Nur den Tapferen. Морган Райс
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„Ihm nach!“ schrie einer. „Tötet den Mörder!“
Royce wusste, dass es zu keiner friedlichen Einigung kommen würde, wenn sie ihn einmal gefangen hatten. Auf Mord stand bereits die Todesstrafe, und er hatte vor den Augen aller ihren Herzog abgeschlachtet. Sie würden erst aufgeben, wenn sie ihn gefasst hatten oder wenn sie sicher sein konnten, dass er ihnen durch die Lappen gegangen war.
So blieb ihm nichts anderes übrig, als seinem gestohlenen Pferd zu vertrauen und durch riskante Manöver und Richtungsänderungen zu hoffen, weiterhin vorne zu bleiben ohne dabei vom Pferd zu fallen. Royce umklammerte das Kristallschwert in seiner Hand. Auch nicht nur für den Bruchteil einer Sekunde durfte er seinen Griff lockern.
Einer der Reiter hatte ihn fast eingeholt und machte sich bereit, einen Speer auf ihn zu schleudern. Royce hackte den Kopf der Waffe ab und schlug dann nach dem Mann, der ihn in der Hand hielt. Sein Verfolger fiel vom Pferd, und Royce setzte seine Flucht fort.
Doch viel zu viele waren ihm noch immer auf den Fersen. Seiner Stärke und seinen Fähigkeiten zum Trotz hatte Royce Zweifel, ob er es mit so vielen Männern auf einmal aufnehmen konnte. So setzte er seine Flucht auf dem gestohlenen Pferd fort, während er darüber nachdachte, wie er seine Verfolger jemals würde abhängen können.
Er floh aus der Stadt. Je länger Royce mit seinem Pferd in das offene Land ritt und durch die Täler und über die Kämme der weiten Fläche jagte, desto weiter rückte das Fort über ihm in immer größere Ferne. Kleine Stromschnellen lagen in den Tälern, und Royce suchte stets nach den schmalsten Stellen, sodass sein Pferd hinüber springen konnte anstatt jedes Mal durch das Wasser waten zu müssen. Jeder Schritt, den er verlor, machte die Reitergruppe – seine Verfolger – gut.
Er ritt nun auf die Umgrenzung eines Feldes zu. Sein Pferd sprang mühelos über den trockenen Stein, ohne ihn auch nur zu streifen. Als er einen Blick zurück warf, sah er, wie das Pferd eines Verfolgers an der Mauer hängenblieb, ins Straucheln geriet und seinen Reiter abwarf. Doch das war nicht genug.
Ein anderer Reiter hatte Royce eingeholt. Er warf sich halb zu Royce hinüber als hoffte er, auf diesem Wege Royce aus dem Sattel zu reißen. Doch Royce klammerte sich eisern an sein Pferd; es war schiere Stärke, die ihn ihm Sattel hielt, während der Soldat versuchte, ihn mit Ellbogen und seinem Kopf anzugreifen. Er sah einen Dolch aufblitzen und ahnte, dass der Mann versuchen würde, ihn von hinten zu erstechen. Royce drehte sich herum, nahm seine ganze Kraft zusammen und verpasste dem Mann einen ordentlichen Stoß.
Der Wächter fiel von seinem galoppierenden Pferd, fiel krachend zu Boden und blieb bewegungslos auf dem Boden liegen. Royce drängte sein Pferd weiter voran, doch die Lücke zwischen ihm und seinen Verfolgern war kleiner geworden.
Royce wusste, dass er nicht darauf hoffen durfte, den Männern einfach davonreiten zu können. Sie waren viel zu entschlossen, und er hatte keine Ahnung, ob sein Pferd länger durchhalten würde als die seiner Gegner. Doch selbst wenn es so wäre, so war es nur eine Frage der Zeit, bis der Pfeil eines Jagdbogens sein Pferd so schwer verwunden würde, dass es nicht weiterlaufen konnte.
Er musste sich etwas anderes einfallen lassen.
Vor ihm erblickte er nun eine Schlucht, über die eine kleine Brücke führte. Royce ließ die Brücke links liegen und ritt auf eine Stelle zu, an der der Stamm eines mächtigen Baums über die Schlucht führte. Als er ein Kind gewesen war, waren er und seine Brüder immer über den Stamm gelaufen, um zu einem kleinen Stück Weideland, das auf der anderen Seite lag, zu gelangen. Royce wusste nicht, ob sein Pferd es schaffen würde.
Doch würde er eine bessere Gelegenheit wahrscheinlich nicht bekommen, und so führte er das Tier in Richtung des Baumstamms und zwang es, ohne Geschwindigkeit einzubüßen, diesen Weg einzuschlagen. Royce spürte, wie eines seiner Hufe abrutschte, und einen Moment lang stockte ihm der Atem, doch dann gelang es ihm, sein Pferd zurück auf das teilweise bereits morsche Holz zurückzuziehen.
