Die dreißig tolldreisten Geschichten. Оноре де Бальзак

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die dreißig tolldreisten Geschichten - Оноре де Бальзак страница 30

Die dreißig tolldreisten Geschichten - Оноре де Бальзак

Скачать книгу

Austern vor sich habe just in dem Augenblick, wenn einem Gott einen Gedanken schickt, den man ihr mitteilen kann. Der Kardinal warf die Frage auf, was köstlicher sei für ein Weib, der erste oder der letzte Kuss, und erhielt von der Beaupertuys die Antwort, dass man sich wohl für den letzten entscheiden müsse, da eine Frau dann genau weiß, was sie verliert, während sie beim ersten noch nicht weiß, was sie zu erwarten hat. Über solchen Reden und andern, die zum Unglück der Wissenschaft verlorengegangen sind, kamen die sechstausend Goldgulden an, die mindestens den Wert von dreimalhunderttausend Francs hatten nach unserem heutigen Geld, was auch wieder beweist, wie wir in allen Stücken nur ärmer werden. Der König ließ sie auf einem wohlerleuchteten Tisch aufhäufen, und man konnte beobachten, wie die Augen seiner Freunde bei diesem Anblick unwillkürlich aufblitzten; sie mussten sogar selber darüber lachen. Auch die drei Geizhälse erschienen, blass und zitternd vor Furcht, ausgenommen Meister Cornelius, der mit den Launen und Einfällen seines Königs vertraut war.

      »Ihr lieben Leute«, sprach Ludwig, indem er auf den Haufen Goldstücke wies, »wie gefällt euch das?«

      Ihr könnt euch denken, was für Blicke die drei nach dem goldnen Haufen warfen. Die Diamanten der Beaupertuys waren trüb im Vergleich zu dem stechenden Gefunkel ihrer kleinen Grauäuglein.

      »Das soll euer sein«, setzte der König hinzu.

      Da sahen die drei Filze nicht mehr die Dukaten, sondern sahen sich selber an, einer den andern, und ich sage euch, drei alte zahnlose Affen, die eine dicke welsche Nuss beschnüffeln und beäugeln, schneiden keine verzwickteren Grimassen und drolligeren Gesichter als diese drei.

      »Bei der Jungfrau«, sprach der König, »dem von euch dreien, der, die Hand auf dem Golde hier, den andern dreimal hintereinander sagt: ›Ihr könnt mich am Hintern küssen‹, soll der ganze Haufen gehören, nur mag er sich in acht nehmen, dass er ernst dabei bleibt wie ein Fliegerich, der seine Nachbarin notzüchtigt. Wer auch nur im geringsten das Maul zum Lachen verzieht, zahlt der Frau des Hauses einen Dukaten. Es darf aber jeder die Probe dreimal machen.«

      »Das will ich schnell gewonnen haben«, sagte Cornelius, dessen Mund in der Eigenschaft als Holländer ebenso ernst und verschlossen war wie der Mund der Beaupertuys, deren anderer Mund sich doch gern jeder Spaßigkeit offen und zugänglich zeigte.

      Er legte also entschlossen die Hand auf die Taler und sagte höflich zu den beiden andern: ›Küsst mich am Hintern.‹ Die beiden Geizkragen fürchteten nicht umsonst den holländischen Ernst, sie antworteten: ›Wohl bekomm's!‹ so etwa, wie wenn er geniest hätte.

      Die ganze Gesellschaft und Cornelius selber musste lachen.

      Als der alte Marchandeau seine Hand nach den Dukaten ausstreckte, prickelte und kitzelte ihn der Lachreiz derartig, dass sein altes Gesicht, das von Blatternarben durchlöchert war wie ein Sieb, das Lachen so wenig zurückhalten konnte wie ein Seiher das Wasser oder ein alter sprüngiger Ofen den Rauch. Es drang mit Gekicher durch alle Poren, er konnte schon gleich kein Wort hervorbringen.

      Jetzt kam die Reihe an den Rosenkranzhändler, ein kleines, spaßiges Männlein; seine Lippen waren zusammengezogen wie der Hals eines Gehängten. Er ergriff eine Handvoll Dukaten, blickte die andern der Reihe nach an, den König nicht ausgenommen, und mit lauernder Pfiffigkeit sagte er:

      »Ihr könnt mich am Hintern küssen.«

      »Ist er auch sauber?« fragte Marchandeau.

      »Ihr könnt ihn euch ansehen«, antwortete ernst der Rosenkränzler.

      Der König fürchtete schon für seine Dukaten; denn Peccard war bereits daran, das sakramentale Wort ohne das geringste Lachen zum dritten Male auszusprechen, als ihm die Beaupertuys ein Zeichen machte, wie wenn sie sagen wollte: »Ich auch?«, worüber der zusammengepresste Mund des Bigotterienhändlers ein pfuchzendes Lachen fahrenließ gleich einem Furz.

