Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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Geistliche wischte sich die Hand an der grünen Schürze ab, die er zum Schutz seiner Kleidung trug, und reichte dem Mann die Hand.

      »Pfarrer Trenker. Was kann ich für Sie tun, Herr Wiltinger?«

      »Ich bin auf der Suche nach einem Mann…«

      Er brach lächelnd ab.

      »Nein, eigentlich bin ich auf der Suche nach meiner Verlobten.«

      Christian hob die Hand.

      »Also, denken Sie jetzt bitte nicht, sie wäre mir fortgelaufen. Das ist wirklich nicht der Fall. Aber ich suche auch noch einen Mann…«

      Jetzt schmunzelte auch der Pfarrer.

      »Am besten ist es, wir gehen hinüber in mein Arbeitszimmer, und Sie erzählen mir alles in Ruhe«, schlug er vor.

      Christian nickte und folgte dem Geistlichen.

      »Möchten Sie etwas trinken?« fragte er Sebastian, als sie im Arbeitszimmer saßen. »Einen Kaffee vielleicht?«

      »Gerne«, nickte Christian.

      Er hatte zwar im Hotel ein ausgezeichnetes und ausgiebiges Frühstück genossen, aber Kaffee konnte er zu jeder Tageszeit trinken. Wahrscheinlich brachte das sein Beruf so mit sich. In der Bank stand die Kaffeemaschine jedenfalls nie still, wenn dort Privatkunden empfangen wurden.

      Pfarrer Trenker bat Sophie Tappert um eine Kanne Kaffee und etwas Gebäck und widmete sich dann seinem Besucher.

      Veronikas Verlobter hatte es sich in einem Sessel bequem gemacht, der zu der kleinen Sitzgruppe am Fenster gehörte. Der Geistliche setzte sich ihm gegen­über.

      Und dann berichtete Christian Wiltinger, was ihn nach Sankt Johann gebracht hatte. Sebastian Trenker hörte ihm aufmerksam zu. Als der Name Urban Brandner fiel, nickte er.

      »Ich kenne den alten Urban«, sagte er. »Er wohnt oben in den Bergen in einer Sennerei, die er bewirtschaftet.«

      Inzwischen hatte die Haushälterin Kaffee und Kekse gebracht, und der Pfarrer schenkte seinem Besucher ein.

      »Ich hab’ net gewußt, daß Urban noch Familie hat«, erklärte er dann. »Wobei ich sagen muß, daß der Kontakt net so besonders gut ist. Der Alte ist net immer leicht zu nehmen. Er kann ein ziemlicher Querkopf sein. Er wirft schon mal jemanden hinaus, wenn ihm dessen Nase net paßt.«

      »Na, dann kann ich mich ja vielleicht auf etwas gefaßt machen.«

      Christian verzog das Gesicht.

      »Wie komme ich denn zu der Alm? Ist es weit von hier?«

      »Wenn Sie es möchten, dann begleite ich Sie gerne«, bot Sebastian an.

      Sein Besucher nickte erfreut.

      »Ich nehme Ihr Angebot herzlich gerne an. Allein würd’ ich mich wahrscheinlich verlaufen.«

      *

      »Dort drüben liegt der Himmelsspitz, und der Zwilling daneben ist die Wintermaid«, deutete Sebastian Trenker auf zwei imposante, schneebedeckte Berggipfel, die auf der anderen Seite in die Höhe ragten.

      Sie selber standen auf einem Felsplateau und schauten sich um. Über ihnen ragte eine bewaldete Anhöhe. Sebastian drehte sich um und zeigte in die Höhe.

      »Dort ist der Höllenbruch, und dahinter führt ein schmaler Weg zur Alm hinauf. Für einen Fremden wäre es gewiß net leicht, sie zu finden. Der große Wirtschaftsweg führt von der anderen Seite heran. Da ist es schon leichter.«

      »Nie und nimmer hätt’ ich’s gefunden«, sagte Christian und japste nach Luft. »Aber schön habt ihr’s hier droben!«

      »Ich schlage vor, wir machen erstmal eine Pause«, meinte der Pfarrer mit Rücksicht auf Veronikas Verlobten.

