Kati Küppers und der gefallene Kaplan. Barbara Steuten

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Kati Küppers und der gefallene Kaplan - Barbara Steuten Krimi

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ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Ich hab nix gehört. Wat is los?« Kalle faltete die Zeitung zusammen und legte sie auf den Couchtisch.

      »Der Kaplan ist tot. Die Kellertreppe runtergefallen. In der Kirche.«

      Kalle traute seinen Ohren nicht.

      »Was?« Eine intelligentere Frage fiel ihm nicht ein.

      »Gerade eben. Nach der Messe im Kapellchen.«

      »Ach du Scheiße«, entfuhr es Kalle. Dass ihn seine Frau nicht tadelte, zeigte, wie durcheinander sie war.

      »Ich hab die Cilli Wilms an der Kapelle getroffen und mit zum Metzger genommen. Da standen die schon mit nem Polizeiwagen an der Kirche.« Hedwig schüttelte den Kopf.

      »Die Wilms hat sich den Schlüssel für die Kapelle heute noch mal geholt. Nach der Messe. Hat gestern wohl doch nicht geputzt.«

      »Ich hab den Schlüssel wieder mitgebracht. Sie war schon fertig.« Hedwig legte ihrem Mann die Hand aufs Knie. »Und dann kam der Heinrich beim Metzger rein und hat erzählt, was passiert ist.«

      »Welcher Heinrich?«, brummelte Kalle in seinen Bart. Nach der ersten Aufregung durfte er sich jetzt nur nicht anmerken lassen, wie gelegen ihm die Sache kam. Als Vorsitzender des Kirchenvorstandes verfasste er in Gedanken bereits Lobeshymnen im Nachruf, obwohl er den eigensinnigen Kaplan und seine Art, immer wieder das Rad neu zu erfinden, nicht ausstehen konnte.

      »Der Heinrich, der oben bei Küppers im Haus wohnt. Der immer im Fenster liegt.«

      Jetzt bot sich Kalle die Chance, die Pläne des Kaplans zu kippen.

      »Ach, der.«

      »Cilli Wilms sagt, der Kaplan hat sich mit Kati Küppers in die Wolle gekriegt.«

      Kalle lachte bitter.

      »Wie die Kesselflicker sollen die sich in der Sakristei gestritten haben. Und dann ist der Kaplan gegangen. Ohne die Messe zu lesen.« Hedwig starrte vor sich hin, dann wühlte sie im Zeitungsstapel auf dem Couchtisch.

      »Was suchst du?«

      »Die Pfarrnachrichten. Ich will wissen, ob heute noch was stattfindet. Vielleicht ist ja Rosenkranz oder Aussetzung.«

      »Kann man denn in die Kirche wieder rein?«

      Hedwig lächelte ihren Mann spöttisch an.

      »Was meinst du, warum ich die Pfarrnachrichten suche. Hier sind sie.« Triumphierend hielt sie das Blättchen hoch und kniff die Augen konzentriert zusammen, um die Ankündigungen für den Abend lesen zu können. Um keinen Preis hätte sie Kalle gebeten, ihr seine Lesebrille zu leihen.

      »Taizégebet«, entzifferte sie und legte enttäuscht das Blatt auf den Couchtisch zurück.

      »Da geht doch eh keiner hin«, spottete Kalle und griff zum Telefon.

      »Wen rufst du an?« Hedwig wurde nervös. Wenn sie ihre Frauen verständigen wollte, musste sie sich beeilen. Sie sollten es schließlich nicht von irgendwem erfahren. Ihre missbilligenden Blicke störten Kalle nicht im Geringsten.

      »Den Kirchenvorstand. Wen sonst?«

      Hedwig gab sich geschlagen. Wenn sie Glück hatte, erreichte Kalle niemanden. Die meisten Kirchenvorstandsmitglieder waren schließlich nicht wie er in Pension, sondern gingen einer geregelten Arbeit nach. Sie verzog sich in die Küche und fing an, Kartoffeln zu schälen.

