WASTELAND - Schuld und Sühne. Russell Blake
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Lucas seufzte wieder und fragte sich, warum er sich immer noch mit diesen vergifteten Erinnerungen herumquälte. Seit diesen Tagen war eine Ewigkeit vergangen. Jetzt war er nur noch einer von den Überlebenden, die versuchten, das Beste aus der Hölle zu machen, die sie umgab. Wie und warum es dazu kommen konnte, war letztendlich unwichtig. Es war eben passiert, nur das zählte.
Er öffnete seine Augen und blickte hinauf in das orangefarbene Mondlicht über dem hohen Gras und dann nach unten auf das Feuer, das schon halb heruntergebrannt war. Seine Augen wanderten zu der Frau hinüber und seine Gedanken rasten. Wie lautete ihre Geschichte? Woher kam sie und wohin wollte sie? Und was machte sie mit vier schwer bewaffneten Söldnern mitten im Niemandsland, einer Region, die selbst unter günstigsten Umständen bekanntermaßen gefährlicher als eine Giftnatter war?
Kapitel 3
Lucas schreckte mit einem leisen Fluch hoch. Seine Augen tasteten die Umgebung ab und blieben an der nahegelegenen Feuerstelle hängen. Das Feuer war nur noch eine schwelende Glut, das Holz war längst verbrannt und eine dünne Rauchfahne stieg aus der Asche.
Er war eingenickt, als er seinen quälenden Erinnerungen nachhing. Doch irgendetwas hatte ihn aus dem Schlaf gerissen. Tango schnaubte irgendwo in der Nähe, ein klares Warnsignal für Lucas, der sich bereits auf die Beine kämpfte. In diesem Moment hörte er ein Fluchen und das schnappende Geräusch des Stolperdrahts am Hauptzugang.
Er wartete nicht ab, bis der Flucher zu sehen war. Wie auf Autopilot bewegte er sich rasch aber lautlos auf den Spalt an der Rückseite der Lichtung zu, wobei er den selbst gelegten Stolperdraht umging, bis er sich zu einem Felsvorsprung vorgearbeitet hatte, von dem aus er ein gutes Sichtfeld auf die Umgebung und eine steinerne Deckung hatte.
Augenblicke später war er oben angekommen und blickte auf drei Gestalten hinunter, die durch das Gras auf Tango zu krochen. Die Frau lag noch in komatösem Zustand auf der Plane, nur ein paar Meter von seinem Pferd entfernt. Im Geiste ging Lucas seine Optionen durch – er konnte es vermutlich mit drei Männern aufnehmen, doch wenn er auch nur einen verfehlte, würde der in Richtung von Tango und der Frau feuern. Es gab keine Garantie für todsichere Schüsse in der Dunkelheit. Nein, er musste versuchen, sie zu umgehen und von der Seite anzugreifen, während sie sich auf die Lichtung vorarbeiteten. Er beobachtete für ein paar Sekunden ihre Bewegungen. Es musste sich um irgendwelche Gauner handeln, denn ihr Vorgehen zeugte von Unerfahrenheit. Sie schlichen geradewegs in eine potenzielle Falle.
Das machte sie in seinen Augen zu Narren.
Allerdings machte es sie nicht weniger gefährlich, war aber vielleicht ein Vorteil zu seinen Gunsten.
Er zog sich von der Felsspalte zurück und folgte dem Weg zur Lichtung. Dann umging er die freie Fläche weiträumig im Schutz der sie umgebenden Felsen. Er sah die Umrisse von drei Pferden in der Nähe einer Baumgruppe, etwa dreißig Meter den Berg hinunter. Er musste seine Meinung revidieren – so dumm konnten die Banditen nicht sein, da sie das Lager entdeckt hatten und clever genug gewesen waren, ihre Reittiere zurückzulassen.
Lucas erreichte seinen Stolperdraht und stieg darüber hinweg. Die Männer waren etwa 25 Meter vor ihm und kommunizierten mit Handsignalen. Sie ahnten nicht, dass er sich hinter ihnen befand. Er kniete sich hin und nutzte einen Baumstamm, um den Lauf der M4 ruhig zu halten. Sein Finger tastete nach dem Sicherungshebel. Es war die Einstellung für kurze Feuerstöße.
