Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman. Christine von Bergen
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»Angela, ich habe dir schon öfter gesagt, wie sehr ich dagegen bin, dass du immer Tabletten nimmst. Wir haben zwar die Ausbildung zur Apothekenhelferin gemacht, aber ich weiß inzwischen nach meiner Fortbildung zur Kräutertherapeutin, dass Naturheilmittel zwar langsamer, dafür jedoch ohne Nebenwirkungen heilen.«
Angela verdrehte die Augen.
Damit waren sie wieder beim Thema.
»Ich weiß, Claudia«, erwiderte sie ebenso ernst, »aber wenn ich morgens mit Kopfschmerzen aufstehe, helfen mir keine Tees oder ätherischen Öle, damit ich wenige Minuten später einsatzfähig bin.«
»Statt Tabletten zu schlucken, solltest du lieber dein Leben ändern. Das sage ich dir schon seit Langem. Jenny ist inzwischen alt genug, um sich selbst Frühstück machen zu können. Außerdem könnte sie sich durchaus an der Hausarbeit beteiligen, wenn deine Mutter diesbezüglich schon ausfällt. Warum lässt du dir das eigentlich alles gefallen? Deine Familie behandelt dich ja wie eine …, eine Sklavin.« Claudias Stimme hatte sich vor Empörung höher geschraubt.
Sie lachte kurz auf. »Das ist ja wohl ein bisschen übertrieben. Geschlagen oder ausgepeitscht werde ich hier noch nicht. Außerdem habe ich vor zwei Jahren, als Vater den Unfall hatte, aus eigenem Willen in der Apotheke gekündigt, um die Tankstelle zu übernehmen und den Haushalt zu führen. Natürlich ist Jenny zurzeit ein ziemlich launischer Fratz, aber auch das wird sich ändern, sobald sie aus der Pubertät heraus ist.«
»Und so lange willst du in diesem Stil weitermachen? Deine Familie erkennt deine Arbeit doch gar nicht an. Und deine körperlichen Beschwerden simulierst du in ihren Augen doch nur, die für mich übrigens ein eindeutiges Zeichen von Überbeanspruchung sind.«
Was sollte sie dazu sagen? Sie sah die Sache ja genauso wie ihre Freundin.
»Trotzdem …«, murmelte sie nur.
Claudia lachte. »Okay, lassen wir das heute Abend. Stattdessen lade ich dich zu meiner Geburtstagsparty übermorgen ein.«
»Wie bitte? Du willst also doch feiern?«
»Ja, ganz spontan. Zwanzig Leute haben schon zugesagt. Ich hoffe sehr, dass du auch dabei sein kannst.« Claudias Stimme klang lauernd an ihr Ohr.
»Samstagabend habe ich noch nichts vor«, entgegnete sie.
Wie jeden Samstag, außer mit den Eltern Karten spielen oder fernsehen, fügte sie in Gedanken hinzu.
»Bestens. Dann gehe ich davon aus, dass du kommst.« Ihre Freundin zögerte ein paar Atemlängen. »Übrigens, dann wirst du auch endlich meinen Vetter kennenlernen.«
»O nein!« Sie gab einen lauten Seufzer von sich. »Hör auf, mich verkuppeln zu wollen.«
»Will ich doch gar nicht. Und brauche ich auch nicht.« Claudia lachte belustigt. »Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass sich die Sache ganz von selbst ergeben wird. Vorausgesetzt, du lässt sie zu.«
*
Trotz Kopfschmerzen und Müdigkeit raffte sich Angela an diesem Samstag auf und fuhr zu der Geburtstagsparty ihrer Freundin nach Freiburg.
Besser, als den Abend wieder daheim zu verbringen und sich Jennys schlechte Laune anzutun, dachte sie sich.
Natürlich kam sie zu spät. Sie musste ihrer Mutter noch aus der Jeans helfen, weil dieser das Knie wieder schmerzte. Als Claudia ihr mit vorwurfsvollem Blick die Wohnungstür öffnete, war die Party schon in vollem Gange.
»Komm rein«, sagte ihre Freundin und küsste sie auf beide Wangen. »Am besten ist, du gehst erst einmal zum Büffet, das ist nämlich schon ziemlich geräubert.«
Angela lächelte nur.