      7

      Nachdem Benedikt den einzigen nicht verdreckten Sitzplatz an der Bushaltestelle entdeckt hatte, stellte er seine Sporttasche neben sich auf den Boden und setzte sich. Er zückte sein Smartphone, checkte die eingegangenen WhatsApp-Nachrichten und schaute hin und wieder suchend über die Straße, ob er seine Oma vielleicht übersehen hatte. Oder sie ihn. Er wählte Oma Katis Handynummer. Nach dem fünften Klingeln sprang die Mailbox an. Benedikt drückte sie weg, ohne eine Nachricht zu hinterlassen.

      Die Sonne hatte sich hinter dem Haus versteckt, das der Bushaltestelle gegenüberlag, und Benedikt spürte die Kälte die Beine hochkriechen. Für Mitte Oktober war es durchaus noch warm. Nur nicht im Schatten einer zugigen, verdreckten Bushaltestelle.

      Er schaute hoch, als der Bus schnaufend seine Türen öffnete. Jetzt hatte er die Straße nicht mehr im Blick. Seufzend erhob er sich, schulterte seine Tasche und trabte am Bus vorbei Richtung Park-and-ride-Parkplatz. Von dem silbernen Corsa, den seine Oma fuhr, war immer noch nichts zu sehen.

      Schließlich wählte Benedikt die Festnetznummer seiner Großeltern. Das Telefon klingelte einmal, zweimal … zehnmal. Dann drückte Benedikt die rote Taste, knurrte vor sich hin und suchte erneut die Straße ab.

      Die nächste S-Bahn fuhr ein, lud wieder nur wenige Fahrgäste ab, und setzte ihren Weg fort. Der Bus an der Haltestelle startete den Motor. Kurz war Benedikt versucht, einzusteigen. Doch dann würde er seine Oma mit Sicherheit verpassen und das wäre der blödeste Start in die Ferien. Er schlenderte noch ein Stück weiter den Parkplatz entlang, bis er ein Fleckchen fand, an dem ihn die Sonne wieder wärmte und er die Straße im Blick hatte. Noch einmal versuchte er, Oma Kati auf ihrem Handy zu erreichen.

      8

      Der Polizeibeamte drückte jeden ihrer Finger auf ein kleines Gerät mit Touchscreen.

      »Ich hatte schon befürchtet, die nächsten Tage mit schwarzen Fingern durch die Gegend laufen zu müssen«, grinste Kati verlegen. Der Beamte zeigte keine Regung.

      »Kann ich jetzt gehen?«

      »Das entscheidet Kommissar Rommerskirchen.«

      Er deutete auf die Tür seines Büros, wo der junge Mann lässig am Türrahmen lehnte.

      »Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ich Sie in Untersuchungshaft nehmen könnte.« Rommerskirchen stieß sich vom Türrahmen ab und kam auf Kati zu. »Aber da ich hoffe, dass Sie sich nicht aus dem Staub machen, sondern die Polizeiarbeit unterstützen, wie und wo Sie können, werde ich davon absehen. Hinterlassen Sie bitte Ihre Handynummer bei meinem Kollegen und achten Sie darauf, dass wir Sie erreichen können. Also, immer schön Handy aufladen. Das vergisst meine Mutter nämlich auch ständig.«

      Kati schob den Unterkiefer vor und warf dem Kommissar einen missbilligenden Blick zu, hielt aber den Mund. Wenn der junge Mann auf das Vorurteil anspielte, Frauen seien nicht technikaffin, dann hatte er in Kati etwas angestoßen, was er noch bereuen würde. Doch erst einmal konnte sie die Polizeiwache verlassen. Das allein zählte im Moment.

      »Und das Taizégebet? Kann das heute Abend in der Kirche stattfinden?«, wollte sie wissen und blickte auf die Uhr, ob für den Aufbau überhaupt noch genug Zeit blieb.

      »Himmel«, entfuhr es ihr, »mein Enkel!«

      Sie griff nach ihrer Handtasche und schloss den Reißverschluss der Jacke.

      »Die Kirche ist - bis auf den Keller - wieder freigegeben«, erwiderte Rommerskirchen. »Wir hören voneinander«, verabschiedete er Kati, während aus seiner Hosentasche die Titelmelodie des Tatorts dudelte. Mit einer Entschuldigung verließ er eilig das Büro. Kati hörte noch, dass es sich um ein privates Gespräch handeln

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