Dr. Daniel Classic 39 – Arztroman. Marie Francoise
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Dr. Daniel Classic 39 – Arztroman - Marie Francoise страница 3
»Sie wird durchkommen«, antwortete Dr. Daniel mechanisch, dann fuhr er sich mit einer Hand über die Augen. »Aber nun ist sie wieder allein.«
»Wieder?«
Dr. Daniel nickte. »Als Fünfjährige wurde Claire zur Vollwaise, und jetzt… jetzt steht sie zum zweiten Mal vor den Trümmern ihres Lebens. Dabei ist sie gerade sechzehn Jahre alt.«
Dr. Scheiblers Herz zog sich vor Mitleid zusammen. Er hatte selbst eine schwere Kindheit gehabt und konnte daher gut nachfühlen, was in dem Mädchen vorgehen würde, wenn sie erst von diesem Schicksalsschlag erfuhr, der sie nun zum zweitenmal ereilt hatte.
»Wie verkraftet Wolfgang den Exitus?« wollte Dr. Daniel wissen und riß Dr. Scheibler damit aus seinen Gedanken.
»Schwer«, antwortete er ehrlich. »Er versucht es zwar zu verbergen, aber ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, wie sehr er leidet. Und wenn er erst erfährt…« Dr. Scheibler stockte. »Ich fürchte, das wird ihn in ein ziemliches Tief werfen.«
»Da haben Sie zweifellos recht, Gerrit, aber ich glaube, es wird sich nicht vermeiden lassen, daß er es erfährt.« Dr. Daniel seufzte tief auf. »Ich muß jetzt in meine Praxis, aber heute mittag werde ich noch einmal nach Claire sehen.«
Damit wollte er gehen, doch Dr. Scheibler hielt ihn am Arm fest.
»Robert, darf ich Ihnen einen Rat geben?« Er wartete Dr. Daniels Antwort gar nicht erst ab. »Lassen Sie Ihre Praxis heute zu, und legen Sie sich ein paar Stunden ins Bett. Sie hätten den Schlaf dringend nötig.«
»Danke für den Rat, Gerrit, aber ich kann die Praxis nicht einfach zusperren. Es geht nicht…«
»Wenn Sie zusammenbrechen, dann wird es auch gehen müssen«, fiel Dr. Scheibler ihm ins Wort.
»Sie verstehen es ausgezeichnet, mich aufzumuntern«, erklärte Dr. Daniel mit offenem Sarkasmus.
Doch Dr. Scheibler blieb ernst. »Ich will Sie gar nicht aufmuntern, Robert, sondern Ihnen klarmachen, was passieren wird, wenn Sie mit Ihren Kräften weiterhin solchen Raubbau treiben. Sie waren gestern bis neun Uhr abends hier in der Klinik. Von dem ganzen Streß, den Sie tagsüber hatten, will ich gar nicht reden. Und nach allem, was ich weiß, waren Sie zum Zeitpunkt dieses schlimmen Verkehrsunfalls ebenfalls auf der Straße, und das war bereits gegen Mitternacht. Anschließend haben Sie dann sechs Stunden im OP gestanden – wobei die Nervenbelastung gerade in diesem Fall nicht zu unterschätzen ist. Ich will ehrlich sein, so etwas würde auch mich an den Rand meiner Leistungsfähigkeit bringen, und ich bin immerhin zwölf Jahre jünger als Sie.«
»Danke für den Hinweis auf mein Alter«, entgegnete Dr. Daniel etwas heftiger, als es seine Absicht gewesen war. »Dazu kann ich Ihnen aber sagen, daß ich mich mit meinen einundfünfzig Jahren durchaus noch nicht wie ein Tattergreis fühle.«
»Robert, warum kann ich mich Ihnen denn nicht verständlich machen? Ich mache mir doch lediglich Sorgen um Sie.«
»Das ehrt Sie, aber es ist völlig unnötig. Ich weiß schon, was ich aushalten kann.«
Danach nickte Dr. Daniel dem Oberarzt verabschiedend zu und verließ die Klinik. Besorgt sah Dr. Scheibler ihm nach.
»Warum will denn keiner auf mich hören«, murmelte er kopfschüttelnd, bevor auch er wieder an die Arbeit ging.
