Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz. Ödön von Horváth

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Читать онлайн книгу Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz - Ödön von Horváth страница 6

Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz - Ödön von Horváth Reclams Universal-Bibliothek

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PRANTL (bietet nun dem Präparator Zigaretten an). Bitte --

      PRÄPARATOR. Ich bin so frei -- (er steckt sich eine an, lehnt sich bequem zurück und bläst geniesserisch den Rauch von sich). Alsdann meine Herrschaften -- kommt diese Person da zu mir in die Wohnung, schleicht sich in meine väterlichen Gefühle hinein und ich zeig ihr mein Aquarium und habe ihr ein Buch über Tibet geliehen und obendrein kauf ich ihr auch noch einen Wandergewerbeschein -- und derweil ist der ihr Vater gar kein Zollinspektor! Ich habe mich nämlich erkundigt, schon wegen meiner inneren Sicherheit als [24]Mensch, weil sich meine Umgebung immer lustig gemacht hat über mein weiches Herz.

      DIE PRANTL. Wandergewerbeschein? Was denn für Wandergewerbeschein? Den hat doch die dort von mir.

      PRÄPARATOR. Was?! Von Ihnen auch?!

      DIE PRANTL. Das ist doch der Usus im Betrieb. Die Firma streckt den Angestellten die Möglichkeit zum Arbeiten vor und die Angestellten arbeiten es ab. Hundertfünfzig Mark.

      PRÄPARATOR (ausser sich). Hundertfünfzig Mark?!

       (Stille.)

      DIE PRANTL. Das ist Betrug.

      ELISABETH (fährt plötzlich los). Ich bin doch keine Betrügerin!

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Darauf kommt es auch nicht an, Fräulein! Sondern ob der Tatbestand des Betruges erfüllt ist, darauf kommt es an! Sonst würd sich ja die ganze Justiz aufhören!

      DIE PRANTL. Richtig.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Mich geht es ja nichts an und ich persönlich habe mit dem Gericht gottlob nur insoferner etwas zu tun gehabt, als wie dass ich mit einem Richter verheiratet bin. Aber Sie haben ja Ihren Wandergewerbeschein nicht um das Geld dieses Herrn da gekauft, also -- ich höre meinen August schon sagen: Vorspiegelung falscher Tatsachen - Tatbestand des Betruges.

      PRÄPARATOR (ist verzweifelt in sich zusammengesunken; weinerlich). Ich bin doch ein armer Präparator der etwas Gutes getan hat --

      ELISABETH. Herr Präparator! Sie werden Ihr Geld schon wiedersehen.

      PRÄPARATOR. Nein.

      ELISABETH. Doch, jeden Pfennig.

      [25]PRÄPARATOR. Wann?

      ELISABETH. Ich werd es schon abarbeiten.

      DIE PRANTL. Wieso? (Sie liest aus Elisabeths Bestellbuch.) Zwei Paar Straps, ein Hüfthalter und ein Korsett. Und höhere Gewalt.

      PRÄPARATOR (fährt hoch). »Höhere Gewalt«! Betrug! Gebens mir auf der Stell mein Geld zurück, Sie!

      ELISABETH. Ich habe es jetzt nicht.

      DIE PRANTL. Aber Ihren Wandergewerbeschein haben Sie doch von mir!

      ELISABETH. Das schon.

      PRÄPARATOR. Na also!

      ELISABETH. Aber das Geld von dem Herrn habe ich zu etwas Dringenderem gebraucht.

      DIE PRANTL. Das wird ja immer interessanter!

      ELISABETH. Meinetwegen. Ich habe es zu einer Geldstrafe gebraucht.

      PRÄPARATOR (wieder ausser sich). Was?! Sie haben mit der Justiz schon etwas gehabt?! Eine Vorbestrafte sind Sie also?! Aber Ihnen bring ich noch in das Zuchthaus, das garantier ich Ihnen! Ich war Ihr letztes Opfer! (Er rast ab.)

      Szene Nummer 4

      DIE PRANTL. Gediegen! Sehr gediegen!

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Wenn der Herr da jetzt das beschwört, das mit dem Zollinspektor und Versicherungsinspektor, dann werden Sie verurteilt.

      DIE PRANTL. Zuchthaus.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Aber was! Nur Gefängnis und sonst nichts! Zirka vierzehn Tag.

      ELISABETH. Jetzt werden alle denken, dass ich die grösste Verbrecherin bin.

      [26]DIE PRANTL. Gedanken sind zollfrei und besonders wenn man es einem verschweigt, dass man schon vorbestraft ist.

      ELISABETH. Ich bin doch nicht verpflichtet, Ihnen das zu sagen.

      DIE PRANTL. Also nur nicht so von oben herab! Dieser Skandal ist eine Affenschand. Sie gehen natürlich fristlos --- jetzt bleibens aber nur da, bis dass die Polizei kommt! (ab).

      Szene Nummer 5

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Mich geht es ja nichts an, aber vorbestraft ist immer schon arg.

      ELISABETH (sagt es auf wie ein Schulmädchen). Ich bin vorbestraft, weil ich ohne Wandergewerbeschein gearbeitet habe -- und da hat man mir eine Geldstrafe von einhundertundfünfzig Mark hinaufgehaut, bezahlbar in Raten. Aber dann ist alles fällig geworden und ich hätt dafür in das Gefängnis müssen und meine Zukunft wäre wieder in das Wasser gefallen -- und so habe ich dafür dem Herrn Präparator sein Geld aufgebraucht.

      FRAU AMTSGERICHTSRAT. Also tuns nur nicht viel leugnen und zeigens Ihnen nicht gescheiter als wie der Richter ist. Mein Mann ist ja ein braver Mensch, aber tuns die Verhandlung nur ja nicht in die Länge ziehn durch unnötige Verteidigung!! Wenn ich zuhaus beim Mittagessen sitz und vergeblich auf ihn wart und er kann nicht weg, weil die Sitzung so lang dauert, dann hört auch bei ihm das Verständnis auf -- Wissens, die Angeklagten müssen halt auch ein Einsehen haben, dass schliesslich der Richter auch nur ein Mensch ist.

       (Dunkel.)

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      [27] Drittes Bild

      Szene Nummer 1

      Schauplatz: Vor dem Wohlfahrtsamt mit minimalem Vorgarten.

       Gruppe debattierender Kunden des Wohlfahrtsamtes, und zwar eine Arbeiterfrau, ein älterer Buchhalter und ein Fräulein namens Maria. Auch Elisabeth ist dabei. Sie lehnt an dem Vorgartengitter und sonnt sich in der schwachen Spätnachmittagssonne.

       Jetzt humpelt ein Invalider aus dem Wohlfahrtsamt.

      Szene Nummer 2

      INVALIDER. Bravo, bravo! Jetzt wollen die da drin im Wohlfahrtsamte auch nicht zuständig

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