Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann

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Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann

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hin. – Ich sank bewußtlos nieder. Als ich wieder zu mir selbst kam, befand ich mich in einem kleinen, zellenartigen Zimmer. Ein Dominikaner trat auf mich zu und sprach mit hämischem Lächeln: “Ihr seid wohl recht erschrocken, mein Bruder, und solltet doch billig Euch erfreuen, da Ihr mit eignen Augen ein schönes Martyrium angeschaut habt. So muß man ja wohl es nennen, wenn ein Bruder aus Euerm Kloster den verdienten Tod empfängt, denn Ihr seid wohl alle samt und sonders Heilige?” – “Nicht Heilige sind wir”, sprach ich, “aber in unserm Kloster wurde noch nie ein Unschuldiger ermordet! – Entlaßt mich – ich habe mein Amt vollbracht mit Freudigkeit! – Der Geist des Verklärten wird mir nahe sein, wenn ich fallen sollte in die Hände verruchter Mörder!” – “Ich zweifle gar nicht”, sprach der Dominikaner, “daß der selige Bruder Cyrillus Euch in dergleichen Fällen beizustehen imstande sein wird, wollet aber doch, lieber Bruder! seine Hinrichtung nicht etwa einen Mord nennen? – Schwer hatte sich Cyrillus versündigt an dem Statthalter des Herrn, und dieser selbst war es, der seinen Tod befahl. – Doch er muß Euch ja wohl alles gebeichtet haben, unnütz ist es daher, mit Euch darüber zu sprechen, nehmt lieber dieses zur Stärkung und Erfrischung, Ihr seht ganz blaß und verstört aus.” Mit diesen Worten reichte mir der Dominikaner einen kristallenen Pokal, in dem ein dunkelroter, stark duftender Wein schäumte. Ich weiß nicht, welche Ahnung mich durchblitzte, als ich den Pokal an den Mund brachte. – Doch war es gewiß, daß ich denselben Wein roch, den mir einst Euphemie in jener verhängnisvollen Nacht kredenzte, und unwillkürlich, ohne deutlichen Gedanken, goß ich ihn aus in den linken Ärmel meines Habits, indem ich, wie von der Ampel geblendet, die linke Hand vor die Augen hielt. “Wohl bekomm’ es Euch”, rief der Dominikaner, indem er mich schnell zur Türe hinausschob. – Man warf mich in den Wagen, der zu meiner Verwunderung leer war, und zog mit mir von dannen. Die Schrecken der Nacht, die geistige Anspannung, der tiefe Schmerz über den unglücklichen Cyrill warfen mich in einen betäubten Zustand, so daß ich mich, ohne zu widerstehen, hingab, als man mich aus dem Wagen herausriß und ziemlich unsanft auf den Boden fallen ließ. Der Morgen brach an, und ich sah mich an der Pforte des Kapuzinerklosters liegen, dessen Glocke ich, als ich mich aufgerichtet hatte, anzog. Der Pförtner erschrak über mein bleiches, verstörtes Ansehen und mochte dem Prior die Art, wie ich zurückgekommen, gemeldet haben, denn gleich nach der Frühmesse trat dieser mit besorglichem Blick in meine Zelle. Auf sein Fragen erwiderte ich nur im allgemeinen, daß der Tod dessen, den ich absolvieren müssen, zu gräßlich gewesen sei, um mich nicht im Innersten aufzuregen, aber bald konnte ich vor dem wütenden Schmerz, den ich am linken Arme empfand, nicht weiterreden, ich schrie laut auf. Der Wundarzt des Klosters kam, man riß mir den fest am Fleisch klebenden Ärmel herab und fand den ganzen Arm wie von einer ätzenden Materie zerfleischt und zerfressen. – “Ich habe Wein trinken sollen – ich habe ihn in den Ärmel gegossen”, stöhnte ich, ohnmächtig von der entsetzlichen Qual! – “Ätzendes Gift war in dem Weine”, rief der Wundarzt und eilte, Mittel anzuwenden, die wenigstens bald den wütenden Schmerz linderten. Es gelang der Geschicklichkeit des Wundarztes und der sorglichen Pflege, die mir der Prior angedeihen ließ, den Arm, der erst abgenommen werden sollte, zu retten, aber bis auf den Knochen dorrte das Fleisch ein, und alle Kraft der Bewegung hatte der feindliche Schierlingstrank gebrochen. “Ich sehe nur zu deutlich”, sprach der Prior, “was es mit jener Begebenheit, die Euch um Euern Arm brachte, für eine Bewandtnis hat. Der fromme Bruder Cyrillus verschwand aus unserm Kloster und aus Rom auf unbegreifliche Weise, und auch Ihr, lieber Bruder Medardus! werdet auf dieselbe Weise verlorengehen, wenn Ihr Rom nicht alsbald verlasset. Auf verschiedene verdächtige Weise erkundigte man sich nach Euch während der Zeit, als Ihr krank lagt, und nur meiner Wachsamkeit und der Einigkeit der frommgesinnten Brüder möget Ihr es verdanken, daß Euch der Mord nicht bis in Eure Zelle verfolgte. So wie Ihr überhaupt mir ein verwunderlicher Mann zu sein scheint, den überall verhängnisvolle Bande umschlingen, so seid Ihr auch seit der kurzen Zeit Eures Aufenthalts in Rom gewiß wider Euern Willen viel zu merkwürdig geworden, als daß es gewissen Personen nicht wünschenswert sein sollte, Euch aus dem Wege zu räumen. Kehrt zurück in Euer Vaterland, in Euer Kloster! – Friede sei mit Euch!”

