Total Compensation. Frank Maschmann
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IV. Empirische Evidenz zu Vergütung und Motivation
1. Anreizeffekte bei einfachen Tätigkeiten
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Nachdem im vorigen Abschnitt der theoretische Rahmen für die mikroökonomische Analyse des Zusammenhangs zwischen Vergütung und Motivation skizziert wurde, stellt sich die Frage, ob die daraus gewonnenen Vorhersagen und Empfehlungen einer empirischen Überprüfung standhalten bzw. an welchen Stellen der bisher vorgestellte theoretische Rahmen zu stark vereinfacht.
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Dass bei relativ einfachen Tätigkeiten eine Umstellung von einem Fixlohn hin zu einer erfolgsabhängigen Vergütung in der Regel zu höheren Leistungen führt, wurde u.a. in einer empirischen Studie des Anreizsystems des US-amerikanischen Unternehmens Safelite Glass Corporation eindrucksvoll bestätigt.18 Die Safelite Glass Corporation baut Windschutzscheiben und Fenster in Kraftfahrzeuge ein. In der Ausgangssituation erhielten die Mitarbeiter eine fixe, leistungsunabhängige Vergütung. Nach einem Führungswechsel wurde in den Jahren 1994 und 1995 ein Wechsel hin zu einer Stücklohnvergütung vollzogen, bei der die ca. 3000 Mitarbeiter in der Fertigung anstelle eines Stundenlohns einen Stücklohn pro installiertem Glaselement erhielten. In dem 19-monatigen Beobachtungszeitraum (vor und nach der Veränderung des Vergütungssystems) führte dies zu einer um 44 Prozent höheren Produktivität, was darauf hindeutet, dass die ursprüngliche Fixlohnvergütung für das Unternehmen nicht optimal war. Auch die Mitarbeiter profitierten im Safelite-Fall von dem Übergang zu dem Stücklohnmodell, da dadurch ihre Vergütung im Durchschnitt um 10 Prozent stieg.
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Seit der Safelite-Studie hat eine Vielzahl weiterer Studien bestätigt, dass bei einfachen Tätigkeiten eine Fixlohnvergütung in der Regel zu suboptimalen Ergebnissen führt.19
2. Mehrere Tätigkeiten
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Verschiedene neuere empirische Arbeiten wenden sich der Frage zu, welche Wirkung monetäre Anreize in einem Multi-Tasking-Umfeld entfalten. Im Vordergrund steht dabei die Frage, ob finanzielle Anreize für eine Tätigkeitsdimension zu geringer Leistung in den anderen Tätigkeitsdimensionen führen, wie es die Prinzipal-Agenten-Theorie vorhersagen würde.
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Dies wird von einigen empirischen Studien bestätigt. Ein Beispiel dafür ist eine empirische Untersuchung zur Vergütungsstruktur von Ärzten in der kanadischen Provinz Quebec.20 Vor dem Jahr 1999 erhielten die niedergelassenen Ärzte dort eine Vergütung pro Behandlung („fee-for-service“). Im Jahr 1999 wurde dieses System durch eine Vergütungsstruktur abgelöst, unter der die Ärzte neben einer (reduzierten) Vergütung pro Behandlung zusätzlich einen fixen Tagessatz erhielten. Administrative Daten und Umfragedaten deuten darauf hin, dass dies – im Einklang mit der Prinzipal-Agenten-Theorie – zu einer geringeren Anzahl an Behandlungen pro Arzt geführt hat, und gleichzeitig die Ärzte im Durchschnitt mehr Zeit pro Behandlung aufgewendet haben. Die Umstellung des Vergütungssystems scheint somit in diesem Kontext zu einer Quantitäts-Qualitäts-Verschiebung geführt zu haben.
