Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann

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Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann

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du so nicht gefallen! – Kann sein, daß Donna Rosalia sich deiner annehmen wird, wenn du gesundet! – Du ohnmächtiger Geselle, nippe von meiner Wunderarzenei. Da du Heilige malen willst, wird dich mein Trank wohl zu erkräftigen vermögen, es ist Wein aus dem Keller des heiligen Antonius.” Der angebliche Doktor hatte eine Flasche unter dem Mantel hervorgezogen, die er jetzt öffnete. Es stieg ein seltsamlicher Duft aus der Flasche, der die Jünglinge betäubte, so daß sie, wie von Schläfrigkeit übernommen, in die Sessel sanken und die Augen schlössen. Aber Francesko riß in wilder Wut, verhöhnt zu sein als ein ohnmächtiger Schwächling, die Flasche dem Doktor aus den Händen und trank in vollen Zügen. “Wohl bekomm dir’s”, rief der Jüngling, der nun wieder sein jugendliches Gesicht und seinen kräftigen Gang angenommen hatte. Dann rief er die ändern Jünglinge aus dem Schlafe auf, worin sie versunken, und sie taumelten mit ihm die Treppe hinab. – So wie der Berg Vesuv in wildem Brausen verzehrende Flammen aussprüht, so tobte es jetzt in Feuerströmen heraus aus Franceskos Innern. Alle heidnische Geschichten, die er jemals gemalt, sah er vor Augen, als ob sie lebendig worden, und er rief mit gewaltiger Stimme: “Auch du mußt kommen, meine geliebte Göttin, du mußt leben und mein sein, oder ich weihe mich den unterirdischen Göttern!” Da erblickte er Frau Venus, dicht vor dem Bilde stehend und ihm freundlich zuwinkend. Er sprang auf von seinem Lager und begann an dem Kopfe der heiligen Rosalia zu malen, weil er nun der Frau Venus reizendes Angesicht ganz getreulich abzukonterfeien gedachte. Es war ihm so, als könne der feste Wille nicht gebieten der Hand, denn immer glitt der Pinsel ab von den Nebeln, in denen der Kopf der heiligen Rosalia eingehüllt war, und strich unwillkürlich an den Häuptern der barbarischen Männer, von denen sie umgeben. Und doch kam das himmlische Antlitz der Heiligen immer sichtbarlicher zum Vorschein und blickte den Francesko plötzlich mit solchen lebendig strahlenden Augen an, daß er, wie von einem herabfahrenden Blitze tödlich getroffen, zu Boden stürzte. Als er wieder nur etwas weniges seiner Sinnen mächtig worden, richtete er sich mühsam in die Höhe, er wagte jedoch nicht, nach dem Bilde, das ihm so schrecklich worden, hinzublicken, sondern schlich mit gesenktem Haupte nach dem Tische, auf dem des Doktors Weinflasche stand, aus der er einen tüchtigen Zug tat. Da war Francesko wieder ganz erkräftigt, er schaute nach seinem Bilde, es stand, bis auf den letzten Pinselstrich vollendet, vor ihm, und nicht das Antlitz der heiligen Rosalia, sondern das geliebte Venusbild lachte ihn mit üppigem Liebesblicke an. In demselben Augenblick wurde Francesko von wilden, freveligen Trieben entzündet. Er heulte vor wahnsinniger Begier, er gedachte des heidnischen Bildhauers Pygmalion, dessen Geschichte er gemalt, und flehte so wie er zur Frau Venus, daß sie seinem Bilde Leben einhauchen möge. Bald war es ihm auch, als finge das Bild an, sich zu regen, doch als er es in seine Arme fassen wollte, sah er wohl, daß es tote Leinewand geblieben. Dann zerraufte er sein Haar und gebärdete sich wie einer, der von dem Satan besessen. Schon zwei Tage und zwei Nächte hatte es Francesko so getrieben; am dritten Tag, als er wie eine erstarrte Bildsäule vor dem Bilde stand, ging die Türe seines Gemachs auf, und es rauschte hinter ihm wie mit weiblichen Gewändern. Er drehte sich um und erblickte ein Weib, das er für das Original seines Bildes erkannte. Es wären ihm schier die Sinne vergangen, als er das Bild, welches er aus seinen innersten Gedanken nach einem Marmorbilde erschaffen, nun lebendig vor sich in aller nur erdenklichen Schönheit erblickte, und es wandelte ihn beinahe ein Grausen an, wenn er das Gemälde ansah, das nun wie eine getreuliche Abspiegelung des fremden Weibes erschien. Es geschah ihm dasjenige, was die wunderbarliche Erscheinung eines Geistes zu bewirken pflegt, die Zunge war ihm gebunden, und er fiel lautlos vor der Fremden auf die Kniee und hob die Hände wie anbetend zu ihr empor. Das fremde Weib richtete ihn aber lächelnd auf und sagte ihm, daß sie ihn schon damals, als er in der Malerschule des alten Leonardo da Vinci gewesen, als ein kleines Mädchen oftmals gesehen und eine unsägliche Liebe zu ihm gefaßt habe. Eltern und Verwandte habe sie nun verlassen und sei allein nach Rom gewandert, um ihn wiederzufinden, da eine in ihrem Innern ertönende Stimme ihr gesagt habe, daß er sie sehr liebe und sie aus lauter Sehnsucht und Begierde abkonterfeit habe, was denn, wie sie jetzt sehe, auch wirklich wahr sei. Francesko merkte nun, daß ein geheimnisvolles Seelenverständnis mit dem fremden Weibe obgewaltet und daß dieses Verständnis das wunderbare Bild und seine