Ich schenke dir den Tod. Ralf Gebhardt

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Ich schenke dir den Tod - Ralf Gebhardt Krimi

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einem dicken Ast und entfernte dann das Polizei-Absperrband, warf es als zusammengerolltes Knäul in den Kofferraum, schob die Hände in die Taschen und beschloss, noch ein wenig durch die angrenzende Wochenendsiedlung zu spazieren.

      Der Weg gabelte sich. Zwei Wege markierten die Innenringe der Siedlung, die er nacheinander ablief. Dabei traf er niemanden. Die idyllischen Häuser waren zum Wochenbeginn verlassen. Heruntergelassene Rollos und zusammengeklappte Sonnenschirme schienen auf die Rückkehr der Besitzer zu warten. Die meisten Rasenflächen sahen sehr gepflegt aus. Ab und zu war ein Klettergerüst zu sehen. Ansonsten hatten die Bewohner mit Naturhecken eine kleine Abgeschiedenheit geschaffen. Selbst wollte Störmer kein Wochenendhaus. Eigentum verpflichtet, und er hätte keine Lust, jeden Besuch mit Gartenarbeit zu beginnen.

      Als er von seiner Runde zurückkam, sah er von weitem eine Gestalt, die direkt an der Fundstelle stand. Störmer beschleunigte seine Schritte. Schließlich erkannte er das geparkte Auto und auch Staatsanwalt Nagel.

      »Herrliche Gegend hier.«

      Störmer nickte nur, stellte sich neben ihn.

      »Ich wollte mir selbst ein Bild vom Fundort machen. Meine Chefin ist krank, da kann ich mir den Tag einteilen.« Der Staatsanwalt zog ein Päckchen Zigaretten heraus. Von Waldbrandgefahr schien er noch nichts gehört zu haben.

      Sie schwiegen beide, bis Nagel aufgeraucht hatte.

      »Fünf Jahre. Sehr ruhige fünf Jahre. Und nur durch einen Zufall haben wir die Leiche gefunden.«

      »Hm, hier ist wirklich eine ideale Gegend zum Ausruhen oder Aussteigen. Leider können uns die Bäume nicht erzählen, was in all den Jahren passiert ist. Auch wenn sie sicherlich das eine oder andere gesehen haben.«

      »Aber es muss etwas geben, was den Täter dazu veranlasst hat, die Überreste ausgerechnet genau an dieser Stelle zu vergraben.«

      Nagel steckte sich erneut eine Zigarette an. »Du wirst es herausfinden.« Die beiden Freunde betrachteten weiterhin schweigend die Fundstelle. Dann schob Nagel die Kippe mit der Fußspitze in die Erde und sah auf seine Uhr.

      »Ich muss los, das Autohaus will den geliehenen Wagen bis Mittag zurück. Bleibst du noch?«

      »Noch einen Moment.«

      »Dann ruf mich an, okay? Ach so, was machst du eigentlich am kommenden Wochenende?«

      »Mit dir BMW fahren?«

      Nagel lachte. »Klar, das auch, aber ich meine abends. Hast du Zeit?«

      »Eigentlich schon. Kommt darauf an.«

      »Dann komm doch mit, ich lade dich ein, sei meine Begleitung. Drüben auf Schloss Mansfeld haben wir ein Klassentreffen.«

      »Auf dem Schloss?«

      »Klar, das passt, eine wunderbare Mischung aus Jugendherberge und Seminarunterkunft. Wird dir gefallen.«

      »Ich weiß nicht …«

      »Mensch Richard, nun stell dich doch nicht so an. Wir gehen hin, du musst mal raus. Und vielleicht hast du ja bis dahin den Grablampen-Fall bereits gelöst.«

      »Schön wäre es. Also das mit dem Fall und so. Trifft sich dort deine ehemalige Studiengruppe?«

      »Nein, die zehnte Klasse. Ich selbst bin in der Neunten dazugekommen, als unsere Familie hierher gezogen ist. Meine Eltern sind immer der Arbeit hinterher. Aber egal, es wird dir wirklich gefallen, ich kann mich an die Mädels erinnern. Die sind alle deine Zielgruppe!« Er gab Störmer einen Schlag gegen den Oberarm. Nun lachten sie beide.

      »Na gut. Holst du mich ab?«

      »Geht klar, wir zwei alten Junggesellen.«

      Nagel ging sichtlich guter Laune zum Cabriolet zurück.