      Ich fühlte wohl, daß, solange ich mich in Rom befände, mein Leben in steter Gefahr bleiben müsse, aber zu dem peinigenden Andenken an alle begangene Frevel, das die strengste Buße nicht zu vertilgen vermocht hatte, gesellte sich der körperliche empfindliche Schmerz des abwelkenden Armes, und so achtete ich ein qualvolles, sieches Dasein nicht, das ich durch einen schnell mir gegebenen Tod wie eine drückende Bürde fahren lassen konnte. Immer mehr gewöhnte ich mich an den Gedanken, eines gewaltsamen Todes zu sterben, und er erschien mir bald sogar als ein glorreiches, durch meine strenge Buße erworbenes Märtyrertum. Ich sah mich selbst, wie ich zu den Pforten des Klosters hinausschritt und wie eine finstere Gestalt mich schnell mit einem Dolch durchbohrte. Das Volk versammelte sich um den blutigen Leichnam – “Medardus – der fromme büßende Medardus ist ermordet!” – So rief man durch die Straßen, und dichter und dichter drängten sich die Menschen, laut wehklagend um den Entseelten. – Weiber knieten nieder und trockneten mit weißen Tüchern die Wunde, aus der das Blut hervorquoll. Da sieht eine das Kreuz an meinem Halse, laut schreit sie auf: “Er ist ein Märtyrer, ein Heiliger – seht hier das Zeichen des Herrn, das er am Halse trägt!” – Da wirft sich alles auf die Knie. – Glücklich, der den Körper des Heiligen berühren, der nur sein Gewand erfassen kann! – Schnell ist eine Bahre gebracht, der Körper hinaufgelegt, mit Blumen bekränzt, und im Triumphzuge unter lautem Gesang und Gebet tragen ihn Jünglinge nach St. Peter! – So arbeitete meine Phantasie ein Gemälde aus, das meine Verherrlichung hienieden mit lebendigen Farben darstellte, und nicht gedenkend, nicht ahnend, wie der böse Geist des sündlichen Stolzes mich auf neue Weise zu verlocken trachte, beschloß ich, nach meiner völligen Genesung in Rom zu bleiben, meine bisherige Lebensweise fortzusetzen und so entweder glorreich zu sterben oder, durch den Papst meinen Feinden entrissen, emporzusteigen zu hohen Würden der Kirche. – Meine starke, lebenskräftige Natur ließ mich endlich den namenlosen Schmerz ertragen und widerstand der Einwirkung des höllischen Safts, der von außen her mein Inneres zerrütten wollte. Der Arzt versprach meine baldige Herstellung, und in der Tat empfand ich nur in den Augenblicken jenes Delirierens, das dem Einschlafen vorherzugehen pflegt, fieberhafte Anfälle, die mit kalten Schauern und fliegender Hitze wechselten. Gerade in diesen Augenblicken war es, als ich, ganz erfüllt von dem Bilde meines Martyriums, mich selbst, wie es schon oft geschehen, durch einen Dolchstich in der Brust ermordet schaute. Doch statt daß ich mich sonst gewöhnlich auf dem spanischen Platz niedergestreckt und bald von einer Menge Volks, die meine Heiligsprechung verbreitete, umgeben sah, lag ich einsam in einem Laubgange des Klostergartens in B. – Statt des Blutes quoll ein ekelhafter farbloser Saft aus der weit aufklaffenden Wunde, und eine Stimme sprach: “Ist das Blut vom Märtyrer vergossen? – Doch ich will das unreine Wasser klären und färben, und dann wird das Feuer, welches über das Licht gesiegt, ihn krönen!” Ich war es, der dies gesprochen; als ich mich aber von meinem toten Selbst getrennt fühlte, merkte ich wohl, daß ich der wesenlose Gedanke meines Ichs sei, und bald erkannte ich mich als das im Äther schwimmende Rot. Ich schwang mich auf zu den leuchtenden Bergspitzen – ich wollte einziehn durch das Tor goldner Morgenwolken in die heimatliche Burg, aber Blitze durchkreuzten, gleich im Feuer auflodernden Schlangen, das Gewölbe des Himmels, und ich sank herab, ein feuchter, farbloser Nebel. “Ich – ich”, sprach der Gedanke, “ich bin es, der Eure Blumen – Euer Blut färbt – Blumen und Blut sind Euer Hochzeitschmuck, den ich bereite!” – Sowie ich tiefer und tiefer niederfiel, erblickte ich die Leiche mit weit aufklaffender Wunde in der Brust, aus der jenes unreine Wasser in Strömen floß. Mein Hauch sollte das Wasser umwandeln in Blut, doch geschah es nicht, die Leiche richtete sich auf und starrte mich an mit hohlen, gräßlichen Augen und heulte wie der Nordwind in tiefer Kluft: “Verblendeter, törichter Gedanke, kein Kampf zwischen Licht und Feuer, aber das Licht ist die Feuertaufe durch das Rot, das du zu vergiften trachtest.” – Die Leiche sank nieder; alle Blumen auf der Flur neigten verwelkt ihre Häupter, Menschen, bleichen Gespenstern ähnlich, warfen sich zur Erde, und ein tausendstimmiger trostloser Jammer stieg in die Lüfte: “O Herr, Herr! ist so unermeßlich die Last unsrer Sünde, daß du Macht gibst dem Feinde, unseres Blutes Sühnopfer zu ertöten?” Stärker und stärker, wie des Meeres brausende Welle, schwoll die Klage! – Der Gedanke wollte zerstäuben in dem gewaltigen Ton des trostlosen Jammers, da wurde ich wie durch einen elektrischen Schlag emporgerissen

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