Szenen aus dem Landleben. Оноре де Бальзак

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Szenen aus dem Landleben - Оноре де Бальзак страница 30

Szenen aus dem Landleben - Оноре де Бальзак

Скачать книгу

sagte Genestas zu ihr, »Sie tun sehr Unrecht, hier ganz allein zu bleiben; in einem so reizenden Käfig, wie dem hier, müssten Sie einen Ehemann haben.«

      »Das ist wahr,« antwortete sie, »doch was wollen Sie, mein Herr? Ich bin arm und bin schwer zu behandeln. Ich fühle mich nicht immer bei Laune, die Suppe auf die Felder zu bringen oder einen Karren zu fahren, das Unglück derer, die ich lieben würde, zu fühlen, ohne es beseitigen zu können, den ganzen Tag über Kinder auf meinen Armen zu tragen und eines Mannes Lumpen zu flicken. Der Herr Pfarrer hat mir gesagt, solche Gedanken wären wenig christlich, ich weiß das auch, doch was soll ich tun? An gewissen Tagen esse ich lieber ein Stück trockenes Brot als mir etwas zu Mittag zuzubereiten. Warum soll ich einen Mann durch meine Fehler betrüben? Er würde sich vielleicht umbringen, um meine Launen zu befriedigen, und das würde nicht billig sein. Genug, man hat mir ein übles Los geworfen und ich muss es ganz allein tragen.«

      »Überdies ist sie als Nichtstuerin geboren, meine arme Fosseuse,« sagte Benassis, »man muss sie nehmen, wie sie ist. Doch was sie Ihnen da sagt, beweist, dass sie noch niemanden geliebt hat,« fügte er lachend hinzu. Dann stand er auf und ging einen Augenblick auf den Rasenplatz.

      »Sie müssen Monsieur Benassis sehr lieb haben?« fragte Genestas sie.

      »Oh! ja, mein Herr! Und gleich mir haben sehr viele Leute im Bezirke Lust, sich für ihn in Stücke zu reißen. Ihm aber, der andere Menschen heilt, fehlt etwas, was nichts heilen kann. Sie sind sein Freund, Wissen Sie vielleicht, was er hat? Wer hat denn einem Manne wie ihm Kummer bereiten können, ihm, der das wahre Abbild des lieben Gottes auf Erden ist? Ich kenne hier mehrere Leute, die glauben, dass ihr Getreide besser wächst, wenn er morgens an ihren Feldern entlang gekommen ist.«

      »Und Sie, was glauben Sie?«

      »Ich, mein Herr, wenn ich ihn gesehen habe ...«

      Sie schien zu zögern, dann fügte sie hinzu:

      »Bin ich den ganzen Tag über glücklich ...«

      Sie senkte den Kopf und führte ihre Nadel mit merkwürdiger Schnelligkeit.

      »Nun, der Rittmeister hat Ihnen wohl etwas von Napoleon erzählt?« fragte der Arzt, der wieder hereinkam.

      »Der Herr hat den Kaiser gesehen?« rief die Fosseuse, das Gesicht des Offiziers mit leidenschaftlicher Neugier betrachtend.

      »Wahrhaftig!« sagte Genestas, »mehr als tausendmal.«

      »Ach, wie gerne würde ich etwas vom Militär hören.«

      »Morgen. Wir werden vielleicht eine Tasse Milchkaffee bei Ihnen trinken. Und man wird dir ,etwas vom Militär< erzählen, mein Kind,« sagte Benassis, sie um den Hals fassend und auf die Stirn küssend. – »Das ist meine Tochter, sehen Sie!« fügte er, sich nach dem Major umdrehend, hinzu; »wenn ich sie nicht auf die Stirn geküsst habe, fehlt mir den Tag über etwas.«

      »Oh, Sie sind sehr gut.«

      Sie verließen sie; doch sie folgte ihnen, um sie zu Pferde steigen zu sehen. Als Genestas im Sattel saß, flüsterte sie Benassis ins Ohr:

      »Wer ist der Herr denn?«

      »Ah! Ah!« antwortete der Arzt, den Fuß in den Steigbügel setzend, »vielleicht ein Mann für dich ...«

      Sie blieb stehen, damit beschäftigt, sie die Straßenschleife hinunterreiten zu sehen; und als sie am Ende des Gartens vorbeikamen, sahen sie sie bereits auf einen Steinhaufen geklettert, um sie noch zu sehen und ihnen noch ein letztes Mal zuzunicken.

      »Dies Mädchen hat etwas ganz Ungewöhnliches,« sagte Genestas zum Arzte, als sie weit vom Hause entfernt waren.

