Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman. Christine von Bergen

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Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman - Christine von Bergen Der Landdoktor Staffel

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Tochter hat heute frei bekommen«, teilte ihm Frau Hölderlein atemlos mit. »Ich dachte, sie wäre wieder schlafen gegangen, als ich Geräusche aus ihrem Zimmer hörte. Seit einigen Tagen schreit sie oft im Schlaf. Ich wollte nachsehen und fand sie, wie sie sich vor Schmerzen gewunden hat. Kommen Sie schnell.«

      Maja Hölderlein saß auf ihrem Bett und wimmerte. Zusätzlich litt sie unter Atemnot.

      »Hast du von dem Tee aus der Apotheke getrunken?«, fragte Matthias das junge Mädchen sofort.

      »Ja.« Maja nickte, weinte, presste die Hände gegen den Bauch und wand sich.

      Umgehend rief er einen Rettungswagen. Dieser verfügte über Sauerstoffgeräte, die seine Patientin dringend brauchte. Das Gegengift hatte er in der Klinik, wo er es ihr dann sofort verabreichen konnte.

      Es dauerte nicht lange, bis der Rettungswagen kam. Die Sanitäter schlossen Maja an das Sauerstoffgerät an und fuhren sie mit Blaulicht auf den Praxishügel. Nach einer halben Stunde war die Lebensgefahr gebannt. Matthias atmete erleichtert aus. Er überließ seine Patientin Monika Hauser, der Nachtschwester, und eilte zu seinen Patienten zurück, die das Wartezimmer füllten.

      Auf dem Weg von Majas Krankenzimmer zur Praxis klingelte sein Handy.

      »Ich bin es«, meldete sich seine Frau atemlos. »Alle Proben aus Claudias Laden sind rein. Sie enthalten keinerlei Gifte. Das kann doch nur bedeuten, dass die Tollkirsche und der Eisenhut auf dem Weg zur Apotheke oder erst dort vor Ort untergemischt worden sind.«

      »Aber wer könnte …?« So erleichtert der Landarzt über das Ergebnis war, so sehr gab es ihm auch Rätsel auf.

      »Ich weiß es nicht«, sagte Ulrike. »Außer Dr. Brandler und Maja arbeitet niemand dort.«

      Matthias stand auf dem langen Gang, der Klinik und Praxis miteinander verband. Durch das Fenster schaute er hinaus auf die Wiesen. In seinem Kopf drehten sich die Gedanken wie auf einem Karussell.

      »Vielleicht Maja?«, hörte er seine Frau zögernd fragen. »Es ist bekannt, dass sie in Thomas Brandler verliebt ist. Womöglich wollte sie…«

      Ulrike verstummte am anderen Ende der Leitung.

      »Maja scheidet als Täterin definitiv aus«, stellte er umgehend klar. »Sie ist vor einer Stunde bei uns mit schweren Vergiftungserscheinungen eingeliefert worden. Sie hat selbst von dem Tee getrunken.«

      Lange Zeit war es still in der Leitung.

      »Dr. Brandler etwa?«, fragte seine Frau dann ungläubig.

      »Was sollte denn das für einen Sinn ergeben?«, tat er ihren Verdacht ab. »Thomas Brandler und Claudia Koch sind ein Liebespaar.«

      Im nächsten Moment meldete sich sein Piepser. Schwester Gertrud rief ihn.

      »Ich muss Schluss machen, Liebes«, verabschiedete er sich rasch. »Wir sprechen uns heute Mittag.«

      *

      Als Matthias an der Rezeption ankam, stand Schwester Gertrud sichtlich aufgeregt da.

      »Frau Hölderlein hat angerufen. Ihre jüngste Tochter zeigt die gleichen Symptome wie Maja. Sie hat den Rettungswagen gerufen. Die haben sich schon gemeldet und angefragt, ob wir auch das Kind aufnehmen. Natürlich habe ich zugesagt.«

      »Wie alt ist die jüngste Tochter der Hölderleins?«

      »Erst fünf. Sie ist ein Nachzügler in der Familie.«

      Matthias schluckte schwer. »Dann hat sie auch von dem Tee getrunken.«

      »Das hat sie, wie Frau Hölderlein sagte. Und ihre Symptome sind wahrscheinlich noch schlimmer als bei ihrer älteren Schwester.«

      »Wenn ich diesen Teufel erwische, der da am Werk war«, donnerte der Landarzt los. »Derjenige kann doch nur krank sein oder hasserfüllt auf die Menschheit.«

      Da kündigte sich auch schon der Rettungswagen durch das Martinshorn an. Die Sanitäter schoben eine Rollliege in die Praxis, auf der die Fünfjährige lag.

