WASTELAND - Schuld und Sühne. Russell Blake

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WASTELAND - Schuld und Sühne - Russell Blake Wasteland

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antwortete Duke mit einer Stimme wie Sandpapier. »Was ist los? Doug erzählte, du hättest eine Dame in Not?«

      Lucas beäugte ihn skeptisch. »Kriegst du das denn überhaupt hin?«

      »Allzeit bereit. Ist mein zweiter Vorname.« Duke blickte an Lucas vorbei auf die Trage, drehte den Kopf und brüllte ins Innere des Gebäudes hinein: »Doug! Aaron! Helft mir, die Frau ins Esszimmer zu bringen. Macht schon, Tempo!«

      Der Mann, der an der Tür gewesen war und ein klein gewachsener, tonnenförmiger Afroamerikaner, den Lucas als Aaron erkannte, drängten sich an ihm vorbei und liefen zu der Frau hinüber. »Sachte, Männer«, warnte Lucas und sah mit Duke dabei zu, wie sie ins Gebäude getragen wurde.

      Duke winkte Lucas heran. »Kannst gleich mit reinkommen. Ich nehme an, du hast ein paar Sachen im Tausch für meine Hilfe?«

      »Klar doch.«

      »Dann sag ich mal: Mi casa … und der ganze Scheiß.«

      Lucas folgte Duke ins Esszimmer. Aaron und Doug hatten die Frau auf einem großen, rechteckigen Holztisch abgelegt. Duke schnippte mit den Fingern. »Bring mir das Vergrößerungsglas und eine von den tragbaren LED-Lampen«, befahl er Doug.

      Doug, dessen Arme mit Militärtattoos übersät waren, nickte und eilte wortlos davon.

      Lucas räusperte sich. »Neuer Mann?«

      Duke nickte, ohne die Augen von der Frau zu nehmen. »Solomon hat ins Gras gebissen.«

      »Eine Schande. Ich mochte ihn. Wie denn?«

      »Schlangenbiss«, sagte Duke kopfschüttelnd. »Der Junge war nie der Hellste.«

      Doug kehrte mit einer Arbeitsleuchte auf einem Stativ und einem riesigen Vergrößerungsglas zurück, das an einem olivgrünen Gelenkarm befestigt war. Duke nahm es ihm ab, klemmte es an der Tischplatte fest und deutete dann auf ein Verlängerungskabel in der Ecke. Doug schloss die Lampe an und der ganze Raum wurde mit ihrem hellen, weißen Licht geflutet.

      Lucas blinzelte. »Die Batterien sind noch gut, wie ich sehe.«

      »Tagsüber betreiben wir alles direkt über die Paneele. Verbraucht ja auch fast nichts.«

      »Clever. Meine laufen auch noch.«

      »Wir sollten noch etwa drei Jahre plus X aus den Batterien herausquetschen, denke ich«, erklärte Duke. »Bis dahin ist das Stromnetz längst wieder in Ordnung.«

      Beide Männer grinsten bei der Bemerkung.

      »Das erzählen sie uns doch schon mindestens seit fünf Jahren«, sagte Lucas.

      »Angeblich waren wir nie dichter dran als jetzt. Ich habe gehört, die Verantwortlichen hätten DC wieder am Netz. Oder einen Teil der Stadt.«

      Lucas hob eine Augenbraue. »Ist das bestätigt?«

      »Ein kleiner Vogel hat es einem anderen zugezwitschert, das wiederum hat ein Kerl gehört, der es dann mir erzählt hat.«

      Eine der Legenden im Hoffnungsszenario der Überlebenden war, dass irgendjemand die Ordnung wiederherstellte, sodass die Regierung das Land wieder zum Laufen bringen konnte. Allerdings ignorierten sie dabei die Tatsache, dass die Regierung aus Menschen und nicht aus Superhelden bestand, von denen die meisten noch nicht einmal die eigentliche Arbeit machten. Doch die fleißigen Arbeiter, die wussten, wie man ein Kraftwerk am Laufen hielt, wie man eine Turbine reparierte oder wie man die Leute davon abhielt, die Kupferkabel der Stromleitungen zu stehlen, hatten es einfach sattgehabt. Die Menschen, die man sonst davon überzeugen konnte, auch dann noch unentgeltlich LKWs und Züge mit dem Notwendigsten zu fahren, wenn bereits eine Seuche wütete und bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten, hatten ihren Unwillen deutlich gezeigt: Sie waren stattdessen zu Hause geblieben und hatten ihre Familien beschützt.

