Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Die beiden Brüder sahen sie fragend an. Es kam nicht oft vor, daß die Haushälterin an der Unterhaltung teilnahm. Sophie Tappert war von Natur aus eher schweigsam. Wenn sie doch einmal etwas sagte, dann war es ganz bestimmt nicht unwichtig.
»Sie machen mich neugierig«, sagte Sebastian. »Wieso glauben Sie, daß es net stimmen kann?«
»Weil die Hertha einen Grafen Herdingen kennengelernt hat«, kam die Antwort zurück.
»Wann?« fragte der Geistliche.
»Wo?« wollte sein Bruder gleichzeitig wissen.
Hertha Breitlanger war Sophies Freundin, mit der sie sich des öfteren traf. Gemeinsam besuchten sie Konzerte, gingen ins Café, unternahmen sie Ausflüge. So auch in der letzten Woche. Da hatten die beiden Damen an einer sogenannten Kaffeefahrt teilnehmen wollen. Natürlich wußten sie, daß man von den Sachen, die meistens dort verkauft wurden, besser die Finger ließ, aber das Rahmenprogramm – Kaffee und Kuchen mit einigen Volksmusikkünstlern – hatte sie neugierig gemacht.
Im letzten Moment mußte Sophie Tappert zu Hause bleiben. Eine fürchterliche Migräne, die sie manchmal bekam, wenn es Fönwetter war, verhinderte, daß sie die Freundin begleiten konnte. Und auf eben dieser Fahrt machte Hertha Breitlanger die Bekanntschaft von Friedrich Graf von und zu Herdingen.
»Die Hertha schwärmt nur noch von ihrem Grafen, wie vornehm und zuvorkommend er ist. Ein Kavalier der alten Schule«, vollendete Sophie Tappert ihre Neuigkeit.
Max Trenker schaute seinen Bruder fragend an.
»Verstehst du das?«
Sebastian schüttelte den Kopf.
»Also, erklärten kann ich’s mir net«, sagte er. »Allerdings bin ich kein Historiker. Vielleicht lebt tatsächlich noch ein Abkomme des alten Grafengeschlechts.«
»Mir ist’s eh wurscht«, gab Max bekannt und nahm sich noch eine Suppenkelle vor. »Frau Tappert, der Eintopf ist wieder eine wahre Wonne.«
Pfarrer Trenker schmunzelte. Er war immer wieder erstaunt darüber, wieviel Max verdrücken konnte, ohne dabei zuzunehmen. Es grenzte schon fast an ein Wunder.
*
Der junge Bursche pfiff ein munteres Lied, als er das Wachnertal durchwanderte. Er war sehr leicht und locker angezogen. Eine dreiviertellange Krachlederne und ein kariertes Hemd, dazu derbe Bergschuhe. Die blonden Locken steckten unter einem grünen Hütchen, an dem keck eine Fasanenfeder wippte.
Über dem Rücken hing ein prall gefüllter Rucksack, in dem Florian Brunner seine ganzen Habseligkeiten mit sich führte: Wäsche zum Wechseln, ein zweites Paar Schuhe, ein wenig Proviant für unterwegs. Darüber geschnürt war ein Schlafsack. Fand Florian einmal keinen rechten Platz, dann machte es ihm auch nichts aus, sich einfach unter einen Baum zu legen und die Nacht dort zu verbringen. Noch war es Sommer, und die Nächte herrlich lau.
Doch meistens hatte der Wandergesell’ Glück. Mit seinem charmanten Lächeln und dem einnehmenden Wesen gelang es ihm eigentlich immer, auf irgend einem Bauernhof unterzukommen. Natürlich tat er auch etwas dafür – den Stall ausmisten, Holz hacken – Florian war sich für keine Arbeit zu schade, und als Lohn winkten gutes Essen und ein bequemes Bett im Gesindehaus.
Der junge Bursche schaute sich um. Er nahm den Hut herunter und kratzte sich nachdenklich am Kopf. Über den Kogler hatte er das Wachnertal erreicht, war herabgestiegen und wanderte nun an der Ostseite entlang. Über ihm ragten zwei imposante Berggipfel in die Höhe. Das mußten der Himmelsspitz und die Wintermaid sein, während auf der anderen Seite die Berge nicht mehr ganz so hoch waren. Dort oben sah er saftige Almen liegen. Florian hatte einen Blick dafür. Er hatte auch schon als Senner gearbeitet, allerdings war in den Wirtschaften nicht immer leicht unterzukommen. Es mußte schon ein besonderer Glücksfall sein, daß dort Hilfe so dringend gebraucht wurde, daß der Almenwirt einen Wanderburschen beschäftigte. Da war es auf den Höfen einfacher, besonders jetzt, wo die Erntezeit vor der Tür stand.