*
Wie recht Dr. Scheibler mit seinem Rat gehabt hatte, merkte Dr. Daniel noch am selben Vormittag. Er fühlte sich nach der durchwachten Nacht wie gerädert, und überdies schien die Patientenflut heute kein Ende nehmen zu wollen. Dazu kam, daß Dr. Daniels Gedanken immer wieder zu Claire Buschmann wanderten.Warum meinte es das Schicksal nur so schrecklich mit dem armen Mädchen?
Dann hatte sich die letzte Patientin endlich verabschiedet, und Dr. Daniel wußte, daß er jetzt aufstehen und zur Waldsee-Klinik fahren mußte, doch er war zu keiner Bewegung fähig.
Nur für einen Moment, dachte er und schloß die Augen. Er wollte gar nicht einschlafen, doch die Müdigkeit war stärker als er. Als seine junge Sprechstundenhilfe Sarina von Gehrau ihn wenig später so fand, verließ sie das Zimmer ganz besonders leise und schloß lautlos die Tür hinter sich.
»Was ist denn los?« wollte die Empfangsdame Gabi Meindl wissen.
»Er ist fix und fertig«, antwortete Sarina voller Mitleid. »Stellen Sie sich vor, Gabi, jetzt sitzt er an seinem Schreibtisch und schläft.«
Fassungslos schüttelte die junge Empfangsdame den Kopf. »Irgendwann arbeitet er sich wirklich noch mal zu Tode. Ich möchte bloß wissen, was diesmal wieder los war. Er hat ja schon so müde ausgesehen, als er in die Praxis gekommen ist.«
Sarina nickte. »Außerdem kam er heute früh nicht aus der Wohnung, sondern von draußen.« Sie seufzte. »Wahrscheinlich hat er die halbe Nacht in der Waldsee-Klinik gearbeitet.«
»Ich frage mich, wofür die eigentlich eine Gynäkologin haben, wenn bei Entbindungen doch immer wieder der Chef einspringen muß«, meinte Gabi und zeigte ihre Empörung über die Waldsee-Klinik dabei ganz deutlich. »Also allmählich…«
Es gelang Gabi nicht mehr, den Satz zu beenden, denn in diesem Moment klingelte das Telefon.
»Ich habe den Anrufbeantworter ja gar nicht eingeschaltet«, erkannte Gabi ärgerlich, dann hob sie mit einem tiefen Seufzer den Hörer ab. »Praxis Dr. Daniel, gu-ten Tag.«
»Scheibler, Waldsee-Klinik«, gab sich der Oberarzt am anderen Ende der Leitung zu erkennen. »Ist Dr. Daniel noch in der Praxis?«
»Ja, schon«, antwortete Gabi gedehnt, überlegte, ob sie die Wahrheit sagen sollte, und entschied sich schließlich dafür. Der Oberarzt war ihr sehr sympathisch, und sie hatte schon mehrmals gemerkt, daß man mit ihm gut reden konnte. »Er sitzt in seinem Büro und schläft.«
Dr. Scheibler stöhnte vernehmlich. »Er hat also nicht auf mich gehört, dabei hatte ich ihm dringend geraten, die Praxis heute vormittag geschlossen zu halten.« Er überlegte einen Moment. »Lassen Sie ihn schlafen, Fräulein Meindl, und schicken Sie ihn erst zu mir, wenn er von selbst aufwacht. Nach der vergangenen Nacht hat er den Schlaf nämlich bitter nötig.«
»Ist recht, Herr Dr. Scheibler«, meinte Gabi, verabschiedete sich und legte auf. Dann wandte sie sich Sarina zu. »Das ist wenigstens noch ein Mensch – so nett und verständnisvoll. Er hat gesagt, wir sollen den Chef besser schlafen lassen.«
»Das hätte ich sowieso getan«, erklärte Sarina entschieden. »Wenn Dr. Daniel bereits im Sitzen einschläft, muß er wirklich völlig erschöpft sein, und ihn dann aufzuwecken, wäre fast ein Verbrechen.«
*
Am späten Vormittag war Claire Buschmann zum ersten Mal aufgewacht.
»Mama«, wollte sie rufen, doch es wurde nur ein heiseres Flüstern.
Im nächsten Moment beugte sich eine hübsche schwarzhaarige Krankenschwester über sie und lächelte sie freundlich an.
»Hallo, Claire,