Die dreißig tolldreisten Geschichten. Оноре де Бальзак

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Die dreißig tolldreisten Geschichten - Оноре де Бальзак

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zuschanden zu machen. So eine arme Frau verfängt sich in ihrem Glück wie in einem Netz, und der Geliebte denkt nicht mehr an all die tausend Kleinigkeiten, die ihn verraten könnten. Ein abgerissener Knopf, ein paar vergessene Sporen, eine ausgegangene Ärmelfranse, irgendein hämischer Zufall, und das Unglück ist geschehen; das Schwert fährt brutal dazwischen, und oft genug steht der blutige Tod am Ende eines so lustigen Spiels. Aber ein rechter Verliebter macht auch dem Tod keine böse Miene, denn es gibt unrühmlichere Arten zu sterben als durch den Degen des Ehemannes. Vielmehr ist ein solcher Tod als ein ganz besonders glücklicher zu preisen, wenn man anders beim Tod von Glück reden darf.

      Also tragisch aber endete die Liebe zwischen der Frau Konnetable und Charles de Savoisy.

      Eines Morgens bei seinem Erwachen sah der Konnetable eine gute und freundliche Stunde vor sich; er hatte mit seinen Leuten den Herzog von Burgund bei Lagny in die Flucht geschlagen, und so kam ihm der Einfall, seiner lieben Frau einmal ›Guten Morgen‹ zu wünschen. Sanft und zaghaft wollte er sie aufwecken, damit sie nicht böse werde; sie aber war so eingemummt in den dicken Schlaf des Morgens, und ohne die schweren Augenlider zu öffnen, sagte sie:

      »Lass mich doch, Charles.«

      Das war ein Heiligenname, der nicht zu den Patronen des Konnetable gehörte. Ohne sich weiter um seine Frau zu kümmern und mit blutunterlaufenen Augen und bloßem Degen stürzte er nach der Kammer, wo die Zofe der Gräfin schlief; er dachte ganz richtig, dass die ihre Hand mit im Spiel haben könnte.

      »Verteufelte Kupplerin«, schrie er, »sprich dein Gebet, du musst sterben, und das wegen eines gewissen Charles, der durch die Träume der Herzogin geht.«

      »Ach, gnädiger Herr«, antwortete das Mädchen frech, »Ihr habt wohl selber geträumt?«

      »Nicht gefackelt!« brüllte der Konnetable. »Wie eine Fliege auf eine Stecknadel, so spieße ich dich auf mein Schwert, wenn du mir das geringste verheimlichst.«

      »Spießt mich«, schrie das Mädchen, »von mir werdet Ihr nichts erfahren.«

      Das war eine tapfere Antwort. Aber der Konnetable in seiner Wut hatte dessen nicht acht. Er stieß dem Mädchen sein Schwert in den Hals und raste zurück nach dem Zimmer seiner Frau. Unterwegs auf der Treppe begegnete ihm sein Stallmeister, den das Geschrei der Zofe aufgeweckt hatte.

      »Schau einmal oben nach«, sagte der Konnetable zu seinem Diener, »es scheint mir, dass ich die Billette ein wenig zu heftig gekitzelt habe.«

      Nach diesen Worten stürmte er in das eheliche Schlafgemach.

      Dort im Angesicht der Gräfin riss er seinen Sohn aus dem Bett, der geschlafen hatte wie ein Engel, und zerrte ihn vor das Lager der Mutter, die, von dem Geschrei des Knaben erweckt, in die Höhe fuhr. Mit Schreck und Erstaunen sah die Mutter ihren Liebling an der Hand ihres Gemahls, dessen rechte Hand mit Blut überlaufen war und der sie aus roten Augen fürchterlich anstierte.

      »Was gibt's?« stotterte sie.

      »Schöne Frau«, antwortete der Mann der raschen Tat, »ist dieses Kind der Sohn meiner Lenden, oder ist es der Bankert des Savoisy, Eures Freundes?«

      Bei diesen Worten erbleichte die Gräfin. Wie eine Löwin auf ihr Junges warf sie sich auf ihr Kind. »Er ist Euer Sohn«, rief sie.

      »Wenn Ihr den Kopf des Kindes nicht zu Euren Füßen sehen wollt, berichtet und antwortet mir wahr und wahrhaftig. Ihr habt einen Geliebten?«

      »Was soll das?«

      »Wer ist es?«

      »Nicht Savoisy, und ich kann Euch nicht den Namen eines Mannes nennen, den ich nicht kenne.«

      Da ergriff der Konnetable den Arm seiner Frau und erhob sein Schwert. Damit schnitt er ihr das Wort vom Munde ab; aber sie warf ihm einen stolzen und kalten Blick zu. »Oh, töte mich«, rief sie; »aber rühre mich nicht an!«

      »Nein, du sollst leben«, antwortete der Mann. »Du sollst härter gestraft werden als mit dem Tod.« Mit diesen Worten verließ er das Zimmer. Er wollte ihr keine Zeit lassen zu Bitten und Tränen und den tausend weiblichen Listen und Verschlagenheiten, gegen die er, wie er wohl wusste, ohne Waffen gewesen wäre.