      »Wie hast du es nur fertiggebracht, so lange ernst zu bleiben?« fragte Dunois.

      »Ich habe«, antwortete der Mann, »zuerst an meinen Prozess gedacht, der morgen zur Verhandlung kommt, und dann an meine Frau, die eine verdammte Kratzbürste ist.«

      Aus Gier nach dem Haufen Gold versuchten sie das Spiel nun noch einmal und belustigten wohl eine Stunde den König durch ihre Vorbereitungen, Gesichtsverzerrungen, Fratzen, Grimassen und andere Affigkeiten; aber wie große Duckmäuser sie auch waren und ganz und gar von der Art, die den Ärmel mehr liebt als den Arm, war doch zuletzt das Ergebnis kein anderes, als dass jeder von ihnen der Hausfrau dreihundert Taler zahlen musste. Und mit gesenkten Ohren zogen sie ab.

      »Majestät«, sagte Nicole, »wollt Ihr es nicht auch einmal mit mir probieren?«

      »Papperlapapp«, erwiderte Ludwig lachend, »ich will ihn Euch gern küssen, aber so teuer darf's nicht sein.«

      Das war noch ein haushälterischer König. Er hat es auch in anderen Fällen bewiesen.

      Natürlich fanden auch die Freunde des Königs die dicke Nicole nach ihrem Geschmack und beehrten sie mit gelegentlichen Nachstellungen. Der vollblütige Kardinal La Balue trieb den Scherz eines Abends in Worten und Handgriffen um ein beträchtliches weiter, als es das kanonische Recht vorschreibt, aber die Beaupertuys war nicht auf den Kopf gefallen.

      »Glaubt mir«, sagte sie zu dem Kardinal, »das Ding, das mein König liebt, braucht noch lange nicht die letzte Ölung.«

      Auch Meister Olivier, der Barbier, trug ihr galant seine Dienste an.

      »Nun«, sagte sie, »ich werde den König fragen, ob er erlaubt, dass ich mich rasieren lasse.« Da Meister Olivier nicht einmal um Verschwiegenheit bat, schöpfte sie den Verdacht, die beiden könnten im Auftrag und auf Anstiften des Königs gehandelt haben, dessen Eifersucht sie erweckt haben mochte. Am König selber konnte sie sich nicht rächen, sie beschloss also, sich an seine beiden Affen zu halten und ihnen einen Possen zu spielen, an den sie denken sollten. Sie wusste, dass sie zugleich dem König damit das größte Gaudium machte.

      Als nun König Ludwig wieder einmal zum Abendessen kam, hatte Nicole eine Dame von hohem Rang bei sich, die Seine Majestät gern gesprochen hätte, um die Begnadigung ihres Mannes zu erflehen. Da gedachte die geriebene Nicole nicht nur zwei, sondern drei Mücken mit einer Klappe zu schlagen: die königlichen Hanswürste zu prellen, ihrem Ludwig einen gespaßigen Abend zu machen und die genannte Dame, ihre Freundin, in die königliche Gunst einzuschmuggeln. Denn diese Dame sollte ihr bei der Posse behilflich sein.

      Sie nahm darum den König auf die Seite und sagte ihm, dass es heut einmal einen Spaß geben sollte, wie es noch keinen gegeben habe. Er solle nur die Herren bei Tisch in guter Esslaune erhalten, sie gehörig nötigen, dass sie bis zum Übermaß schöpften und schenkten, und sie nach aufgehobener Tafel nicht aus dem Auge lassen, sie festhalten, sie zappeln lassen, so werde er Gesichter und Grimassen sehen, wie er noch keine gesehen, also dass er gewiss die Dame für ihre Beihilfe an dem saftigen Spaß nur so überschütten werde aus dem Füllhorn seiner königlichen Gunst und Gnade.

      »Zu Tisch, meine Herren!« rief der König, in den Saal tretend, »die Jagd war lang, ich habe einen Hunger wie sieben.« Es waren aber gegenwärtig der buckelige Barbier, der Kardinal, ein fetter Bischof, der Hauptmann der schottischen Leibwache und ein Abgesandter des Parlaments. Diese ganze Gesellschaft folgte nun den Damen in die Halle an den gedeckten Tisch und machte sich alsbald mit Fleiß und Eifer daran, sich die Wämser zu wattieren. Was das heißen will? Das will heißen, sich den Magen zu laden wie eine Bombe, die Retorte zu heizen, die Platten zu leeren, mit dem Degen des Kain einzuhauen, gebratene Leichname zu begraben, aus seinem Maul eine Mühle zu machen und aus seinen Zähnen Mühlsteine, philosophischer

Скачать книгу