      »Ja, ja«, nickte Christian. »Ich weiß schon, was Sie jetzt denken: Der Städter! Aber Sie haben ja recht, Hochwürden. Ich bin ein Büromensch und müßte viel mehr von meiner Freizeit draußen in der Natur verbringen. Wenn ich Sie dagegen anschaue – richtig durchtrainiert sind Sie.«

      Sebastian öffnete schmunzelnd seinen Rucksack und entnahm zwei Getränkeflaschen, von denen er eine Christian reichte. Es war nicht das erste Mal, daß er einen Menschen, der ihn nicht näher kannte, mit seiner sportlichen Art verblüffte.

      Sie rasteten eine Viertelstunde, dann machten sie sich wieder auf den Weg. Es würde noch eine gute halbe Stunde brauchen, bis sie die Sennerhütte sehen konnten. Je höher sie kamen, um so mehr rang Christian nach Luft. Er nahm sich vor, wirklich mehr für seine körperliche Ertüchtigung zu tun, wenn das hier alles überstanden war. Er konnte nur staunen über den Geistlichen, der beinahe leichtfüßig vor ihm herlief und offenbar jeden Stein, Baum und Strauch kannte.

      Nachdem sie den Höllenbruch passiert hatten, gingen sie über einen schmalen, nicht befestigten Weg, der weiter in die Höhe führte. Kurze Zeit später führte dieser Weg aus dem Dickicht heraus, und vor ihnen tat sich eine grüne Wiese auf.

      »Dort oben«, zeigte Sebastian hinauf zu der Hütte. »Das ist die Sennerei vom alten Urban.«

      Christian spürte sein Herz schneller klopfen, und das kam nicht allein von der Anstrengung. Würde er dort oben endlich seine Veronika wieder in die Arme schließen können?

      *

      Urban Brandner hatte in all den Jahren, die er hier oben verbracht hatte, einen sechsten Sinn entwickelt. Er wußte nicht wie es geschah, aber manchmal hatte er eine Eingebung, und dann bereitete er ein Mittagessen für mehr als zehn Leute zu, und dann kam mittags wirklich eine große Wandergruppe! Genauso konnte es umgekehrt der Fall sein – nämlich daß er gar nichts vorbereitete und auch niemand die Sennerei besuchte. Mit der Zeit hatte Urban ein untrügliches Gespür dafür entwickelt, ob Besuch zu erwarten war oder nicht.

      Und heute war Besuch unterwegs, spürte er.

      Urban saß mit einem Fernglas bewaffnet vor der Hütte und schaute in die Landschaft. Veronika war in der Käserei und bürstete die gelagerten Laibe mit Salzwasser ab. Mit irgend etwas mußte sie sich ja beschäftigen, hatte sie gedacht, und die Arbeit machte ihr sogar Spaß. Dabei sann sie immer noch über einen Ausweg nach. Liebend gerne wäre sie einfach davongelaufen, doch die Furcht, sich zu verirren, war zu groß. Längst hatte sie es aufgegeben, auf den Großvater einzureden und ihn doch noch umzustimmen. Er schien gar nicht mehr zu hören, was sie sagte, und Veronika gewann immer mehr den Eindruck, daß der alte Mann geistig verwirrt war. Manchmal kam es vor, daß er sie mit Maria anredete und dann völlig erstaunt guckte, wenn Veronika darauf bestand, mit ihrem Namen angesprochen zu werden.

      Ihre einzige Hoffnung, von hier fortzukommen, blieb eine Wandergruppe, der sie sich anschlie­ßen konnte. Doch seit Tagen blieben die Touristen aus, was wohl auch damit zusammenhing, daß die Ferien inzwischen beendet waren. Die andere Möglichkeit, auf die das Madel gehofft hatte, hatte sich zerschlagen. Am Abend nach ihrer Ankunft auf der Alm, hatte Großvater davon erzählt, daß alle paar Wochen die Bauern kamen und Butter und Käse abholten. Das war auch vorgestern der Fall gewesen. Allerdings hatte Urban sie vorsorglich wieder in den Verschlag gesperrt, und ihre Hilferufe waren ungehört geblieben. Denn wenn es auch nur eine Holzhütte war – die Wände waren dick

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