Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann

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Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann

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einen nackten Menschen aus dem Teufelsgrunde wollte emporsteigen gesehen haben. Das war nun pure Einbildung; aber später erfuhr man denn wohl, daß der Kapuziner, Gott weiß warum, hier von einem vornehmen Mann ermordet und der Leichnam in den Teufelsgrund geschleudert worden sei. Hier auf diesem Fleck muß der Mord geschehen sein, davon bin ich überzeugt, denn seht einmal, ehrwürdiger Herr! hier sitze ich einst und schaue so in Gedanken da den hohlen Baum neben uns an. Mit einemmal ist es mir, als hinge ein Stück dunkelbraunes Tuch zur Spalte heraus. Ich springe auf, ich gehe hin und ziehe einen ganz neuen Kapuzinerhabit heraus. An dem einen Ärmel klebte etwas Blut, und in einem Zipfel war der Name Medardus hineingezeichnet. Ich dachte, arm wie ich bin, ein gutes Werk zu tun, wenn ich den Habit verkaufe und für das daraus gelöste Geld dem armen ehrwürdigen Herrn, der hier ermordet, ohne sich zum Tode vorzubereiten und seine Rechnung zu machen, Messen lesen ließe. So geschah es denn, daß ich das Kleid nach der Stadt trug, aber kein Trödler wollte es kaufen, und ein Kapuzinerkloster gab es nicht am Orte; endlich kam ein Mann, seiner Kleidung nach war’s wohl ein Jäger oder ein Förster, der sagte, er brauche gerade solch einen Kapuzinerrock und bezahlte mir meinen Fund reichlich. Nun ließ ich von unserm Herrn Pfarrer eine tüchtige Messe lesen und setzte, da im Teufelsgrunde kein Kreuz anzubringen, hier eins hin zum Zeichen des schmählichen Todes des Herrn Kapuziners. Aber der selige Herr muß etwas viel über die Schnur gehauen haben, denn er soll hier noch zuweilen herumspuken, und so hat des Herrn Pfarrers Messe nicht viel geholfen. Darum bitte ich Euch, ehrwürdiger Herr, seid Ihr gesund heimgekehrt von Eurer Reise, so haltet ein Amt für das Heil der Seele Eures Ordensbruders Medardus. Versprecht mir das!” – “Ihr seid im Irrtum, mein guter Freund!” sprach ich, “der Kapuziner Medardus, der vor mehrern Jahren auf der Reise nach Italien durch Euer Dorf zog, ist nicht ermordet. Noch bedarf es keiner Seelenmesse für ihn, er lebt und kann noch arbeiten für sein ewiges Heil! – Ich bin selbst dieser Medardus!” – Mit diesen Worten schlug ich meine Kutte auseinander und zeigte ihm den in den Zipfel gestickten Namen Medardus. Kaum hatte der Bauer den Namen erblickt, als er erbleichte und mich voll Entsetzen anstarrte. Dann sprang er jählings auf und lief, laut schreiend, in den Wald hinein. Es war klar, daß er mich für das umgehende Gespenst des ermordeten Medardus hielt, und vergeblich würde mein Bestreben gewesen sein, ihm den Irrtum zu benehmen. – Die Abgeschiedenheit, die Stille des Orts, nur von dem dumpfen Brausen des nicht fernen Waldstroms unterbrochen, war auch ganz dazu geeignet, grauenvolle Bilder aufzuregen; ich dachte an meinen gräßlichen Doppeltgänger, und, angesteckt von dem Entsetzen des Bauers, fühlte ich mich im Innersten erbeben, da es mir war, als würde er aus diesem, aus jenem finstern Busch hervortreten. – Mich ermannend, schritt ich weiter fort, und erst dann, als mich die grausige Idee des Gespenstes meines Ichs, für das mich der Bauer gehalten, verlassen, dachte ich daran, daß mir nun ja erklärt worden sei, wie der wahnsinnige Mönch zu dem Kapuzinerrock gekommen, den er mir auf der Flucht zurückließ und den ich unbezweifelt für den meinigen erkannte. Der Förster, bei dem er sich aufhielt und den er um ein neues Kleid angesprochen, hatte ihn in der Stadt von dem Bauer gekauft. Wie die verhängnisvolle Begebenheit am Teufelsgrunde auf merkwürdige Weise verstümmelt worden, das fiel tief in meine Seele, denn ich sah wohl, wie alle Umstände sich vereinigen mußten, um jene unheilbringende Verwechslung mit Viktorin herbeizuführen. Sehr wichtig schien mir des furchtsamen Nachbars wunderbare Vision, und ich sah mit Zuversicht noch deutlicher Aufklärung entgegen, ohne zu ahnen, wo und wie ich sie erhalten würde.

