Das Schweizer EU-Komplott. Carl Baudenbacher

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Das Schweizer EU-Komplott - Carl Baudenbacher

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WIPO ist eine davon. Sie wurde am 14. Juli 1967 durch ein 1970 in Kraft getretenes Übereinkommen in Stockholm gegründet und hat ihren Sitz in Genf. 1974 wurde die WIPO zu einer Sonderorganisation im System der Vereinten Nationen. Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Die Schweiz ist seit 1919 auch Mitglied der International Labour Organisation ILO. Seit ihrer Gründung 1946 und trotz der Tatsache, dass die Schweiz nicht Mitglied war, war Genf von Anfang an der wichtigste europäische UNO-Sitz. Die Schweizer UNO-Mitgliedschaft wurde 1986 abgelehnt, erst ein zweiter Versuch im Jahr 2002 war erfolgreich.

      Da die Schweiz bei der Schaffung einer neuen Weltordnung nach dem Zweiten Weltkrieg am Rande stand, beteiligte sie sich nicht am Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen GATT, das am 30. Oktober 1947 im Palais des Nations in Genf von 23 Nationen unterzeichnet wurde und am 1. Januar 1948 in Kraft trat. Gründungsmitglieder waren Australien, Belgien, Brasilien, Burma, Kanada, Ceylon, Chile, China, Kuba, Tschechoslowakei, Frankreich, Indien, Libanon, Luxemburg, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Pakistan, Südrhodesien, Syrien, Südafrika, Grossbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika. Das Ad-hoc-Sekretariat befand sich in Genf. Die Grundprinzipien des GATT waren die Meistbegünstigungsklausel, der Grundsatz der Inländerbehandlung und das Verbot mengenmässiger Handelsbeschränkungen. Die Schweiz unterzeichnete das GATT erst am 1. August 1966. Seit dem 22. November 1958 war sie provisorisches Mitglied. Der Bundesrat erklärte in seiner Botschaft, die Schweiz sei zwar als provisorisches Mitglied von der Stimmabgabe ausgeschlossen. Das sei aber, da die Generalversammlung fast nie abstimme, nicht von grosser Bedeutung.

      Das Abseitsstehen des Landes bei der europäischen Integration entsprach seinem allgemeinen aussenpolitischen Ansatz. Aber es gab auch wirtschaftliche Bedenken gegen den Beitritt zum GATT. Der Bundesrat äusserte in seiner GATT-Botschaft von 1959 die Befürchtung, dass die Schweiz als Hartwährungsland, das vom Zweiten Weltkrieg verschont geblieben war und wirtschaftlich und finanziell prosperierte, einer ständigen Diskriminierung durch Länder mit schwacher Währung ausgesetzt wäre, die aufgrund ihrer unausgeglichenen Zahlungsbilanz die Einfuhr von Schweizer Waren einschränken oder ganz verbieten könnten, während sich die Schweiz aufgrund ihrer uneingeschränkten Liberalisierungspflicht nicht gegen solche Nachteile wehren könnte. Die Aussage war ebenso anmassend wie peinlich.

      Die Entscheidung, Vollmitglied des GATT zu werden, ist vor dem Hintergrund der Umwandlung der OEEC in die OECD zu sehen. In seiner Botschaft vom 10. Mai 1966 verwies der Bundesrat auf das fehlende Stimmrecht im Rahmen der provisorischen Mitgliedschaft und plädierte dafür, die Vollmitgliedschaft anzustreben, weil die Schweiz aktiv und konstruktiv an den Arbeiten des GATT mitgewirkt habe. Darüber hinaus gab es eine Änderung der Einstellung zum Importschutz für landwirtschaftliche Produkte. Der Beitritt zum GATT 1966 galt als diplomatische Meisterleistung. Der Schweizer Verhandlungsführer erklärte später, die Mitgliedschaft im GATT habe die Schweiz praktisch nichts gekostet. Die Schweiz beteiligte sich aktiv an der Kennedy-Runde und an den Runden von Tokio und Uruguay. Olivier Long und Arthur Dunkel – zwei Schweizer Bürger – fungierten als Generaldirektoren. Insgesamt hat der verspätete Beitritt zu GATT und UNO kaum zu wirtschaftlichen Einbussen geführt.

      Die Schweiz gehörte zu den Mitgliedstaaten der OEEC, deren erstes Ziel es war, den Wiederaufbau unter Beteiligung der Marshall-Hilfe vorzubereiten. Weitere Mitglieder waren Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Island, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, die Türkei und Westdeutschland. Die Mitgliedschaft der Schweiz wurde dadurch erleichtert, dass die OEEC eine zwischenstaatliche Organisation ohne supranationale Strukturen war. Der Marshall-Plan war ein im Jahr 1947 von den USA ins Leben gerufenes Europäisches Konjunkturprogramms.

