Dr. Norden Staffel 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Da sind Sie ja endlich!«
»Guten Tag, Frau Weiß.« Daniel erinnerte sich an den Namen der Patientin.
Vor Schreck hielt Wendy die Luft an. Zu ihrem großen Erstaunen regte sich Frau Weiß aber diesmal nicht über den freundlich gemeinten Gruß auf.
»Dieser Tag ist nicht gut. Er ist der pure Horror«, teilte sie dem Arzt ruhig mit.
»Welche Beschwerden haben Sie denn?«, erkundigte sich Daniel fürsorglich. Er fasste sie sanft am Arm und führte sie unter den ungläubigen Blicken seiner Mitarbeiter durch den Flur in Richtung Sprechzimmer.
»Herzrasen … kennen Sie sowas? Es ist schrecklich. Jedes Mal wieder denke ich, dass ich sterben muss.«
Die Stimmen wurden leiser, und als Daniel die Tür hinter ihnen schloss, verstummten sie schließlich ganz. Danny, Wendy und Janine tauschten vielsagende Blicke. Wie auf Kommando atmeten alle drei gleichzeitig aus, ehe sie sich an die Arbeit machten.
*
Wann immer es nötig war, nutzten die beiden Ärzte der Praxis Dr. Norden die Mittagspause, um besonders schwierige Fälle zu besprechen. Sie saßen am Tisch und ließen sich Janines leckeren Gemüsestrudel schmecken, den sie kollegial mit ihnen geteilt hatte. Dabei diskutierten sie die Untersuchungsergebnisse von Franziska Weiß.
»Sämtliche Auswertungen sind unauffällig. Es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf, dass das Herzrasen eine physische Ursache hat«, stellte Daniel Norden Senior fest. Um sich ein möglichst genaues Bild von Frau Weiß‘ Krankengeschichte machen zu können, hatte er sich die Unterlagen des Arztes kommen lassen, bei dem sie bisher in Behandlung gewesen war. »Auch eine Medikation hat nicht weitergeholfen. Das Herzrasen kommt trotzdem immer wieder.«
»Dann bleibt wohl nichts anderes übrig, als einen Herzschrittmacher einzusetzen«, erwiderte Danny und schob ein Stück Strudel in den Mund.
Während sein Sohn die Köstlichkeit genoss, dachte Daniel über diese Möglichkeit nach. Schließlich schüttelte er den Kopf.
»Das sehe ich anders, zumal die Patientin bei mir plötzlich lammfromm war.« Noch immer wunderte sich Daniel über Franziskas plötzliche Zurückhaltung, kaum dass er die Tür des Sprechzimmers hinter sich geschlossen hatte. Ihm gegenüber war sie zwar nicht herzlich, aber durchaus ruhig und besonnen gewesen.
Unwillig schüttelte Danny den Kopf.
»Ich bitte dich! Das ist doch keine Frage der Sichtweise. Diese Frau ist ganz offensichtlich herzinfarktgefährdet.« Er war so irritiert, dass er sogar vergaß, das weitere Stück Strudel, das er auf der Gabel aufgespießt hatte, in den Mund zu schieben. Ungläubig sah er seinen Vater an.
Doch Daniel ließ sich nicht beirren.
»Ich glaube, dass Frau Weiß‘ Beschwerden psychosomatischer Natur sind. Diese ständigen Beschimpfungen, diese aggressiven Ausbrüche …«
»Sind nichts weiter als Ausdruck ihrer Angst. Das ist doch ganz klar«, erläuterte Danny und betrachtete versonnen die Gabel in seiner Hand. »Mit dem Herzrasen kommen die Angstzustände. Und dass Angst aggressiv macht, ist ja nichts Neues«, erinnerte er seinen Vater an die unabänderlichen Tatsachen.