      »Nicht wahr?« antwortete er. »Ich habe mir zwanzigmal gesagt, dass sie eine reizende Frau abgeben würde; aber ich könnte sie nicht anders lieben, als wie man seine Schwester oder seine Tochter liebt; mein Herz ist tot.«

      »Hat sie Verwandte?« fragte Genestas. »Was tun ihr Vater und ihre Mutter?«

      »Oh, das ist eine ganze Geschichte,« erwiderte Benassis. »Sie besitzt weder Vater noch Mutter, noch Verwandte mehr. Für alles, einschließlich ihres Namens, habe ich mich interessiert. Die Fosseuse ist im Flecken geboren. Ihr Vater, ein Tagelöhner aus Saint-Laurent-du-Pont, hieß le Fosseur, eine Abkürzung zweifelsohne von Fossoyeur (Totengräber); denn seit undenklichen Zeiten war das Amt, die Toten zu begraben, in seiner Familie geblieben. In diesem Namen sind alle Melancholien des Friedhofs enthalten. Kraft einer römischen Sitte, die sich hier, wie in einigen anderen französischen Landstrichen, noch erhalten hat, und die darin besteht, Frauen den Namen ihrer Ehemänner zu geben, indem man eine weibliche Endung daranfügt, ist das Mädchen nach ihres Vaters Namen die Fosseuse genannt worden. Dieser Tagelöhner hatte aus Liebe die Kammerfrau, ich weiß nicht, welcher Gräfin, geheiratet, deren Besitzung einige Meilen von dem Flecken entfernt liegt. Hier, wie in allen Landkreisen, hat Liebe wenig mit Heiraten zu tun. Gewöhnlich wollen Bauern eine Frau, um Kinder zu bekommen, um eine Haushälterin zu haben, die eine gute Suppe kocht und ihnen ihr Essen aufs Feld bringt, die Hemden webt und ihre Kleider flickt. Seit langem war solch ein Abenteuer im Lande nicht vorgekommen, wo ein junger Mann häufig seine »Verlobte« um eines jungen Mädchens willen verlässt, die drei oder vier Arpents Land mehr als sie besitzt. Das Schicksal des Fosseur und seiner Frau ist nicht glücklich genug gewesen, um unsere Dauphineser von ihren eigennützigen Berechnungen abzubringen. Die Fosseuse, die eine hübsche Person war, ist bei der Geburt ihrer Tochter gestorben. Der Mann nahm sich diesen Verlust so zu Herzen, dass er ihr im selben Jahre nachgefolgt ist, seinem Kinde nichts weiter auf der Welt wie ein schwankendes und natürlicherweise sehr unsicheres Leben hinterlassend. Aus Barmherzigkeit wurde die Kleine von einer Nachbarin aufgenommen, die sie bis zum Alter von neun Jahren aufzog. Die Ernährung der Fosseuse wurde eine zu schwere Last für die gute Frau, und sie schickte ihr Mündel im Sommer, wo es Reisende auf den Straßen gibt, zum Brotbetteln fort. Als die Waise eines Tages bettelnd ins Schloss der Gräfin gekommen war, wurde sie in Erinnerung an ihre Mutter dortbehalten. Sie wurde dann erzogen, um eines Tages die Kammerjungfer der Tochter des Hauses zu werden, die sich fünf Jahre später verheiratete. Während dieser Zeit ist die arme Kleine das Opfer aller Launen der reichen Leute gewesen, die in ihrer Mehrzahl weder Beständigkeit noch Folgerichtigkeit in ihrem Edelmute zeigen. Wohltätig aus Anwandlung oder Laune, bald Freunde, bald Herren und bald Beschützer, verschiefen sie die ohnehin schon schiefe Stellung der unglücklichen Kinder, für die sie sich interessieren und spielen sorglos mit deren Herzen, Leben oder Zukunft, indem sie diese für etwas Geringfügiges halten. Die Fosseuse wurde anfänglich fast die Gefährtin der jungen Erbin: man lehrte sie lesen und schreiben und ihrer zukünftigen Herrin machte es manchmal Spaß, ihr Musikstunden zu geben. Abwechselnd ließ man sie Gesellschafterin und Kammerfrau sein und machte ein unvollkommenes Wesen aus ihr. Sie fand Geschmack an Luxus und Putz und nahm Manieren an, die im Missverhältnis zu ihrer wirklichen Lage standen. Später hat das Unglück ihre Seele mit rauer Hand verändert, hat aber das vage Gefühl einer höheren Bestimmung in ihr nicht auszulöschen vermocht. Eines Tages endlich – ein recht düsterer Tag war es für das arme Mädchen – überraschte die inzwischen verheiratete junge Gräfin die Fosseuse, die nur noch ihre Kammerjungfer war, mit einem ihrer Ballkleider angetan vor einem Spiegel tanzend. Die damals sechzehnjährige Waise wurde daraufhin mitleidslos fortgeschickt. Ihre Indolenz ließ sie ins Unglück zurücksinken, auf den Straßen herumirren, betteln und arbeiten, wie ich Ihnen erzählt habe. Oft wollte sie sich ins Wasser stürzen, manchmal sich dem Nächstbesten an den Hals werfen; die meiste Zeit über schlief sie in der Sonne längs einer Mauer, düster, nachdenklich, den Kopf im Grase. Die Reisenden warfen ihr dann einige Sous zu, eben weil sie nichts verlangte. Ein Jahr lang ist sie im Hospital in Annecy gewesen, nach einer arbeitsreichen Ernte, in der sie nur in der Hoffnung zu sterben

Скачать книгу