      Endlich, nach rastloser Wanderung mehrere Wochen hindurch, nahte ich mich der Heimat; mit klopfendem Herzen sah ich die Türme des Zisterzienser-Nonnenklosters vor mir aufsteigen. Ich kam in das Dorf, auf den freien Platz vor der Klosterkirche. Ein Hymnus, von Männerstimmen gesungen, klang aus der Ferne herüber. – Ein Kreuz wurde sichtbar – Mönche, paarweise wie in Prozession fortschreitend, hinter ihm. – Ach – ich erkannte meine Ordensbrüder, den greisen Leonardus, von einem jungen, mir unbekannten Bruder geführt, an ihrer Spitze. – Ohne mich zu bemerken, schritten sie singend bei mir vorüber und hinein durch die geöffnete Klosterpforte. Bald darauf zogen auf gleiche Weise die Dominikaner und Franziskaner aus B. herbei, fest verschlossene Kutschen fuhren hinein in den Klosterhof, es waren die Klaren-Nonnen aus B. Alles ließ mich wahrnehmen, daß irgendein außerordentliches Fest gefeiert werden solle. Die Kirchentüren standen weit offen, ich trat hinein und bemerkte, wie alles sorgfältig gekehrt und gesäubert wurde. – Man schmückte den Hochaltar und die Nebenaltäre mit Blumengewinden, und ein Kirchendiener sprach viel von frisch aufgeblühten Rosen, die durchaus morgen in aller Frühe herbeigeschafft werden müßten, weil die Frau Äbtissin ausdrücklich befohlen habe, daß mit Rosen der Hochaltar verziert werden solle. – Entschlossen, nun gleich zu den Brüdern zu treten, ging ich, nachdem ich mich durch kräftiges Gebet gestärkt, in das Kloster und frug nach dem Prior Leonardus; die Pförtnerin führte mich in einen Saal, Leonardus saß im Lehnstuhl, von den Brüdern umgeben; laut weinend, im Innersten zerknirscht, keines Wortes mächtig, stürzte ich zu seinen Füßen.

      “Medardus!” – schrie er auf, und ein dumpfes Gemurmel lief durch die Reihe der Brüder: “Medardus – Bruder Medardus ist endlich wieder da!” – Man hob mich auf, – die Brüder drückten mich an ihre Brust: “Dank den himmlischen Mächten, daß du errettet bist aus den Schlingen der arglistigen Welt – aber erzähle – erzähle, mein Bruder” – so riefen die Mönche durcheinander. Der Prior erhob sich, und auf seinen Wink folgte ich ihm in das Zimmer, welches ihm gewöhnlich bei dem Besuch des Klosters zum Aufenthalt diente. “Medardus”, fing er an, “du hast auf frevelige Weise dein Gelübde gebrochen; du hast, indem du, anstatt die dir gegebenen Aufträge auszurichten, schändlich entflohst, das Kloster auf die unwürdigste Weise betrogen. – Einmauern könnte ich dich lassen, wollte ich verfahren nach der Strenge des Klostergesetzes!” – “Richtet mich, mein ehrwürdiger Vater”, erwiderte ich, “richtet mich, wie das Gesetz es will; ach! mit Freuden werfe ich die Bürde eines elenden, qualvollen Lebens ab! – Ich fühl es wohl, daß die strengste Buße, der ich mich unterwarf, mir keinen Trost hienieden geben konnte!” – “Ermanne dich”, fuhr Leonardus fort, “der Prior hat mit dir gesprochen, jetzt kann der Freund, der Vater mit dir reden! – Auf wunderbare Weise bist du errettet worden vom Tode, der dir in Rom drohte. – Nur Cyrillus fiel als Opfer…” – “Ihr wißt also?” frug ich voll Staunen. “Alles”, erwiderte der Prior, “ich weiß, daß du dem Armen beistandest in der letzten Todesnot und daß man dich mit dem vergifteten Wein, den man dir zum Labetrunk darbot, zu ermorden gedachte. Wahrscheinlich hast du, bewacht von den Argusaugen der Mönche, doch Gelegenheit gefunden, den Wein ganz zu verschütten, denn trankst du nur einen Tropfen, so warst du hin in Zeit von zehn Minuten.” – “Oh, schaut her”, rief ich und zeigte, den Ärmel der Kutte aufstreifend, dem Prior meinen bis auf den Knochen eingeschrumpften Arm, indem ich erzählte, wie ich, Böses ahnend, den Wein in den Ärmel gegossen. Leonardus schauerte zurück vor dem häßlichen Anblick des mumienartigen Gliedes und sprach dumpf in sich hinein: “Gebüßt hast du, der du freveltest auf jedigliche Weise; aber Cyrillus – du frommer Greis!” – Ich sagte dem Prior, daß mir die eigentliche Ursache der heimlichen Hinrichtung des armen Cyrillus unbekannt geblieben. “Vielleicht”, sprach der Prior, “hattest du dasselbe Schicksal, wenn du wie Cyrillus als Bevollmächtigter unseres Klosters auftratst. Du weißt, daß die Ansprüche unsers Klosters Einkünfte des Kardinals ***, die er auf unrechtmäßige Weise zieht, vernichten; dies war die Ursache, warum der Kardinal mit des Papstes Beichtvater, den er bis jetzt angefeindet, plötzlich Freundschaft schloß und so sich in dem Dominikaner einen kräftigen Gegner gewann, den er dem Cyrillus entgegenstellen konnte. Der schlaue Mönch fand bald die Art aus, wie Cyrill gestürzt werden konnte. Er führte ihn selbst ein bei dem Papst und wußte diesem den fremden Kapuziner so darzustellen, daß der Papst ihn wie eine merkwürdige Erscheinung bei sich aufnahm und Cyrillus in die Reihe der Geistlichen trat, von denen er umgeben. Cyrillus mußte nun bald gewahr werden, wie der Statthalter des Herrn nur zu sehr sein Reich in dieser Welt und ihren Lüsten suche und finde; wie er einer heuchlerischen Brut zum Spielwerk diene, die ihn trotz des kräftigen Geistes, der sonst ihm einwohnte, den sie aber durch die verworfensten Mittel zu beugen wußte, zwischen Himmel und Hölle herumwerfe. Der fromme Mann, das war vorauszusehen, nahm großes Ärgernis daran und fühlte sich berufen, durch feurige Reden, wie der Geist sie ihm eingab, den Papst im Innersten zu erschüttern und seinen Geist von dem Irdischen abzulenken. Der Papst, wie verweichlichte

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