Kaum hatten sie den festen Boden erreicht, zischten schon weitere Pfeile in ihre Richtung. Royce drehte sich herum und sah, dass die ihm nachjagenden Pferde scheuten als man sie zwingen wollte, das Holz zu überqueren. Royce hackte mit seinem Kristallschwert auf den Stamm ein, er spürte, dass er nachgab, und schließlich stürzte der Stamm hinab in den dort wartenden Fluss.
„Das wird sie nicht lange aufhalten“, flüsterte Royce seinem Pferd zu. Er drängte es, wieder Fahrt aufzunehmen während die Männer auf der anderen Seite kehrtmachten und auf die Stelle zustürmten, wo sich die kleine Brücke befand.
Zumindest ein oder zwei Minuten sollte ihm diese Aktion eingebracht haben, und Royce wusste, dass er diese Chance so gut er konnte nutzen musste, um sich davonzumachen. Gleichzeitig wusste er, dass er nicht einfach davonlaufen konnte. Das Davonlaufen hatte keinen Sinn. Es änderte nichts.
Er steuerte bei voller Geschwindigkeit auf einen kleinen Wald zu. Während er sich duckte, um den tiefhängenden Ästen auszuweichen und so außer Blickweite zu kommen, versuchte er, nachzudenken. Für kleinere Tiere und zwitschernde Vögel, für Stromschnellen und das Rauschen der Bäume waren die Wälder ein sicherer Ort. In unweiter Entfernung konnte er das Spiel der Zinnflöte eines Weidmanns hören. Royce hoffte, dass er die Soldaten nicht zu ihm führen würde. Er wollte niemandem Ärger bereiten.
Dieser Gedanke ließ ihn zwischen den Bäumen anhalten. Die Männer würden ihn bis in sein Dorf verfolgen, wenn er dorthin floh, doch wenn er nicht dorthin ritt, dann würde er keine Hilfstruppe zusammentrommeln können. Schlimmer wäre es jedoch, wenn die Männer des Herzogs trotzdem dorthin ritten und alle diejenigen mit großer Entschlusskraft bestraften, die mit dem Jungen, der den Tod des Herzogs zu verantworten hatte, in Verbindung standen.
Er musste einen Weg finden, sich Zeit zu kaufen, um alles Notwendige in die Wege leiten zu können und die Männer des Herzogs von seinem Dorf fernzuhalten.
Wieder drang der Klang der Zinnflöte an Royces Ohr. Er führte sein Pferd zwischen den Bäumen entlang in Richtung der Musik. Royce drängte es so schnell wie die Umgebung es zuließ voran. Ihm war nur allzu bewusst, wie wenig Zeit ihm das Wegfallen der Baumbrücke gebracht hatte, und so hatte er jetzt das Gefühl, dass er jede Sekunde brauchte, die er nur kriegen konnte.
Wenige Sekunden später entdeckte er ein Schwein, das im Dreck des Waldbodens herumschnüffelte und nach Obst oder Pilzen oder sonstigem suchte. Es befand sich in etwa auf Royces Hüfthöhe, wenn dieser nicht auf einem Pferd gesessen hätte, und schnüffelte als würde es Royces Gegenwart gar nicht bemerken.
Weitere Schweine tauchten zwischen den Bäumen auf. Sie schnüffelten und jagten nach allem, was sie irgendwie fressen könnten. Auf ihrer Haut prangten die Brandmale mehrerer Höfen. Die Musik der Zinnflöte war jetzt ganz nah, und durch das Erlendickicht konnte Royce nun die Umrisse eines jungen Mannes erkennen, der auf dem Stumpf einer gefällten Eiche saß.
„Grüß dich“, rief der junge Mann als er Royce erblickte. Er winkte ihm mit der Hand, welche die Flöte hielt, zu. „Reite nicht zu geschwind durch den Wald. Die Schweine sind unbekümmerte Wesen, doch wenn du sie erschreckst, sind sie durchaus in der Lage, dein Pferd anzugreifen und ins Stolpern zu bringen.“
„Männer sind auf dem Weg hierher“, sagte Royce, denn er vermutete, dass Direktheit an dieser Stelle der beste Weg war. Einem jungen Mann würde es ganz und gar nicht gefallen, wenn man versuchte, ihn hinters Licht zu führen. „Männer, die mich tot oder gefangen sehen wollen.“
Der Schweinehirte blickte bei diesen Worten etwas besorgt drein. „Und was hat das mit mir zu tun?“ fragte er. „Ich hüte hier draußen