Gesammelte Werke von Sir Arthur Conan Doyle: 52 Krimis & Historische Romane in einem Band. Arthur Conan Doyle
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»Ich bin hier ganz zufrieden.«
»Mir recht. Ich habe Ihnen einen nützlichen Wink gegeben, und Sie sind ein eigensinniger Tropf, wenn Sie ihn zurückweisen.«
»Nun gut, Sie haben es wahrscheinlich gut gemeint und ich muß Ihnen wohl danken,« sagte McMurdo keineswegs freundlicher.
»Mir soll es recht sein, solange Sie sich auf der richtigen Seite des Gesetzes halten« sagte der Kapitän. »Aber so wahr ich hier stehe, wenn Sie mir in die Quere kommen, dann gibt es etwas. Also gute Nacht – und auch Ihnen eine gute Nacht, Rat McGinty.«
Dieser Vorfall hatte McMurdo den Nimbus eines Helden eingetragen. Man hatte sich schon vorher über seine Taten in Chicago Verschiedenes zugeraunt. Er hatte aber alle Fragen nach dieser Richtung mit bescheidenem Lächeln abgewehrt, wie einer, der eine Huldigung für unverdiente Größe ablehnt. Jetzt aber war die Sache amtlich festgestellt. Die Besucher der Bar umringten ihn und schüttelten ihm erfreut die Hand. Er war einer der Ihren geworden. Obzwar er viel ertragen konnte, würde der gefeierte Held an jenem Abend die Nacht unter dem Bartisch beschlossen haben, wenn ihn nicht Scanlan beizeiten nach Hause geführt hätte.
Am Abend des folgenden Sonnabends wurde McMurdo in die Loge eingeführt. Da er bereits Mitglied einer Loge in Chicago war, glaubte er, daß dies ohne weitere Förmlichkeiten vor sich gehen würde. Die Loge in Vermissa hatte indessen ihren eigenen Ritus, auf den sie stolz war und dem jeder Bewerber sich unterwerfen mußte. Sie versammelte sich in dem großen Raum, der eigens für diesen Zweck im Unionhaus reserviert war. Etwa sechzig Mitglieder waren versammelt, die indessen nicht die ganze Macht der Loge darstellten, da es in den anderen Niederlassungen des Tales und jenseits der Berge auf beiden Seiten des Tales mehrere Schwesterlogen gab, die untereinander ihre Mitglieder austauschten, wenn es Ernstliches zu tun gab, so daß Verbrechen meistens von ortsfremden Mitgliedern ausgeführt wurden. Insgesamt zählte die Loge in dem gesamten Kohlenbecken nicht weniger als fünfhundert Mitglieder.
Die Versammlung saß in dem kahlen Raum an einem langen Tisch. Ein zweiter an der Seite war mit Gläsern und Flaschen beladen, auf die einige Mitglieder schon verlangend ihre Blicke richteten. McGinty saß am Kopfende des Tisches mit einer flachen, schwarzen Sammetmütze auf seinen strähnigen, dunklen Haaren und einer purpurfarbenen Stola um den Hals, die ihm das Aussehen eines Priesters in der Ausübung eines teuflischen Rituals verliehen. Zu seiner Rechten und Linken befanden sich die höheren Würdenträger der Loge, unter ihnen das grausame, interessante Gesicht Ted Baldwins. Jeder von ihnen trug eine Schärpe oder eine Medaille als Abzeichen seiner Würde. Der Großteil bestand aus Männern im reifen Alter. Die übrigen indessen waren junge Burschen zwischen achtzehn und fünfundzwanzig, die stets willfährigen und fähigen Werkzeuge zur Ausführung der Befehle der älteren. Unter den letzteren bemerkte man Gesichter, in denen sich eine raubtierartige, verbrecherische Veranlagung deutlich abspiegelte, aber der Durchschnitt war derartig, daß man in diesen Reihen aufgeweckter, offenblickender junger Leute schwerlich eine gefährliche Mörderbande vermutet hätte: Verbrecher, die schon längst bis zu einem Grade sittlicher Verderbtheit heruntergesunken waren, daß sie mit grauenerregendem Stolz über die Kunstfertigkeit der Ausführung ihrer schrecklichen Taten prahlen konnten, und den Mann, der sich durch besondere Rohheit hervortat, mit auszeichnender Verehrung behandelten. Es erschien ihrer verzerrten Lebensanschauung als eine mutige und ritterliche Tat, sich freiwillig zur Ermordung eines Mannes anzubieten, der ihnen niemals etwas zuleide getan hatte, und den sie in den meisten Fällen nicht einmal von Angesicht kannten. Es konnte geschehen, daß sie nach vollbrachter Tat um die Ehre stritten, wer den tödlichen Streich geführt habe, und daß sie sich und die anderen damit vergnügten, zu schildern, wie sich ihre Opfer im Todeskampf wanden und ihr Wehklagen nachzuahmen. Zuerst wurden diese Taten mit dem strengsten Geheimnis umgeben, aber zur Zeit dieser Erzählung sprach man darüber ganz freimütig, denn wiederholte Fehlschläge der Gerichte, die Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen, hatten sie in Sicherheit darüber gewiegt, daß kein Zeuge es wagen würde, gegen sie aufzutreten, zumal ihnen stets eine beliebige Anzahl von Entlastungszeugen zur Verfügung stand. Außerdem gestattete es ihr wohlgefüllter Bundesschatz, sich die besten Rechtsanwälte des Landes zu sichern. In den zehn langen Jahren dieses schandbaren Zustandes war es noch zu keiner einzigen Verurteilung gekommen, und die alleinige Gefahr, die den Rächern drohte, kam von den Opfern selbst, von denen gelegentlich eines, obwohl überraschend und von einer großen Überzahl angefallen, seinen Angreifern einen ernstlichen Denkzettel zu versetzen vermochte.