Der Wind drehte und drückte das hohe Gras in der Nähe herunter. Die Brise trug den Gestank von saurem Schweiß und Verwesung von den bewaffneten Männern zu ihm. Typisch für die Leichenfledderer, die die Wüste unsicher machten. Ihr Interesse an Hygiene und regelmäßigen Bädern war minimal. Lucas verzog bei der Duftnote das Gesicht und nahm die erste Gestalt durch das Nachtzielgerät ins Visier. Das grünliche Abbild war taghell, dank wiederaufladbaren Akkus. Der Bewaffnete trug etwas, das wie eine doppelläufige Schrotflinte aussah. Das bestätigte Lucas' Einschätzung, dass es sich um Grenzratten handelte, die sein Lagerfeuer bemerkt hatten und ihm wie Motten zum Licht gefolgt waren – Opportunisten auf der Suche nach leichter Beute.
Genau das sollte, wenn es nach ihm ging, ihr letzter Fehler gewesen sein.
Sein Finger krümmte sich um den Abzug und sein Sturmgewehr bellte die erste Salve heraus, die den Mann mit der Flinte traf. Die Kugeln warfen ihn herum, bevor er ins Gras stürzte.
Lucas hatte bereits den zweiten Mann im Visier, der sich herumwarf und in seine Richtung feuerte, ihn aber weit verfehlte. Lucas mähte ihn mit zwei gezielten Salven nieder. Das Gewehr fiel aus den Händen des Mannes, als er vornüber kippte.
Lucas suchte das Gras durch sein Zielfernrohr ab, auf der Suche nach dem Dritten und fluchte im Stillen. Nichts.
Der Kerl war im hohen Gras verschwunden und offensichtlich schlau genug, nicht wild drauflos zu ballern.
Das brachte Lucas in eine Zwickmühle: Sollte er warten, bis der Kerl sich zeigte, in der Hoffnung, dass er der Schnellere war? Oder sollte er sich zurückziehen und eine erhöhte Position suchen, von der aus er den Schützen vielleicht ausmachen konnte, weil das Gras aus dieser Perspektive nur wenig Deckung bot?
Er machte sich die Entscheidung nicht schwer. Lucas löste sich vom Baum und verschwand in den Schatten, um zur Rückseite der Lichtung und zu dem Felsvorsprung zurückzukehren.
Als er dort eintraf, hoffte er insgeheim, dass der Leichenfledderer das Weite gesucht hatte, nachdem seine Kumpanen erledigt waren. Der Kerl konnte schließlich nicht ahnen, wie viele Männer das Lager verteidigten und er kämpfte jetzt allein. Das Element der Überraschung hatte er auch verloren, war also klar im Nachteil.
Lucas nahm seinen Hut ab und legte ihn neben sich, bevor er durch den Spalt zwischen den Felsen spähte. Wie erwartet bot das Gras von hier oben aus keine Deckung, denn er konnte die toten Angreifer leicht ausmachen.
Den dritten Mann aber entdeckte er nicht.
Ein Wiehern unten am Fuß des Hügels bestätigte seinen ersten Verdacht. Der Mann hatte sich zurückgezogen, da er nicht wusste, woher die Schüsse kamen, und war zu den Pferden gelaufen.
Lucas wartete ein paar Minuten und lief, als er keine Bewegung mehr entdecken konnte, geduckt den Pfad zu den Bäumen hinunter.
Die Pferde waren verschwunden.
Er nickte gedankenvoll. Tote Männer brauchten keine Pferde und ihr ganzer irdischer Besitz war vermutlich in den Satteltaschen gewesen. Also war der dritte Mann gerade deutlich wohlhabender geworden, dank der Besitztümer seiner Gefährten und dem Marktwert ihrer Pferde.
Lucas lief zu Tango zurück, immer noch wachsam. Er blieb bei jeder der Leichen stehen, musste aber dabei die Luft anhalten. Er konnte über den schlechten Zustand ihrer Waffen und die dreckigen Lumpen, die sie am Leib trugen, nur den Kopf schütteln. Dass die Menschheit auf dieses Niveau herabgesunken war, machte ihn traurig, aber Gewissensbisse hatte er keine. Es ging um Leben und Tod in diesen Tagen und er konnte es sich nicht leisten, zu zögern oder zimperlich zu sein. Diese hässliche neue Welt kannte keine Gnade und er fragte sich bereits, ob es nicht eine schlechte Entscheidung gewesen war, den Plünderer entkommen zu lassen.
Tango wartete schon auf ihn, sichtlich aufgeregt wegen des Schusswechsels, hielt aber die Stellung. Die Frau war nach wie vor bewusstlos und ahnte nichts von dem Drama, das sich um sie herum abgespielt hatte. Lucas verschwendete keine Zeit damit,