      Er rief alle seine Leute zusammen, und alles zitterte bei seinem Anblick; es war ihnen nicht anders, als ob der Jüngste Tag gekommen sei und sie ständen vor dem ewigen Richter.

      Keiner von ihnen wusste, was der Konnetable hinter seinem peinlichen Examinieren und Verhören im Schild führte, keiner konnte ihm was Rechtes sagen; aber soviel wurde ihm doch klar aus dem vielen Hin und Her, dass kein männlicher Schlossbewohner seine Finger in die schmutzige Sauce getunkt hatte – mit Ausnahme eines Hundes, den er im Garten als Wächter aufgestellt und der stumm geblieben war. Der Konnetable ergriff das Tier und erwürgte es zwischen seinen Fäusten. Mit großen Schritten ging er im Saal auf und ab, und seine Wut folgte ihm auf den Fersen. Erst mit der Zeit wurde er ein wenig ruhiger und überlegte. Nicht anders als durch den Garten konnte der Vizekonnetable in das Haus gekommen sein; denn von dort führte eine kleine Pforte nach dem Ufer des Flusses hinaus.

      Nämlich es lag dieser Palast Armignac, das sei gesagt für diejenigen, die es nicht schon wissen, im Viertel von Sankt Paul, ganz in der Nähe der damaligen königlichen Hofhaltung, ungefähr auf der Stelle, wo man später das Schloss derer von Longueville gesehen hat. Das steinerne Hauptportal des Schlosses in der Rue de Saint-Antoine war wohlverwahrt und befestigt; ebenso war die hohe Mauer längs des Flusses gegenüber der kleinen Insel, die man die Kuhinsel hieß und wo heute der Kieshafen angelegt ist, mit Trutz- und Schutztürmen versehen und unübersteigbar. Eine Zeichnung davon besaß lange Zeit der Herr Kardinal von Duprat, der Kanzler des Königs.

      Je mehr der Konnetable nachdachte, desto mehr hefteten sich seine Gedanken an jene kleine Gartenpforte, und er dachte sich einen Plan aus, wie man ihm keinen bessern hätte schenken können und womit er den galanten Eindringling fangen musste gleich einem Hasen in der Schlinge.

      »Beim Schwanz des Teufels«, rief er, »der Hörnerlieferant soll mir nicht entgehen, und ich habe Zeit, darüber nachzudenken, was ich ihm für einen Empfang bereiten will.«

      Und folgendes war der Kriegsplan des haarigen Konnetable, der noch vor wenigen Tagen den guten Herzog Johann ohne Furcht vor sich hergejagt hatte wie Spreu im Winde. Eine Anzahl seiner ergebensten Armbrustschützen postierte er in die Mauertürme am Flussufer und gab ihnen Befehl, ohne Ansehen der Person, die Frau Konnetable ausgenommen, jedermann niederzustrecken, der Miene machen sollte, sei es bei Tag oder bei Nacht, sich aus dem Garten zu stehlen oder jemand hineinzulassen. Dieselben Maßregeln traf er am Hauptportal.

      Allen Hausbewohnern, den Kaplan inbegriffen, war es unter Todesstrafe verboten, das Haus zu verlassen. Die Überwachung der Straßen, die von zwei Seiten her auf den Palast zuführten, vertraute der Konnetable den Soldaten seiner Leibwache: so war es ganz unmöglich, dass der nicht brühwarm ergriffen wurde, der ahnungslos zur gewohnten Stunde angezogen kam, um sonder Rücksicht dort sein Banner aufzupflanzen, wo der Herr von Armignac allein das Recht dazu besaß.

      Kein noch so schlauer Fuchs konnte diesen vielfachen Fallen entgehen, es sei denn, dass ihm Gott seine besondere Hilfe gesandt hätte, etwa wie sie dem heiligen Petrus durch unsern Herrn und Heiland widerfuhr, der ihn verhinderte, in der Tiefe zu versinken, als er eines Tages auf den Einfall kam und versuchen wollte, ob das Wasser etwa Balken hätte.

      Der Konnetable hatte einen Strauß mit denen von Poissy auszufechten, und kaum von der Tafel aufgestanden, musste er sich unverweilt zu Pferd setzen. Das wusste die arme Gräfin

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