Man hatte McMurdo darauf vorbereitet, daß er eine Art Feuerprobe zu gewärtigen habe. Aber niemand wollte ihm sagen, worin sie bestehe. Er wurde von zwei feierlich aussehenden Brüdern in den Außenraum geführt. Durch die hölzerne Zwischenwand konnte er das Murmeln vieler Stimmen im Versammlungssaal hören. Ein-oder zweimal fing er seinen eigenen Namen auf und schloß daraus, daß seine Bewerbung zur Verhandlung stand. Danach trat ein Funktionär ein, der eine grün-goldene Schärpe über der Brust trug.
»Der Logenmeister befiehlt, ihn zu fesseln, ihm die Augen zu verbinden und ihn dann hereinzuführen.«
Die drei entfernten seinen Rock, rollten ihm den rechten Hemdärmel auf und schlangen dann ein Seil um seinen Körper, mit dem sie seine Arme über den Ellbogen am Körper festbanden. Dann zogen sie ihm eine dicke schwarze Kappe über den Kopf und den oberen Teil des Gesichts. Derartig blind gemacht, wurde er in den Versammlungsraum geführt. Kein Lichtstrahl drang durch seine Vermummung, die Mütze verursachte ihm eine drückende Schwüle. Er hörte das Geräusch und Gemurmel der Leute um ihn. Dann drang die Stimme McGintys, dumpf und entfernt klingend, durch die Umhüllung an sein Ohr.
»John McMurdo, Ihr seid bereits ein Mitglied des ehrwürdigen Ordens der freien Männer.«
McMurdo verbeugte sich zustimmend.
»Eure Loge ist Nr. 29, Chicago.«
Er wiederholte seine Verbeugung.
»Dunkle Nächte sind bedrückend,« sagte die Stimme.
»Jawohl für einsame Wanderer;« antwortete er.
»Die Wolken hängen schwer.«
»Jawohl, ein Sturm ist im Anzug.«
»Sind die Brüder befriedigt?« fragte der Logenmeister.
Ein allseitiges, zustimmendes Murmeln folgte.
»Durch unsere Zeichen und Gegenzeichen wissen wir, Bruder, daß Ihr einer der Unseren seid,« sagte McGinty.
»Ihr müßt jedoch auch wissen, daß in unserem und einigen benachbarten Sitzen unserer Loge bestimmte Gebräuche bestehen und auch bestimmte Pflichten auf unsere Mitglieder fallen, die eine besondere Eignung erfordern. Seid Ihr zur der Prüfung bereit?«
»Ich bin es.«
»Habt Ihr starke Nerven?«
»Jawohl.«
»Dann macht einen Schritt vorwärts, um es zu beweisen.«
Bei diesen Worten fühlte er zwei scharfe Spitzen, die auf seine Augen drückten, so daß es ihm kaum möglich schien, vorwärts zu schreiten, ohne sie in seine Augen zu bohren. Er nahm jedoch seinen ganzen Mut zusammen und schritt entschlossen aus. Als er dies tat, wich der Druck von seinen Augen. Ein leises beifälliges Murmeln war seine Belohnung.
»Er hat gute Nerven,« sagte die Stimme. »Könnt Ihr Schmerz ertragen?«
»So