Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher страница 17
Nachdenklich saß er am Abendbrottisch und überlegte, welche Gründe Urban Brandner wohl haben mochte, zu leugnen, daß er Veronika kannte.
Es konnte doch kein Zufall sein – eine Namensgleichheit, gut, die hätte Sebastian durchaus einsehen können, doch daß der Senner und seine Frau eine Tochter hatte, die den selben Namen trug, wie Veronikas verstorbene Mutter – nein, das konnte kein Zufall sein.
Sophie Tappert spürte, daß den Pfarrer etwas beschäftigte. Ob es mit dem Besuch des jungen Mannes zusammenhing, der heute morgen ins Pfarrhaus gekommen war?
Sebastian bemerkte den forschenden Blick, mit dem seine Haushälterin ihn ansah. Plötzlich hatte er eine Idee. Frau Tappert – wußte sie vielleicht etwas über Urban Brandner und seine Frau Theresa?
»Aber natürlich hab ich die Theresa gekannt«, sagte sie auf Sebastians Frage. »Wir sind ja zusammen in die Schule gegangen. Sie ist früh’ verstorben. Ich wüßt’ gern, was aus dem Madel geworden ist.«
»Aus der Maria, der Tochter der beiden?«
Sophie Tappert sah ihn erstaunt an.
»Ja. Woher wissen Sie etwas von Maria Brandner? Sie ist doch damals verschwunden. Der Alte hat sie fortgejagt, bei Nacht und Nebel.«
»Das hab’ ich net gewußt. Aber, es ist interessant.«
Er glaubte kein Geheimnis zu verraten, wenn er Frau Tappert den Grund für Christians Besuch erzählte. Die Haushälterin hob warnend die Hand.
»Mit dem Alten stimmt etwas net«, sagte sie. »Der Mensch muß ja wunderlich werden, wenn er jahrein, jahraus da oben herumhockt und net richtig unter Menschen kommt. Hoffentlich hat er dem Madel nix angetan. Zutrau’n würd’ ich’s ihm.«
»Noch ist nicht erwiesen, daß Veronika Seebacher überhaupt bei ihm war oder noch ist«, beruhigte der Pfarrer sie.
Merkwürdig war die Angelegenheit trotzdem.
Das dachte er immer noch, als er zum »Löwen« hinüberging, wo er zum wöchentlichen Stammtisch erwartet wurde. Die Runde bestand aus Sebastian Trenker, aus dem Apotheker, Hubert Mayr, Josef Terzing, dem Bäckermeister und Maximilian Trenker. Manchmal kam der eine oder andere Bauer hinzu, oder der Bürgermeister Markus Bruckner. Seit kurzem zählte auch Toni Wiesinger dazu.
»Na, Doktor, wie steht’s mit dem alten Lärchner inzwischen?« erkundigte der Pfarrer sich.
»Dank Ihrer Hilfe, Hochwürden, steht’s wieder besser«, antwortete der Arzt. »Der Mann kann froh sein, daß Sie mit seiner Frau ein ernstes Wort gesprochen haben. Wer weiß, was der Brandner denen sonst noch alles angedreht hätte.«
Das Gespräch drehte sich noch eine ganze Weile um den alten Loisl und seine Mixturen. Dann betrat Christian Wiltinger den Gastraum. Er tat Sebastian leid, wie er da so elend ausschauend in seinem Essen herumstocherte. Nachdem der junge Mann seinen Teller beiseite geschoben hatte, holte Sebastian ihn an den Stammtisch.
»Das ist Christian Wiltinger«, stellte er ihn den anderen vor. »Herr Wiltinger hat ein ganz besonderes Problem.«
Er sah Veronikas Verlobten an.
»Möchten Sie darüber sprechen?« fragte er. »Vielleicht weiß der eine oder andere Rat.«
Christian würde alles getan haben, um weiterzukommen. Hastig erzählte er vom Verschwinden seiner Braut und der vergeblichen Suche auf der Alm.