Vor Aufregung konnte sie sowieso nichts essen. Die vielen fremden Leute … Seit sie wieder in Ruhweiler wohnte, war sie kaum mehr ausgegangen. Und jetzt befand sie sich inmitten einer bunten Menschenmenge. Gesprächsfetzen, fröhliches Lachen, klirrende Gläser und fetzige Musik schlugen ihr entgegen. Da Claudia, die sie zur Küche begleiten wollte, gerade von einem gut aussehenden jungen Mann ins Gespräch gezogen wurde, bahnte sie sich allein den Weg durch die tanzenden Paare auf die Dachterrasse, die mit bunten Lichterketten geschmückt war.
Etwas unsicher schaute sie sich um.
Von hier aus hatte man eine atemberaubende Aussicht auf die Dächer von Freiburg, über denen sich ein gläserner Abendhimmel spannte. Der Wettergott hatte mit dem Geburtstagskind Einsicht gehabt und seit dem Morgen die Wolken vertrieben, die tagelang über dem Schwarzwald gehangen hatten.
Angela ließ den Blick zurück zu den Grüppchen an den Stehtischen wandern in der Hoffnung, unter all den Leuten ein ihr bekanntes Gesicht zu entdecken. Da geschah inmitten dieses Trubels plötzlich etwas, was bisher völlig außerhalb ihrer Vorstellung gelegen hatte: Ein Blick in ein samtbraunes Augenpaar, und der Blitz schlug bei ihr ein.
Die Augen gehörten einem hochgewachsenen dunkelhaarigen jungen Mann, der in der Terrassentür stand. Seine Lippen waren wundervoll weich geschwungen. Sie milderten die Härte seines Kinns ab. Er war attraktiv, mit unwiderstehlichem Blick, von dem eine schwer zu bestimmende beunruhigende Wirkung auf sie ausging.
Unwillkürlich hielt sie den Atem an. Was mochte jetzt passieren?
*
Auch Christian Kofler kam unpünktlich zur Party. Er hatte länger als geplant in der Spedition gearbeitet. Anders als Angela machte er sich erst einmal über die italienischen Vorspeisen her, unterhielt sich dabei mit den anderen Hungrigen, die sich, bevor sie sich ins Partygeschehen begaben, stärken wollten. Dann schlenderte er ganz entspannt an den tanzenden Paaren vorbei hinaus auf die Terrasse. Dort fiel sein Blick auf eine blonde Frau. Er hatte sie vorher noch nie gesehen.
Sie stand allein am Geländer und schaute über die Dächer der Stadt. Er sah sie von der Seite.
Sie unterschied sich von den anderen weiblichen Gästen nicht nur durch ihre herrlich langen blonden Locken, die ihr bis tief in den Rücken fielen, sondern auch durch ihre Kleidung. Mit der Jeans, die in kurzen Cowboystiefeln steckte, war sie die einzige Frau auf der Party, die kein enges kurzes Kleid und hohe Pumps trug. Unter der weiten weißen Bluse erkannte er ihre zarte Figur. Sie besaß ein fein geschnittenes, ebenmäßiges Profil und eine alabasterfarbene Haut. Obwohl sie klein und zierlich war, drückte ihre Haltung Stolz und Stärke aus. Von ihr ging etwas aus, was ihn auf den ersten Blick fesselte.
Als hätte sie seinen Blick gespürt, drehte sie sich nun um, und er sah in große nebelgraue Augen mit einer geheimnisvollen Tiefe. Den Moment, in dem sie ihn bemerkte, nahm er überdeutlich wahr. Ihre ausdrucksstarken Augen schweiften nicht weiter, sondern blieben auf ihm ruhen.
Christian erwiderte ihren Blick viel eindringlicher, als er wollte. Er konnte es nicht glauben. Nur wenige Meter von ihm entfernt, zum Greifen nah, stand seine Traumfrau.
Während sich ihre Blicke kreuzten, starrte er das Mädchen an wie eine Erscheinung von einem anderen Stern. Sein Herz setzte kurz aus, um dann weiter wild drauflos zu hämmern. Eine fremde Gewalt kam über ihn, wild und stark. Ihm war zumute, als würde ein Orkan durch ihn fegen. Er sah nur noch den sensibel geformten Mund der schönen Fremden und dessen kaum wahrzunehmendes Lächeln, das eindeutig ihm gelten musste. Ja, da war er ganz sicher, trotz seiner gerade ziemlich eingeschränkten Wahrnehmungsfähigkeit.