Zwischen Bewegung und Ruhe. Osho
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Dazu waren alle bereit, denn sie liebten ihn.
Einer sagte: „Fünf Jahre“, ein anderer: „Ein Jahr.“
Irgendwer sagte: „Einen Monat.“
Und der Nächste sagte nur: „Einen Tag.“
Ein Geizhals sagte: „Eine Minute.“
Aber selbst das – selbst das, überlegt nur mal, lacht nicht –
selbst eine Minute Leben ist nicht zu verachten.
Wenn man stirbt, ringt man um jede einzelne Minute.
Dann trat Mulla Nasruddin vor, der auch da war. Er war
zwar kein Jude, aber auch er liebte jenen Mystiker.
Und er sagte: „Zwanzig Jahre!“ Keiner konnte das glauben.
Ein Jude, der direkt hinter ihm saß, zupfte ihn am Ärmel
und fragte: „Was machst du da, Nasruddin? Bist du von
Sinnen? Zwanzig Jahre! Ist das dein Ernst? Viel zu viel!
Bist du wahnsinnig? Dabei bist du noch nicht mal ein Jude!“
Nasruddin erwiderte: „Vom Leben meiner Frau!“
Niemand will etwas abgeben. Und solange man nichts abgeben kann, bekommt man auch selbst nichts mehr – weil man gar nicht fähig ist, es zu empfangen, weil man es gar nicht wert ist. Wer fordert, der verliert; wer gibt, dem wird gegeben.
Dieses Leben ist so schon mehr als genug. Freut euch ekstatisch, selbst über Winzigkeiten. Erhebt selbst eure Mahlzeit zum Sakrament. Selbst anderen die Hand zu geben sollte ein frommer Akt sein, sollte ein Geschenk sein. Schon mit anderen zusammen zu sein sollte euch zutiefst beglücken – denn das, was euch geboten wird, gibt es sonst nirgendwo.
Sosan sagt:
Wer dem einen Weg folgen will,
darf nichts gegen die Welt der Sinne und Ideen haben;
Ihr dürft die Welt der Sinne nicht ablehnen, so wenig wie die Welt der Ideen und Vorstellungen; denn die haben ihre ganz eigene Schönheit. Darf man denn eine Idee ablehnen, nur weil man nichts mit ihr anfangen kann? Sie ist eine wunderschöne Blume. Der Verstand kann durchaus auch seine guten Seiten haben.
Gurdjieff lehrt – und das trifft vor allem auf den heutigen Menschen zu –, dass all eure Energiezentren durcheinandergeraten sind. Ihre Reinheit ist verloren gegangen; jedes kommt mit allen anderen ins Gehege. Und damit hat er recht. Wenn ihr euch liebt, wird der Verstand nicht gebraucht, doch der Verstand redet euch ständig drein. Im Grunde liebt ihr euch mit dem Verstand, nicht mit dem Sexzentrum.
Sex ist nicht schlecht; der Sex hat eine ganz eigene Schönheit – er ist ein Aufblühen, ein tiefes Teilen, eine tiefe Begegnung von zwei Menschen. Doch der Verstand geht ständig dazwischen. Dann wird er abstoßend, denn der Verstand ist ein Störenfried. Dafür wird sich das Sexzentrum auf seine Art rächen… Wenn ihr euch in die Bhagvadgita, den Koran oder die Bibel vertiefen wollt, macht euch der Sex einen Strich durch die Rechnung, denn ihr denkt ständig an Sex. Ihr habt dem Sexzentrum dreingeredet, deswegen stört es euch; es will sich irgendwann rächen. Schaut euch eure Werbung an: Wenn ihr eine Ware anbietet, muss man ihr erst mal Sexappeal verpassen. Egal ob Auto oder Zahnpasta – es muss eine nackte Frau dabei sein. Ohne eine nackte Frau läuft nichts. Egal was! Als ginge es gar nicht um die Zahnpasta – nein, was zählt, ist die nackte Frau, der Sex. Wer Seife verkaufen will, wird sie ohne einen schönen nackten Körper nicht los.
