Trumpism. Regula Stämpfli

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allem um Eigenmarketing. Demokratie? Gerechtigkeit? Gleichheit vor dem Gesetz? Wohlstand? Bildung für alle? Völlig egal, solange die Einschaltquoten, die Retweets, der Zitationskatalog der diversen Medienbanken und die Wiederwahl passen. Schon Barack Obama war ein genialer Verkäufer – Donald Trump hat es ihm nur nachmachen müssen. Beide haben erkannt, dass Wahlen dadurch zu gewinnen sind, wenn man in erster Linie sich selbst verkauft. Dadurch gibt man übrigens auch den Gegnern die Möglichkeit, sich selbst zu verkaufen. Demokratie als Konsum kennt eben keine politischen Grenzen. Hat beispielsweise die Korruption der FIFA der Fußballeuphorie von Milliarden Abbruch getan? Nicht wirklich. Also. Wer es schafft, sich zu verkaufen, spielt in den westlichen Demokratien sehr schnell und sehr erstaunlich in der Spitzenliga.

      Dieser Wirklichkeitsverlust durch die ständige Demokratie-Inszenierung, durch diese scripted reality wird durch die Kennzeichnung als »Die Empörungsdemokratie« (Bernhard Pörksen, »NZZ«, 15.2.2018), »Die Aufmerksamkeitsfalle« (Matthias Zehnder) oder »Die informierte Gesellschaft und ihre Feinde. Warum die Digitalisierung unsere Demokratie gefährdet« (Stephan Ruß-Mohl) in ihrer medialen Totalität nicht erfasst. Es geht schon lange nicht mehr darum, dass die Medien ihre Aufgabe nicht richtig wahrnehmen, sondern wie stark die medialen Drehbücher von Brot und Spiele die politische Logik der westlichen Demokratien dominieren. Bei Experten und Journalisten fehlt in dieser Hinsicht die Selbstkritik. Wenige wollen den eigenen Anteil der Selfie-Medien-Marketingtendenzen anerkennen. Dabei wird die Einsicht verpasst, dass durch die Scriptgebung die totalitäre Privatisierung der Politik und aller öffentlichen Belange alle dazu gezwungen werden, sich letztlich selbst zu verkaufen. Eine Demokratie im Privatmodus beschert nur noch Selfie-Medien, Selfie-Politiker, Selfie-Experten, Selfie-Studien, Selfie-Kunst. Deshalb wurde die eigene Markenpflege in den vergangenen 20 Jahren im Journalismus wichtiger als die eigentliche journalistische Arbeit. Umfragewerte, Hitlisten, Trend Topics, Klicks bestimmen die politische Agenda und nicht die realpolitischen Verhältnisse, unter denen Bürger und Bürgerinnen leben. Demokratie oder gar die Wirklichkeit kommen nur dann zur Sprache, wenn sie »sexy« genug für allfällige Aufmacher, Tickermeldungen oder sonstige Aufreger sind. Gestritten wird nicht über Politik, sondern über Fiktion. Deshalb schafft es die Burka unzählige Male in Polit-Talks, während die Armut alleinerziehender Mütter niemanden zu interessieren scheint. Obwohl hunderttausendfach mehr Mütter alleinerziehend und arm sind, als dass es ihnen auch nur im Traum in den Sinn käme, mit Burka durch die Gegend zu laufen.

      Doch Umfrageheinis stellen regelmäßig idiotische »Ja-Nein-Fragen« nach der Burka und verkaufen dies als Politik, was dazu führt, dass auch Politiker sofort die Burka »wichtig« finden und damit Gendertheoretikerinnen auf den Plan rufen. Politische Themen werden also nicht aufgrund der Wirklichkeit, sondern von marktorientierten Ratingagenturen, sprich den Umfrageinstituten erhoben. Dies ist TRUMPISMUS pur. Die Demoskopie-Demokratie inszeniert konstant Wirklichkeits- und Wahrheitsverlust, da stellen die Lügen Trumps eigentlich nur das Tüpfelchen auf dem i dar.

      Journalismus als Marketingperformance verdient nach wie vor viel Geld damit, sich um die wirklichen Themen zu foutieren: Hauptsache, die Quote stimmt. Deshalb gibt es auch so wenig journalistische Recherche in der realen Welt, während die Diskurse, die Metaebenen und die gegenseitigen Beschuldigungen zunehmen. Das Spektakel fasziniert durchwegs, der Schein gewinnt über die Realität. Wissen, Wahrheit, Wirklichkeit treten hinter das diskursive Medienspektakel zurück: Die Demokratie fällt buchstäblich aus dem Blick. Die Eroberung der Welt als Marke in der Informationsindustrie führt dazu, Journalismus mit fiktiven Trend-Topics, Beliebtheitsskala, Lesedauer, Klischees, Diskursen, Umfragewerten, Expertengedöns und Markenwettbewerb zu verwechseln. Darin gleichen sich Medienberichte und Unternehmenspraktiken. »Der Aufstieg der Supermarken«, wie sie Trump um seine dreiste Rollenfassade aufgebaut hat, wurzelt in einer scheinbar harmlosen Idee, die Mitte der 1980er-Jahre von einer Management-theoretikerin entwickelt wurde, dass »Unternehmen, um erfolgreich zu sein, vor allem Marken produzieren müssen und nicht etwa Produkte.« (Naomi Klein in ihrem neuesten Buch »Gegen Trump«, S. 30). Medien müssen seit Längerem keinen Qualitätsjournalismus mehr produzieren, sondern vor allem sich selbst verkaufen. Darin treffen sie sich – wenn auch ständig das Gegenteil behauptet wird – mit dem Präsidenten.