»Es könnte aber auch umgekehrt sein. Meinst du nicht?«, gab Daniel zu bedenken. »Aus irgendwelchen Gründen bekommt Frau Weiß Angst. Und dann setzen die Herzbeschwerden ein … das erinnert an die berühmte Frage, was zuerst da war. Das Ei oder die Henne.« Daniel hatte sein Mittagessen inzwischen beendet und schob den Teller von sich. Er schenkte sich eine Tasse Kaffee aus der Thermoskanne ein, die Janine vorausschauend, wie sie war, gleich mitgebracht hatte, und lehnte sich zurück. »Irgendwas stimmt nicht mit dieser Frau. Meiner Ansicht nach braucht sie eine Psychotherapie.«
»Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass sie so einer Maßnahme niemals zustimmen wird. Eher reißt sie dir den Kopf ab«, erinnerte Danny seinen Vater. »Mal abgesehen davon, dass das Risiko zu groß ist, so lange zu warten, bis eine Therapie greift. Was, wenn sie uns in dieser Zeit wegstirbt?«
Diese Gefahr war nicht wegzudiskutieren. Das wusste Dr. Norden senior so gut wie sein Sohn. Trotzdem glaubte er nicht an eine operative Lösung des Problems.
»Du hast ja recht«, räumte er unumwunden ein. »Aber ein Herzschrittmacher wird die Probleme unserer Patientin nicht lösen. Mit Sicherheit wird sich ihr Körper dann ein anderes Ventil suchen und neue Symptome produzieren.«
Diese Worte seines Vaters konnte Danny beim besten Willen nicht nachvollziehen.
»Was ist denn das für eine Argumentation?«, fragte er unwillig. Auch er hatte sein Mittagessen beendet und stellte die beiden Teller auf dem Tablett zusammen. Im Gegensatz zu Daniel verzichtete er auf den Kaffee. »Das nächste Mal, wenn wir einen Patienten haben, lösen wir erst mal seine privaten Probleme und behandeln ihn dann. Oder wie stellst du dir das vor?«
Daniel Norden leerte seine Tasse und stand auf. Dabei maß er seinen Sohn mit einem nachdenklichen Blick.
»Mit allem, was du sagst, hast du recht«, räumte er bereitwillig ein. »Trotzdem bin ich nicht von einer Operation überzeugt.«
Es kam selten vor, dass sich Vater und Sohn nicht einig waren. Da die Mittagspause aber zu Ende war, mussten sie die Diskussion an dieser Stelle unterbrechen. In diesem besonderen Fall war das nicht schlecht. Beide brauchten Zeit, um über den ungewöhnlichen Fall nachzudenken.
*
Seit die Kinder groß waren und Felicitas ihre Fortbildung machte, hatte es sich die Familie Dr. Norden angewöhnt, sich so oft wie möglich zum gemeinsamen Abendessen an dem großen Tisch im Esszimmer zu versammeln. Auch Dannys Freundin, die sehbehinderte Orientalistik-Studentin Tatjana Bohde, war mit von der Partie. Sie hatte keine Angehörigen in Deutschland und genoss das Familienleben daher umso mehr. Die Sympathie war gegenseitig, und schon bald war Tatjana quasi als dritte Tochter adoptiert worden.
Zur Feier des Tages hatte sich sogar Anneka aufgerafft und saß in Jogginghose und dickem Pullover mit am Tisch. Mit Tatjana verband sie eine tiefe Freundschaft, und von ihrer Erkältung wollte sie sich auf keinen Fall von einem Treffen abhalten lassen.
»Wie kommst du denn mit deiner Bachelor-Arbeit voran?«, erkundigte sich Daniel Norden interessiert bei Tatjana und griff nach der Schüssel Salat, die Lenni neben anderen Leckereien auf den Tisch gestellt hatte.
»Oh, sehr gut. Wenn alles klappt, bin ich in einer Woche fertig«, berichtete die junge Frau freudig und fixierte den cremigen Nudelauflauf mit Tomaten und Mozzarella, der vor ihr stand. »Kann ich noch einen Löffel voll haben?«, fragte sie bescheiden. »Lenni hat sich wieder einmal selbst übertroffen.«
»Nimm nur, mein Kind. Du sollst ja nicht hungrig vom Tisch aufstehen«, erwiderte Fee lächelnd und füllte Tatjanas Teller ein weiteres Mal.
»Du solltest vorsichtig sein!«, mischte sich Danny in das Gespräch der beiden Frauen ein. »Je mehr du ihr gibst, umso mehr dehnt sich ihr Magen aus und umso mehr braucht sie zu essen. Am Ende bekomme ich sie gar nicht mehr satt.« Sein skeptischer Blick ruhte auf der großen Portion, die vor seiner Freundin stand.
Ihrer schlanken Figur war es nicht anzusehen, dass Tatjana Essen über alles liebte, und es war erstaunlich, welche Mengen diese schmal gebaute Frau vertilgen konnte.
»Du