      »Sie ist bereits im Koma«, teilte der Notarzt Matthias mit, bevor dieser hinter der Rollliege her lief in Richtung Klinik.

      *

      Majas Schwester kam sofort auf die Intensivstation unters Sauerstoffzelt. Ihre kleine Brust hob sich unter der qualvollen Anstrengung nur noch unregelmäßig. Es sah so aus, als würde das Atemgerät ihren Sauerstoffmangel nicht mehr ausgleichen können. Erst als sich das Gegengift in ihrem Körper verteilte, stellte der Landarzt eine leichte Verbesserung ihres Zustandes fest. Majas Schwester wachte aus dem Koma auf. Matthias nahm ihre eiskalte Hand in seine, sprach mit dem Kind, das vor einer Woche noch wegen eines aufgeschlagenen Knies in seiner Praxis gewesen war, kontrollierte immer wieder die Aufzeichnungen der Überwachungsapparate, die irgendwann nach einer Zeit, die ihm unendlich lang vorkam, endlich Entwarnung angaben.

      Da wurde die Tür aufgerissen, und Maja stand im Rahmen. Wie ein Geist wirkte sie in dem weißen Krankenhausnachthemd, den zerzausten Haaren und dem vom Weinen entstellten Gesicht.

      »Das wollte ich nicht«, stieß die junge Frau hervor. »Das wollte ich wirklich nicht.«

      Matthias stand auf, nahm sie in die Arme.

      »Du konntest doch nicht wissen, dass deine Schwester auch von dem Tee trinken würde«, tröstete er sie. »Deine Mutter macht sich ebenso Vorwürfe, dass sie die Teekanne nicht sofort weggeräumt hat.«

      Da riss sich Maja von ihm los, trat einen Schritt zurück und schrie: »Ich habe es getan. Ich habe das Gift in den Tee gemischt. Ich habe von dem Tee nur getrunken, um den Verdacht von mir abzulenken.«

      Wie von Sinnen wirkte sie. Matthias überlegte für den Bruchteil einer Sekunde, ob er die junge Frau gerade völlig falsch verstanden hatte oder ob sie verrückt geworden war.

      »Was willst du damit sagen?«, fragte er betont ruhig und langsam.

      Da brach Maja auf dem Fußboden zusammen. Wie ein Embryo lag sie da, Beine und Arme angezogen, jammerte und schrie.

      Der Landarzt reagierte umgehend. Er zog eine Beruhigungsspritze auf und verabreichte sie seiner Patientin. Die Wirkung zeigte sich schnell. Die junge Frau wurde ruhiger, ihr Weinen leiser und hörte dann ganz auf. Er kniete sich neben sie, untersuchte sie. Sie war noch ansprechbar.

      »Warum hast du das getan?«, fragte er.

      Er musste die Antwort wissen, obwohl er sie schon ahnte.

      »Diese Frau hat ihn mir weggenommen. Sie muss aus dem Tal verschwinden.«

      Sprachlos über dieses Geständnis ließ er die Arme sinken. Liebe und Hass, ein Zusammenspiel, das so alt war wie die Welt und in dieser immer wieder neuen Schaden anrichtete. Während er Maja betrachtete, die mit geschlossenen Augen vor ihm lag und deren Atemzüge verrieten, dass sie eingeschlafen war, erinnerte er sich daran, dass sie als kleines Mädchen bereits Verhaltensauffälligkeiten gezeigt hatte, die auf eine psychische Labilität hinwiesen. Ihre Eltern hatten damals seinen Rat, ihre Tochter von Fachkollegen untersuchen zu lassen, nicht angenommen. Und dann hatte sich Maja ganz normal entwickelt, zumindest hatte es für alle so ausgesehen. Das dies nicht der Fall gewesen war, hatte sich jetzt gezeigt.

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