      So einen Schwarzen Schwan, so genannt, weil es sich um ein unvorhersehbares Ereignis handelte, in diesem Fall eine Kombination aus einer Supergrippe – wobei es keine Rolle spielte, ob sie von Flüchtlingen, illegalen Migranten oder Kriegsheimkehrern eingeschleppt worden war – und einem globalen Finanzcrash, hatte niemand vorhergesehen. Dafür hatte es keinen Notfallplan gegeben. Und als es dann geschah, war die Zivilisation schneller zerfallen, als man es je für möglich gehalten hätte.

      Trotzdem verging keine Woche, in der nicht irgendjemand aus zuverlässiger Quelle gehört hatte, dass irgendwo anders alles längst wieder in Ordnung war und die Männer in den schwarzen Anzügen verzweifelt daran arbeiteten, die Nation wiederherzustellen.

      Lucas hatte vor langer Zeit erkannt, dass es sinnlos war, auf eine Rückkehr zur Normalität zu hoffen, jedenfalls nicht in seiner Lebensspanne. Eigenständigkeit und Selbsterhaltung waren das Gebot der Stunde. Radiomeldungen rund um den Globus zeigten, dass kein Land ungeschoren geblieben war: Europa lag in Ruinen, Russland war ein Friedhof, Asien und der Mittlere Osten waren Katastrophengebiete. China hatte in einem halbherzigen Versuch gewagt, in den ersten Tagen nach dem Kollaps in Japan einzumarschieren, war jedoch eingeknickt, als die USA mit dem Einsatz von Kernwaffen gedroht hatten. Innerhalb von Wochen hatte das alles keine Rolle mehr gespielt – mittlerweile lag jeder im Sterben oder war zu krank, um noch zu kämpfen.

      Hungersnöte wüteten in Indien und Pakistan, die Sterblichkeitsrate in China kletterte auf fast 60 Prozent, weil es nicht genügend Krankenhäuser gab, und bald wusste man nicht mehr, wie man die Leichenberge entsorgen sollte. Von der Einhaltung von Recht und Ordnung ganz zu schweigen.

      Deshalb war der Gedanke, dass diese Idioten in Washington sich endlich zusammengerissen und wirklich etwas auf die Reihe bekommen hatten, nur ein Wunschtraum. Lucas konnte über solchen Schwachsinn nur mit den Augen rollen. Jeder, der sich an diesen Strohhalm klammerte, dass exakt die Bürokraten, die die Katastrophe nicht kommen sahen, wirklich mehr auf die Reihe bekamen, als ihre eigene Inkompetenz zu beweisen, musste komplett weltfremd sein. Besonders deshalb, weil die gesamte Infrastruktur längst zusammengebrochen war.

      Es war besser, sich zusammenzureißen und selbst das Nötige zu tun, um am Leben zu bleiben, statt an solche Märchen zu glauben. Wenn der Kollaps eines bewiesen hatte, dann war es Folgendes: Der größte Teil der Menschheit war unfähig gewesen, sich der harten Realität zu stellen. Sie waren abhängig von dem, was sich Zivilisation schimpfte und doch nur eine Art Sozialstaat war, der sich scheinbar um alle Probleme kümmerte.

      Als der Staat es dann nicht mehr hinbekam, wie schon zuvor bei regionalen Naturkatastrophen – zum Beispiel bei dem Hurrikan, der New Orleans von der Landkarte gefegt hatte – konnte sich Lucas nur noch über die große Anzahl an Menschen wundern, die es komplett unvorbereitet traf.

      Duke rückte die Lampe zurecht, bis das Licht auf die Frau fiel, und begann die Wunde zu begutachten. Er sah sich den Verband an und rief Aaron zu. »Bring mir das OP-Besteck. Alkohol, Gaze und das Brenneisen.«

      »Bin sofort zurück«, antwortete Aaron und verschwand in einem der Hinterzimmer.

      »Was ist ihre Geschichte?«, fragte Duke, während sie warteten.

      Lucas zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Habe sie in der Wüste gefunden, neben ihren toten Freunden.«

      »Sieht ziemlich heiß aus, oder?«

      Lucas grunzte etwas Unverständliches. »Wie laufen die Geschäfte?«

      »Kann nicht klagen.«

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