Ich habe gehört:
Ein italienisches Model, eine Frau, die jahrelang für Seifen geworben hatte, aber langsam alt wurde und keine Aufträge mehr bekam, wurde einmal gefragt: „Welche Seife benutzen Sie eigentlich wirklich?“ Sie erwiderte: „Gar keine. Jede Seife zerstört nämlich die Sanftheit der Haut. Ich reinige meinen Körper nur mit nasser Wolle – darum ist er so schön!
Aber ich habe für alle möglichen Seifen Reklame gemacht – und sie verkaufen sich gut!“
An seinem hundertsten Geburtstag fragte ich Mulla
Nasruddin: „Verrate mir bitte das Geheimnis deines langen Lebens.“
Er erwiderte: „Wart eine Woche, dann wird alles geregelt sein. Dann kann ich’s dir sagen.“
Ich fragte verwundert: „Warum, was gibt es denn da zu regeln?“
Er darauf: „Unzählige Firmen sind hinter mir her, also muss mein Anwalt erst einmal alles regeln: welche Vitamine geholfen haben, was ich gegessen habe. Im Augenblick weiß ich das noch nicht, aber in einer Woche sind die Verträge unterschrieben, dann wissen es alle.“
Ideen sind an sich was Tolles – daran ist nichts auszusetzen. Alles ist gut, wenn es am rechten Platz ist. Wenn es da nicht hingehört, wird alles schlecht; dann passt es nie.
Und genau daran hapert es bei euch: Alles ist am falschen Platz. Wenn ihr euch liebt, funkt der Verstand dazwischen; wenn ihr meditiert, funkt der Sex dazwischen. Wenn ihr esst, mischt sich der Verstand ein. Wenn ihr einschlafen wollt, müsst ihr ans Essen denken. Alle Zentren sind drunter und drüber – ein einziges Durcheinander… chaotisch.
Sorgt dafür, dass jedes Zentrum rein ist, sodass es zur rechten Zeit so funktioniert, wie es soll; jedes einzelne hat seine Zeit und seine Stimmung und kommt irgendwann dran: Achtet darauf, dass sie sich nicht mischen. Und fangt beim Verstand an; denn der ist der große Störenfried, das lärmende Großmaul, das überall seinen Senf dazugeben und alles bestimmen will. Lasst euch nicht unterkriegen! Jeder Sinn muss rein sein und um seiner selbst willen genossen werden; der Verstand braucht seine Nase nicht in alles zu stecken. Dann wird euch auch, wenn ihr euren Verstand genießen wollt, kein anderes Zentrum dazwischenfunken; denn die übrigen Zentren sind naiv.
Nur der Verstand ist gerissen – darum hört ihr ja auf ihn; denn Verstand ist ein mit allen Wassern gewaschener Politiker, und eure Sinne sind dagegen einfache Leute. Auch der Sex ist einfach, doch der Verstand macht ihn immer schlecht. Dann ist das Sexzentrum gezwungen, seine Energie in falsche Kanäle zu lenken. Genießt jeden Sinn um seiner selbst willen – und werdet zu ihm, wenn ihr ihn genießt! Sodass keine überschüssige Energie woanders hingeht und er seine gesamte Energie zur Verfügung hat. Jetzt hat weder Verstand noch sonst jemand etwas hier zu suchen: Werde zur Sexenergie! Wenn du hungrig bist, werde zum Hunger und iss, als hätte jede deiner Körperzellen Heißhunger, und lass sie genießen.
Und wenn du nachdenken willst, setz dich unter einen Baum und schließe die Augen – genieße deine Gedanken. Nichts ist verkehrt an ihnen. Genieße sie als eine Art Aufblühen, als eine herrliche Blütezeit – eine große Poesie ganz eigener Art. Dann klärt sich alles, dann wird dein getrübter Bach kristallklar, dann legt sich der Schlamm und du kannst bis auf den Grund sehen.
Denn nur wer sie restlos akzeptiert,
kann wahrhaft erleuchtet sein.
Wer sich voll und ganz so, wie er ist, akzeptieren kann, ist erleuchtet. Glaubt nicht, dass euch bei der Erleuchtung Lichter und Visionen erscheinen – barer Unsinn. So was kann unterwegs zwar vorkommen, gehört aber noch zum Verstand,