Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch. Christoph Hülsmann

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Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch - Christoph Hülsmann Orbis Romanicus

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nicht ausreichend von den weiteren Dimensionen der Informationsstruktur, aber auch von anderen sprachlichen Ebenen abgegrenzt wurde.2

      Heute versteht man unter den Begriffen Topik und Kommentar (en. topic/comment) auf der Ebene des Satzes üblicherweise die Unterscheidung zwischen jenem Element, über das etwas ausgesagt wird (Topik), und dem Teil, der die Aussage bildet (Kommentar). (cf. Musan 2010, 25) Das komplementäre Begriffspaar geht auf Hockett (1958, 201) zurück, der damit prädikative Strukturen beschreibt: „The most general characterization of predicative constructions is suggested by the terms ‚topic‘ and ‚comment‘ for their I[mmediate] C[onstituent]s3: the speaker announces a topic and then says something about it.“ Eine etwas spezifischere pragmatische Definition von Topik findet sich bei Gundel (1988b, 210): „An entity, E, is the topic of a sentence, S, iff in using S the speaker intends to increase the addressee’s knowledge about, request information about, or otherwise get the addressee to act with respect to E.“ Den Kommentar definiert die Autorin anhand des Topiks wie folgt: „A predication, P, is the comment of a sentence, S, iff, in using S the speaker intends P to be assessed relative to the topic of S.“ (Gundel 1988b, 210)

      Bezieht man sich auf größere Einheiten als Sätze, wird – in Anlehnung an Barnes (1985) – meist der Begriff Diskurstopik verwendet. (cf. Stark 1997, 39) „A D[iscourse] T[opic] is, roughly, that thing which a segment of discourse larger than the sentence is about, i.e. about which it supplies information.“4 (Barnes 1985, 28) Wird ein Diskurstopik sprachlich realisiert, kann es gleichzeitig die Rolle des Satztopiks einnehmen. Darüber hinaus können aber auch außersprachliche Sachverhalte als Diskurstopiks fungieren. (cf. Stark 1997, 40)

      Als prototypische Topikkonstituenten5 gelten im Allgemeinen Nominalphrasen (NP). (cf. Molnár 1991, 193) Eine generelle Übereinstimmung herrscht darin, dass die Referenzialität von Konstituenten eine notwendige Voraussetzung für ihren Status als Topik ist.6 (cf. Gundel/Fretheim 2006, 187) Quantifizierte Konstituenten mit der Bedeutung ‚ein nicht spezifisches x‘, ‚jedes x‘ oder ‚kein x‘ gelten als nicht topikfähige Elemente, wie Jacobs (2001, 652) anhand des Beispiels (28) illustriert. Allquantifizierte nominale Ausdrücke, die wie in (29) auf eine gesamte Referentenklasse beziehbar sind, können hingegen durchaus als Topiks analysiert werden. (cf. Reinhart 1981, 65) Dass belebte Referenten im Vergleich zu nicht belebten tendenziell häufiger als Topiks fungieren, wurde unter anderem von Dahl und Fraurud (1996, 59–60) gezeigt.

(28) dt. ??Irgendein / *Jedes / *Kein Buch, ich hoffe, wir haben noch ein Exemplar. (Jacobs 2001, 652)
(29) en. Parents don’t understand. But all grownups, they do it to kids, whether they’re your own or not. (Reinhart 1981, 65)

      Gundels topic-identifiability condition zufolge muss der Hörer darüber hinaus in der Lage sein, das Topik der Äußerung eindeutig zu identifizieren: „An expression, E, can successfully refer to a topic T, iff E is of a form that allows the addressee to uniquely identify T.“ (Gundel 1988b, 214) Dies ist, so die Autorin, vor allem bei definiten Ausdrücken der Fall.7 Zusätzlich nimmt Gundel mit der topic-familiarity condition eine zwingende Korrelation zwischen Topikalität und der assumed familiarity nach Prince an: „An entity, E, can successfully serve as a topic, T, iff, both speaker and addressee have previous knowledge of or familiarity with E.“ (Gundel 1988b, 212) Mit diesem letzten Kriterium verbindet Gundel die Topik-Kommentar-Struktur nun auch direkt mit dem Informationsstatus von Referenten und postuliert eine 1:1-Entsprechung zwischen Topiks und gegebener bzw. identifizierbarer Information. Die Antwort auf die Frage in Beispielsatz (30) zeigt den durchaus als typisch zu bewertenden Fall, in dem das Topik Teil der gegebenen Information ist, während der Kommentar neue Information enthält.8 Aufgrund ihrer Gegebenheit, d.h. ihrer Nennung im Diskurs, sind Topiks wie das in (30) sehr empfänglich für Pronominalisierungen: „Die einmalige Setzung des Topiks zu Anfang genügt; es muß im folgenden nicht explizit benannt werden, solange es identisch bleibt und als Subjekt kodiert wird.“9 (Wehr 1984, 13)