      1961 wurde die OEEC von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD abgelöst. Die Vereinigten Staaten und Kanada wurden Mitglieder der OECD. Die Organisation, deren Sekretariat in Paris angesiedelt ist, hat derzeit 34 Mitgliedstaaten, die meisten davon Industrieländer. Entscheidungen können in rechtlich verbindlicher Form getroffen werden, werden aber oft als Richtlinien oder Empfehlungen abgegeben. Die OECD verwendet weitere Arten von «soft law» wie z.B. Best-Practice-Analysen und theoretische Studien. Die Schweiz konnte an einem der wichtigsten internationalen multilateralen Foren ohne supranationale Züge teilnehmen. Beschlüsse und Empfehlungen können nur einstimmig gefasst werden. Enthält sich ein Mitglied der Stimme, so hebt die Stimmenthaltung nicht die Entscheidung oder Empfehlung auf, die für die anderen Mitglieder, nicht aber für das enthaltene Mitglied gilt (Artikel 6 OECD-Übereinkommen). Die Organisation war also ziemlich nach Schweizer Geschmack. Der Bundesrat erklärte in seiner Botschaft vom 5. Mai 1961:

      «Die OECD ist wie die OEEC eine Organisation souveräner, gleichberechtigter Staaten, die über das Vetorecht, das Recht der Stimmenthaltung und das Austrittsrecht verfügen. Die Schweiz behält somit ihre volle Handlungsfähigkeit.»

      Dennoch sah sich der Bundesrat veranlasst, einen Neutralitätsvorbehalt zu machen. In der Zwischenzeit ist deutlich geworden, dass weder das Vetorecht noch der Neutralitätsvorbehalt von grossem Nutzen sind. Vor allem im Steuerrecht hat sich gezeigt, dass ein Land sein Vetorecht nicht ohne Nachteile ausüben kann.

      II.Zaungast bei der Gründung der EWG 1957

      Das Inkrafttreten des von Frankreich, Deutschland, Italien und den drei Benelux-Staaten Belgien, Niederlande und Luxemburg am 24. Juli 1952 abgeschlossenen Vertrages zur Gründung der EGKS, der am 23. Juli 1952 in Kraft trat, bereitete der Schweizer Wirtschaft keine grossen Probleme. Das änderte sich mit der Gründung der EWG, welche eine Zollunion errichtete und gemeinsame supranationale Institutionen, insbesondere den Rat, die Kommission und den EuGH ins Leben rief. Die Schweiz befürchtete, dass ihre Industrie bei den Warenzöllen diskriminiert werden könnte. Ab 1956 versuchte die Schweiz daher zusammen mit Grossbritannien eine Teilung Westeuropas zu verhindern, indem sie für die Idee der Schaffung einer grossen Freihandelszone innerhalb der OEEC warb. Die Verhandlungen scheiterten jedoch am französischen Widerstand. Am 25. März 1957 schlossen die sechs Mitgliedstaaten der EGKS die Römischen Verträge, den Vertrag zur Gründung der EWG und den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft EURATOM. Gleichzeitig wurde ein Abkommen geschlossen, nach dem EWG, EURATOM und EGKS eine gemeinsame parlamentarische Versammlung, einen gemeinsamen Gerichtshof sowie einen gemeinsamen Wirtschafts- und Sozialausschuss haben sollten. Mit dem sog. Fusionsvertrag von 1965 wurden auch die bisher separaten Kommissionen und Ministerräte zusammengelegt. Der EWGV und der EURATOM-Vertrag traten am 1. Januar 1958 in Kraft. Die Schweiz tröstete sich damit, dass sie am 22. November 1958 in das GATT aufgenommen wurde.

      III.EWG-Assoziationsversuch 1961–1963

      Im Frühsommer 1961 wurde klar, dass das Vereinigte Königreich einen EWG-Beitritt anstrebte. Die beiden NATO-Länder Dänemark und Norwegen wollten nachziehen. Die drei Staaten waren zur Überzeugung gekommen, dass die «Zollmauer», welche das Gebiet der EWG umschloss, ihre Exporte behinderte und dass die entsprechenden Verluste nicht durch den Handel innerhalb der EFTA wettgemacht werden konnten. Die drei EFTA-Neutralen Österreich, Schweden und die Schweiz schlossen sich dem nicht an. Schweden und die Schweiz waren die Krösusse der EFTA, deren Wirtschaft nicht im gleichen Masse exportabhängig war wie die der drei Beitrittswilligen. In Österreich gab es nach wie vor Stimmen, die sich für einen Beitritt zur EWG aussprachen, aber die im Staatsvertrag von 1955 eingegangene Verpflichtung zur Neutralität machte einen solchen Schritt unmöglich. Zwischen 1961 und 1963 versuchten die drei neutralen Staaten, ein Assoziierungsabkommen mit der EWG auszuhandeln. Im Hinblick auf das, was dreissig Jahre später mit dem EWRA erreicht wurde, darf der Hinweis nicht fehlen, dass ein solches Abkommen auf einem Ein-Pfeiler-Modell beruht hätte. Es wäre von der Kommission überwacht worden und die gerichtliche Zuständigkeit hätte beim EuGH gelegen. Die assoziierten EFTA-Staaten wären in diesen Organen nicht verteten gewesen. Zwar hatte die Schweiz die Illusion, dass Konflikte

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