      Kaum ein anderer beherrscht dieses Konzept so gut wie Donald Trump: sowohl in seinen Unternehmen als auch in puncto Medienberichte: Aus Nichts entsteht Werbung, Marken- und Politpräsenz. Im TRUMPISMUS treffen sich alle Marken-Junkies, Selfie-Medien und -Politiker. Politik wird in Talks simuliert, während die Welt draußen unter der Klimaerwärmung, der grassierenden Gewalt gegen Frauen und den Niedriglohnjobs ächzt und stöhnt. Well: Das Markendasein ist bei entsprechendem Aufmerksamkeitswert für die Betroffenen in der realen Welt leider äußerst lukrativ. Die Marken-Selfies in Unternehmen, Politik, Sport, Entertainment und Medien sind nämlich austauschbar und machen so überall Karriere. Journalisten werden Regierungssprecher, Politiker nach ihrer Amtszeit Unternehmensberater, besonders Finanzpolitiker sind begehrte künftige Vorstände bei globalen Großbanken. Die Marke des jeweiligen Akteurs in Medien, Politik oder auch in den Universitäten ist ausschlaggebend, nicht der reale Berufsweg, die reale politische Leistung oder persönliche Bilanz. Die Insignien der Moderne sind beliebig austauschbar.

      Der Aufstieg von Medien und Demokratie zu Supermarken führte dazu, dass nicht die Informationsqualität, sondern das Markenimage über den Erfolg entscheidet. Deshalb gibt es kaum Großprojekte mehr, die von der Demokratie, das heißt von der Öffentlichkeit erfolgreich getragen und durchgeführt werden und wenn doch, sie dann völlig versagen. Denn schon die Vergabe der Projekte beruhte meist auf Images statt auf realen Leistungen. Bei völligem Versagen öffentlicher Projekte ist deshalb auch niemand mehr wirklich verantwortlich: Es wurde ja vor allem ein Image und nicht die Realität versprochen.

      Wer mit Edmund Husserl »zu den Sachen selbst« hinguckt, erschrickt deshalb darüber, wie entscheidend die Fiktionen schon geworden sind. Nachrichten, TV-Talks, Wahlsonntage promoten nicht die Demokratie, sondern in erster Linie den Sender, die Moderatoren, die Experten, die Talk-Hosts. Der Erfolg der Rechtspopulisten in ganz Europa lässt deshalb jedes Journalistenherz hüpfen: Endlich gibt es Action, Drama, Skandal! So folgen Talks, Expertenrunden und Politcafés den klassischen Schemata von Seifenopern: Demokratie dient in erster Linie dem Konsum. Politainment puscht den Warencharakter der Politik und ihre Marktschreier. Ware und Marketingagent werden identisch. Demokratie wird somit Handelsartikel, von Politikexperten in leicht verdauliche Päckchen geschnürt. Dass die Demokratie damit den großen Herausforderungen nicht mehr gewachsen ist, erklärt sich von selbst. Diese »Kauf mich!«-Haltung verbreitet sich in der hochindividualisierten Gesellschaft wie ein Virus. Somit hat die Seifenoper-Demokratie mit echter politischer Partizipation und echten politischen Themen oft so wenig zu tun wie eine Parfümflasche auf dem Misthaufen. Nur Sendeformate wie »Markus Lanz« auf ZDF oder auch der »Club« auf SRF funktionieren besser. Ansonsten dominieren die klassischen Hickhack-Polit-Talks. Gespräche und Demokratie brauchen eben Zeit und Vielfalt. Buntheit sowohl in Bezug auf Gäste als auch Themen. Nicht zuletzt deshalb sind digitale Podcasts so beliebt: Sie erneuern die bisherige Medienlandschaft mit echten Qualitätsstandards, unterschiedlichen Themen und Menschen. Sie bieten auch gute politische und demokratische Lösungen für globale Probleme – nur leider werden sie vom dominanten Seifenopernjournalismus und der Script-Politik noch nicht wirklich wahrgenommen.

      Die paradoxe Wirkung von Donald Trump ist jedoch, dass diese bisher unangefochtene Markeninszenierung vom sogenannten Qualitätsjournalismus stärker hinterfragt wird. Dies ist richtig und wichtig. Schauen wir kurz auf das klassische Presse-Briefing der White House Journalists. Dieses diente jahrzehntelang vorwiegend der Inszenierung von Demokratie, war eine Show für den Präsidenten und ein geniales Marketingtool für die anwesenden Journalisten. Die jeweiligen Pressesprecher oder gar der Präsident selbst traten vor die Auserwählten, berichteten und stellten sich der Presse. Es war ein brillantes Theater, das nichts ans Licht, dafür umso mehr ins Licht rückte.

      Erst die Wahl von Donald Trump veränderte dieses gut eingespielte Ritual und machte das ganze Theater zum totalen Fake. Es gibt für die anwesenden Journalisten kein Wellness-Stück mehr. Sie sehen sich in der Defensive, die Show ist vorbei. Die Journalisten wähnen

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