      Amüsiert beobachtete Störmer ihn. Junggeselle und Nagel, das waren Ausdrücke, die sich definitiv nicht vertrugen.

      Heute war ein guter Tag. Die Ausbeute war außergewöhnlich: sieben Katzen über Nacht. Er trug sie in den selbstgebauten Käfigfallen in den Keller, öffnete dort die Türgitter und warf die Tiere nacheinander in den großen Weidekorb. Das Fauchen und Jaulen ignorierte er. Es war schon erstaunlich, über wie viele Jahre hinweg diese großartigen Fallen ihren Dienst getan hatten. Ursprünglich hatte er sie zum Vergnügen als Rattenfallen gebaut. Aber bereits nach kurzer Zeit verfing sich die erste Katze. Und damit fanden sie schließlich ihre Bestimmung.

      Die letzten beiden Tiere waren Brocken, die ihn ordentlich ins Schwitzen gebracht hatten. Im Keller aber konnte er befreit aufatmen. Hier empfing ihn sein Lieblingsduft, säuerlich und metallisch. Tief sog er ihn ein. Er war gekommen, um diesen Tag zu zelebrieren und ein Versprechen zu erneuern.

      In der Mitte des Gewölbes stand ein mit goldener Farbe gestrichener Schrein. Das Holz war mit groben Schnitzereien verziert. Aber das war ihm egal, stammte es doch noch aus der Zeit seiner eigenen Ungeschicklichkeit, aus den Kindheitstagen. Trotzdem war ihm dieser Schrein heilig. Er kniete sich auf das davor liegende Kissen und begann, leise zu beten. Die Augen hielt er geschlossen, seine Hände berührten dabei aber das Holz. Zum Ende des Gebetes küsste er den Schrein. So, wie er das schon immer gemacht hatte, jeden ersten Tag im Monat.

      An einem Ersten nämlich war sie von ihm gegangen. Und so fügte es sich, dass heute wieder Mamas Todestag war.

      Er stand auf und sah sich um.

      Den Kellerraum hatte er mit unzähligen Holzregalen liebevoll ausgebaut. In jedem der kleinen Kästchen brannte ein Licht aus schwarzem Wachs, ruhig und gleichmäßig. Alle ruhten sie auf selbstgebauten Unikaten: Sämtliche Kerzenständer waren etwas Besonderes, kein weiteres Mal zu finden. Dort, wo noch Regalböden leer waren, würde er für Nachschub an neuen Kerzenständern sorgen. Die letzte Nacht hatte ihm gleich sieben gebracht.

      Er ging hinüber zum Korb, griff ohne hinzusehen hinein und zog die erste Katze heraus. Er war sich darüber im Klaren, erst kurze Zeit hier unten zu sein, denn das Kribbeln in seiner Nase und das Augen-Tränen hatte noch nicht eingesetzt. Er wusste, dass er sich beeilen musste.

      Bedächtig streichelte er über das grau-schwarze Fell, drückte den zitternden Körper auf den Fuß des Schreins und schlug mit der Axt zu. Für einen Moment schien es, als würde die enthauptete Katze aufspringen wollen. Aber es war nur die letzte Elektrizität, die ihren Muskeln entwich. Den ausblutenden Körper warf er auf das Sieb einer Blechwanne, den Kopf in eine Obstschale. Er würde später einen neuen Kerzenständer bilden. Innerhalb kürzester Zeit kümmerte er sich in dieser Weise um die anderen Tiere.

      Schließlich war es völlig still. Kein Fauchen, Jaulen oder Kratzen. Er nahm den ersten Kopf aus der Obstschale und saugte das verbliebene Blut heraus. Dann widmete er sich auf gleiche Art den weiteren Köpfen, bevor er sie vorsichtig in ein Einweckglas mit einer Säurelösung steckte. In weniger als einem Monat würden die Knochen vollkommen blank sein. Auch hier war er zu einem Meister geworden, denn zu Beginn hatte er die Köpfe noch mühsam abgekratzt und ausgekocht. Die Ältesten blieben ihm dennoch die liebsten. Sie standen deshalb als Kerzenhalter auf der untersten Stufe des Schreins, dort, wo Mamas Asche ruhte.

      Die Kadaver waren, abgesehen vom ausgelaufenen Blut, nicht zu gebrauchen. Er warf sie in einen Müllsack und stellte diesen neben den Benzinkanister an der Tür. Kurz

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