Aber zunächst knurrte der Magen. Die Sonne stand hoch am Himmel, und es war Mittagszeit. Florian suchte sich ein schattiges Plätzchen und breitete seine Kostbarkeiten aus.
Allerdings – viel war es nicht mehr, was der Rucksack hergab – ein wenig Brot und etwas von dem Rauchspeck, den er vor einer Woche als Teil seines Lohnes auf einem Bauernhof erhalten hatte.
Egal, dachte er und machte gute Miene zum bösen Spiel. Hauptsache, der Magen bekommt etwas zu tun. Nach dem Essen streckte er sich im Gras aus und schloß für eine Weile die Augen, die er erst wieder öffnete, als er lautes Hundegebell vernahm, das langsam näherkam.
Der Hund gehörte zu einem, dem man den Knecht schon von weitem ansah. Er führte eine Kuh am Strick mit sich.
»Pfüat di, Bauer«, grüßte Florian freundlich. »Du weißt doch bestimmt Bescheid hier in der Gegend. Ich bin auf der Suche nach einem Hof, auf dem ich eine Weile unterkommen kann. Brauchst net vielleicht selbst noch einen tüchtigen Knecht?«
Der Hund schnüffelte an ihm herum, der junge Bursche tätschelte den Kopf des Tieres, das ihm freundschaftlich die Hand leckte.
»Ich bräucht gewiß keinen Knecht«, lachte der alte Pankratz, der den Scherz schon verstanden hatte.
Er schüttelte den Kopf.
»Bei uns auf dem Hof wirst kein Glück haben«, sagte er dann. »Aber vielleicht droben am Pachnerhof. Die junge Bäuerin ist in arger Not, wird gesagt, und einen Bauern gibt’s net.«
»Na, dann will ich eilen, ihr aus dieser Not zu helfen«, rief Florian Brunner und machte dabei eine Verbeugung, als wäre er ein Rittersmann und nicht ein einfacher Landarbeiter. »Du mußt mir nur sagen, auf welchem Weg ich zu dieser Bäuerin komme.«
Pankratz lachte wieder. Der Bursche war nach seinem Geschmack. Mit dem würd’s bestimmt nicht langweilig werden. Schade, daß kein Platz mehr frei war.
Er erklärte den Weg zum Pachnerhof und zog dann, Kuh und Hund im Schlepptau, von dannen. Der Wanderbursche machte sich ebenfalls auf den Weg. Er wollte keine Zeit unnütz verstreichen lassen. Nach den Worten des Alten brauchte er auch noch eine Stunde, bis er den Hof erreichen würde.
Florian schritt kräftig aus. Der schwere Rucksack drückte zwar ein wenig, aber das war er schon gewohnt. Schon bald kam er an die Weggabelung, von der der Knecht gesprochen hatte, rechts ging es weiter zum Pachnerhof, während der linke Pfad ins Tal hinunterführte. Dort lag, in den Bergen eingebettet, St. Johann. Florian freute sich darauf, das Dorf zu besuchen. Gewiß gab es am Samstag abend einen Tanzball, und jede Menge hübscher Madeln.
Vorerst schlug er aber den Weg ein, der stetig in die Höhe führte, und sah nach einiger Zeit den Hof am Berghang liegen, auf dem es keinen Herrn, nur eine Herrin gab.
*
Florian klopfte sich den Staub von den Kleidern und fuhr sich durch das Haar, bevor er den Pachnerhof betrat. Mit dem Hut in der Hand ging er direkt zum Bauernhaus und klopfte an.
Schon mit dem ersten Blick hatte er festgestellt, daß es ein gut geführter Hof sein mußte. Alles blitzte vor Sauberkeit, nirgendwo war auch nur der Hauch einer Unordnung zu entdecken, wie der Bursche es oft auf anderen Höfen gesehen hatte. Die Haustür wurde