wahnsinnige Liebe zu demselben geschaffen hatte. Er umarmte das Weib voll inbrünstiger Liebe und wollte sie sogleich nach der Kirche führen, damit ein Priester sie durch das heilige Sakrament der Ehe auf ewig binde. Dafür schien sich das Weib aber zu entsetzen, und sie sprach: “Ei, mein geliebter Francesko, bist du denn nicht ein wackrer Künstler, der sich nicht fesseln läßt von den Banden der christlichen Kirche? Bist du nicht mit Leib und Seele dem freudigen, frischen Altertum und seinen dem Leben freundlichen Göttern zugewandt? Was geht unser Bündnis die traurigen Priester an, die in düstern Hallen ihr Leben in hoffnungsloser Klage verjammern? Laß uns heiter und hell das Fest unserer Liebe feiern.” Francesko wurde von diesen Reden des Weibes verführt, und so geschah es, daß er mit den von sündigem, freveligem Leichtsinn befangenen Jünglingen, die sich seine Freunde nannten, noch an demselben Abende sein Hochzeitsfest mit dem fremden Weibe nach heidnischen Gebräuchen beging. Es fand sich, daß das Weib eine Kiste mit Kleinodien und barem Gelde mitgebracht hatte, und Francesko lebte mit ihr, in sündlichen Genüssen schwelgend und seiner Kunst entsagend, lange Zeit hindurch. Das Weib fühlte sich schwanger und blühte nun erst immer herrlicher und herrlicher in leuchtender Schönheit auf, sie schien ganz und gar das erweckte Venusbild, und Francesko vermochte kaum, die üppige Lust seines Lebens zu ertragen. Ein dumpfes, angstvolles Stöhnen weckte in einer Nacht den Francesko aus dem Schlafe; als er erschrocken aufsprang und mit der Leuchte in der Hand nach seinem Weibe sah, hatte sie ihm ein Knäblein geboren. Schnell mußten die Diener eilen, um Wehmutter und Arzt herbeizurufen. Francesko nahm das Kind von dem Schöße der Mutter, aber in demselben Augenblick stieß das Weib einen entsetzlichen, durchdringenden Schrei aus und krümmte sich, wie von gewaltigen Fäusten gepackt, zusammen. Die Wehmutter kam mit ihrer Dienerin, ihr folgte der Arzt; als sie nun aber dem Weibe Hülfe leisten wollten, schauderten sie entsetzt zurück, denn das Weib war zum Tode erstarrt, Hals und Brust durch blaue, garstige Flecke verunstaltet, und statt des jungen schönen Gesichts erblickten sie ein gräßlich verzerrtes, runzliges Gesicht mit offnen, herausstarrenden Augen. Auf das Geschrei, das die beiden Weiber erhoben, liefen die Nachbarsleute hinzu; man hatte von jeher von dem fremden Weibe allerlei Seltsames gesprochen; die üppige Lebensart, die sie mit Francesko führte, war allen ein Greuel gewesen, und es stand daran, daß man ihr sündhaftes Beisammensein ohne priesterliche Einsegnung den geistlichen Gerichten anzeigen wollte. Nun, als sie die gräßlich entstellte Tote sahen, war es allen gewiß, daß sie im Bündnis mit dem Teufel gelebt, der sich jetzt ihrer bemächtigt habe. Ihre Schönheit war nur ein lügnerisches Trugbild verdammter Zauberei gewesen. Alle Leute, die gekommen, flohen erschreckt von dannen, keiner mochte die Tote anrühren. Francesko wußte nun wohl, mit wem er es zu tun gehabt hatte, und es bemächtigte sich seiner eine entsetzliche Angst. Alle seine Frevel standen ihm vor Augen, und das Strafgericht des Herrn begann schon hier auf Erden, da die Flammen der Hölle in seinem Innern aufloderten. Des ändern Tages kam ein Abgeordneter des geistlichen Gerichts mit den Häschern und wollte den Francesko verhaften; da erwachte aber sein Mut und stolzer Sinn, er ergriff seinen Stoßdegen, machte sich Platz und entrann. Eine gute Strecke von Rom fand er eine Höhle, in die er sich ermüdet und ermattet verbarg. Ohne sich dessen deutlich bewußt zu sein, hatte er das neugeborne Knäblein in den Mantel gewickelt und mit sich genommen. Voll wilden Ingrimms wollte er das von dem teuflischen Weibe ihm geborne Kind an den Steinen zerschmettern, aber indem er es in die Höhe hob, stieß es klägliche bittende Töne aus, und es wandelte ihn tiefes Mitleid an, er legte das Knäblein auf weiches Moos und tröpfelte ihm den Saft einer Pommeranze ein, die er bei sich getragen. Francesko hatte, gleich einem büßenden Einsiedler, mehrere Wochen in der Höhle zugebracht und, sich abwendend von dem sündlichen Frevel, in dem er gelebt, inbrünstig zu den Heiligen gebetet. Aber vor allen ändern rief er die von ihm schwer beleidigte Rosalia an, daß sie vor dem Throne des Herrn seine Fürsprecherin sein möge. Eines Abends lag Francesko, in der Wildnis betend, auf den Knien und schaute in die Sonne, welche sich tauchte in das Meer, das in Westen seine roten Flammenwellen emporschlug. Aber sowie die Flammen verblaßten im grauen Abendnebel, gewahrte Francesko in den Lüften einen leuchtenden Rosenschimmer, der sich bald zu gestalten begann. Von Engeln umgeben sah Francesko die heilige Rosalia, wie sie auf einer Wolke kniete, und ein sanftes Säuseln und Rauschen sprach die Worte: “Herr, vergib dem Menschen, der in seiner Schwachheit und Ohnmacht nicht zu widerstehen vermochte den Lockungen

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