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Nicht alle empirischen Arbeiten bestätigen die Multi-Tasking-Vorhersagen der Prinzipal-Agenten-Theorie aber in diesem Maße. Vielmehr gibt es auch empirische Arbeiten, in deren Kontext beispielsweise die Einführung eines Stücklohns (und damit höhere Mengenanreize) nicht zu negativen Qualitätseffekten zu führen scheinen.21 Eine mögliche Erklärung dafür könnte sein, dass sich Verhaltensanreize für die Mitarbeiter in der Regel nicht nur aus der Vergütungsstruktur ergeben. Vielmehr werden Arbeitgeber in der Regel auch Mechanismen zur Qualitätsüberwachung implementiert haben, um adverse Qualitätseffekte zu vermeiden. Ein anderer Grund, warum es nicht zu einem negativen Qualitätseffekt kommt, könnte sein, dass sich Mitarbeiter potenziellen Aufstiegsmöglichkeiten im Unternehmen gegenüber sehen. Derartige Karriereüberlegungen können dazu führen, dass Mitarbeiter auf höhere Mengenanreize nicht mit reduzierter Qualität reagieren, um ihre Aufstiegschancen nicht zu gefährden.22
3. Monetäre Anreize und intrinsische Motivation
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Eine weitere mögliche Quelle von Leistungsanreizen ist intrinsische Motivation. Damit ist gemeint, dass Mitarbeiter – beispielsweise aufgrund von Freude an der Tätigkeit oder weil sie ein anderes Ziel als das Ziel der Einkommensmaximierung verfolgen – selbst bei einer leistungsunabhängigen Vergütung zu relativ hohen Anstrengungen bereit sind.
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Die Standardversion der Prinzipal-Agenten-Theorie blendet derartige intrinsische Motivation aus. Möglicherweise rechtfertigen lässt sich diese vereinfachende Annahme wie gesagt, wenn man davon ausgeht, dass das Anstrengungsniveau, das durch monetäre (extrinsische) Anreize induziert werden soll, über das Anstrengungsniveau hinausgeht, das aus rein intrinsischer Motivation resultieren würde. Diese Rechtfertigung ist aber nur dann valide, wenn die Einführung monetärer Anreize für eine Tätigkeit keine negativen Effekte auf die intrinsische Motivation des entsprechenden Mitarbeiters hat. Würde ein derartiger negativer Effekt auf die intrinsische Motivation existieren, könnte der Effekt einer Einführung monetärer Anreize abgeschwächt werden. Im Extremfall könnte es sogar dazu kommen, dass aus der Einführung monetärer Anreize insgesamt ein niedrigeres Anstrengungsniveau resultiert (s. Kap. 1 Rn. 14 ff.).
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Verschiedene empirische Studien legen in der Tat nahe, dass in bestimmten Kontexten derartige Verdrängungseffekte auf intrinsische Motivation von Bedeutung sind.23 Eine entscheidende Rolle scheint dabei die Höhe der monetären Anreize zu spielen, die eingeführt werden. Dies wird beispielsweise durch ein Feldexperiment illustriert, das drei Versuchsanordnungen vergleicht.24 Eine erste Gruppe der Versuchsteilnehmer – die Kontrollgruppe – erhielt für ihre Tätigkeit (die im sozialen Sektor angesiedelt war) keine monetäre Vergütung. Eine zweite Gruppe erhielt relativ geringe monetäre Leistungsanreize, während eine dritte Gruppe durch relativ hohe monetäre Leistungsanreize motiviert werden sollte. In diesem Feldexperiment wurde dokumentiert, dass die Gruppe, die geringe monetäre Leistungsanreize erhielt, eine geringere Leistung erbrachte als die Kontrollgruppe, d.h. in diesem Fall hatte die Einführung monetärer Anreize einen negativen Effekt auf die Leistung.25 Die Gruppe, die hohe monetäre Anreize erhielt, erzielte aber eine höhere Leistung als die Kontrollgruppe. Daraus lässt sich die Erkenntnis ableiten, dass man – falls es sich um einen Kontext handelt, in dem intrinsische Motivation vermutlich eine Rolle spielt (s. Kap. 2 Rn. 29) – entweder auf die Einführung monetärer Leistungsanreize völlig verzichten sollte oder, wenn sie doch eingeführt werden, die monetären Anreize hinreichend hoch ausfallen sollten.
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Ein weiteres Problem für die intrinsische Motivation