in Kurzschrift gehaltenes Tagebuch. Wenn ich bei dir bin, werde ich auch

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