Allerlei Vermutungen wurden laut, und der allgemeine Tenor war, daß der Brandner sowieso ein merkwürdiger Kauz sei, dem man nicht über den Weg trauen konnte.
Aber er machte einen verdammt guten Kas’!
Sebastian berichtete, was er in dem Kirchenarchiv herausgefunden hatte.
»Trotzdem bleibt das Madel verschwunden«, sagte einer.
»Von welchem Madel redet ihr?« fragte Markus Bruckner, der eben hinzugetreten war und nur den Rest des Gespräches mitbekommen hatte.
»Aber natürlich hab ich das Madel gesehen«, rief er aus.
Christian sprang auf und hätte beinahe einen Stuhl umgerissen.
»Wann? Wo haben Sie Veronika gesehen?« rief er erregt.
Der Bürgermeister von Sankt Johann setzte sich und winkte nach Sepp Reisinger.
»Vor einer guten Woche. Bei mir drüben, im Rathaus«, erwiderte er auf Christians Fragen. »Sie hat sich nach dem alten Brandner erkundigt.«
Der Wirt nahm die Bestellung auf und Markus Bruckner erzählte, wie er Veronika Seebacher kennengelernt hatte.
*
»Sie kam ins Rathaus und erkundigte sich nach Urban Brandner. Sie sagte, er wäre ihr Großvater, sie sei die Tochter von Maria Seebacher, geborene Brandner«, sagte der Bürgermeister und trank einen kräftigen Zug aus seinem Bierkrug.
Er wischte sich den Schaum von den Lippen.
»Ich hab’ ihr den Weg zur Alm beschrieben, und dann hat sie der Lenz, der Knecht vom Sterzinger, ein Stück auf dem Wagen mitgenommen«, fuhr er fort. »Und nun ist das Madel verschwunden?«
»Der Alte behauptet, daß sie nicht dort gewesen wäre«, fuhr Christian auf. »Ja, er kenne sie nicht einmal.«
»Unsinn«, schüttelte der Bruckner-Markus seinen Kopf. »Das Madel ist hinauf zu ihm. Da wett’ ich meine beste Kuh drauf.«
Christian hielt es nicht mehr länger aus.
»Den Burschen kauf ich mir«, rief er. »Jetzt gleich!«
Pfarrer Trenker ergriff ihn beim Arm und zog ihn sanft auf den Stuhl zurück.
»Beruhigen Sie sich, Christian«, sagte er. »Heut abend werden S’ net mehr viel ausrichten können. Es ist viel zu dunkel, um noch nach oben zu gehen. Morgen früh steigen wir noch einmal hinauf und stellen Urban zur Rede. Dann kann er sich nicht mehr in Ausflüchte retten.«
Natürlich wußte Christian, daß Pfarrer Trenker recht hatte, aber die Sorge um seine Braut raubte ihm jedes logische Denken.
»Aber, Veronika – wenn der Alte sie dort oben gewaltsam festhält, oder Schlimmeres – wenn sie gar nicht mehr lebt…«, protestierte er.
»Nein, nein«, widersprach Sebastian.
Während des Gespräches war ihm ein Gedanke gekommen, den er immer weiter gesponnen hatte.
»Vielleicht liege ich völlig falsch, mit meinen Gedanken«, sagte er. »Aber ich könnte mir vorstellen, daß der Alte Veronika nicht gehen lassen will, weil er nicht noch einmal ein Kind verlieren will.«
Die anderen sahen ihn verständnislos an.
»Urban hat vor Jahren seine einzige Tochter Maria davongejagt«, fuhr Sebastian fort. »Maria ist Veronikas Mutter und bestimmt sahen die beiden sich ähnlich. Ich bin überzeugt, daß der alte Brandner in den Jahren, die er nun schon da oben verbringt, mehr als einmal bereut hat, so