(30) dt. Was hat Wolfgang gelesen? – Wolfgang/Er hat einen englischen Familienroman gelesen. (Musan 2010, 29)

      Reinhart (1981, 66) hingegen ist der Ansicht, dass auch neue, indefinite Nominalphrasen als Topiks interpretiert werden können, sofern sie, wie in (31), spezifisch sind.10 Wehr (1984, 11) sieht keinen Grund, warum nicht auch neue, indefinite Konstituenten in all-new-Sätzen wie dem in (32) als Topiks fungieren sollen, da hier das aboutness-Kriterium eindeutig erfüllt ist. Indefinite Nominalphrasen mit generischer Lesart sind Lambrecht (1994, 154) zufolge wiederum deshalb als Topiks möglich, da sie auf ein Set verweisen, wie etwa in (33). Auch in Beispiel (34) entspricht das Topik einer indefiniten, neuen Nominalphrase, die in der Folge jedoch pronominal wiederaufgenommen wird.11

(31) en. When she was five years old, [a child of my acquaintance]T announced a theory that she was inhabited by rabbits. (Reinhart 1981, 66)
(32) it. Un re s’ammalò. (Wehr 1984, 11)
(33) dt. Ein Arzt kann dir nicht helfen. (Lambrecht 1994, 154)
(34) en. A daughter of a friend of mine, she got her BA in two years. (Gundel 1985, 89)

      Ein auf den ersten Blick besonders deutliches Beispiel dafür, dass Topiks nicht immer auf gegebene oder identifizierbare Referenten beschränkt sind, ist die Äußerung (35), da hier die (potenzielle) Nicht-Identifizierbarkeit vom Sprecher explizit verbalisiert wird.

(35) en. Pat McGee, I don’t know if you know him, he – he lives in Palisades […]. (Reinhart 1981, 78)

      Unmittelbar nachdem der Sprecher den Eigennamen Pat McGee äußert, wird er sich dessen bewusst, dass der Hörer möglicherweise nicht in der Lage ist den Referenten zu identifizieren.12 Nach Lambrecht (1988, 146) verstößt er damit gegen folgende diskurspragmatische Maxime: „Do not introduce a referent and talk about it in the same clause.“13 Für Stechow (1981, 124) könnte der Einschub I don’t know if you know him folglich „an excuse of the speaker for possibly inappropriate speech“ sein. Wenn etwas alte Information sein sollte, aber nicht ist, verändere der Sprecher den common ground oft auch stillschweigend und agiere einfach so, als wäre die Information bekannt. (cf. ibid.) Lambrecht und Michaelis (1998, 495) haben in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, zwischen zum Zeitpunkt der Äußerung bereits etablierten Topiks (ratified topics) und nicht etablierten Topiks (unratified topics) zu unterscheiden.14

      Eine Art Vermittlerposition nimmt Lambrecht (1994) ein. Für ihn sind gegebene Elemente aufgrund ihrer pragmatischen Zugänglichkeit eher Topiks.15 Im Gegensatz zu Gundel geht er jedoch, wie in Abbildung 4 deutlich wird, von einer skalaren Topikalität aus.

      Abb. 4: Topic acceptability scale (Lambrecht 1994, 165)

      Sein Modell, das sich auf die Kategorien von Prince (1981) stützt und damit sowohl die Wissensebene als auch die Bewusstseinsebene von Sprechern berücksichtigt, bietet den Vorteil, dass Topiks, die brand-new sind, zwar als weniger akzeptabel eingestuft, jedoch nicht a priori ausgeschlossen werden. Ähnlich argumentieren Dalrymple und Nikolaeva (2011). Kategorien wie die Definitheit und die Belebtheit erhöhen für sie die Wahrscheinlichkeit, dass eine Konstituente als Topik fungiert.16 Ob sie dies tatsächlich auch tut, hängt vom Sprecher im jeweiligen Kontext

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