Die Abenteuer des Sherlock Holmes. Arthur Conan Doyle

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Die Abenteuer des Sherlock Holmes - Arthur Conan Doyle Reclam Taschenbuch

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was ist dann mit ihm geschehen?«

      »Sie werden diese Frage mir überlassen. Ich hätte gern eine genaue Beschreibung von ihm und einige seiner Briefe, die Sie erübrigen können.«

      »Ich habe durch ein Inserat im Chronicle vom letzten Samstag nach ihm gesucht«, sagte sie. »Hier ist der Abschnitt und hier sind vier Briefe von ihm.«

      »Danke. Und Ihre Adresse?«

      »31 Lyon Place, Camberwell.«

      »Mr. Angels Adresse hatten Sie nie, wenn ich recht verstanden habe. Wie ist die Geschäftsadresse Ihres Vaters?«

      »Er reist für Westhouse & Marbank, die großen Bordeaux-Importeure in der Fenchurch Street.«

      »Danke. Sie haben Ihre Erklärung in aller Deutlichkeit abgegeben. Sie werden die Papiere hier lassen und den Ratschlag beherzigen, den ich Ihnen gegeben habe. Lassen Sie den ganzen Vorfall ein versiegeltes Buch sein, und erlauben Sie ihm nicht, Ihr Leben zu beeinträchtigen.«

      »Sie sind sehr liebenswürdig, Mr. Holmes, aber das kann ich nicht. Ich werde Hosmer treu sein. Er wird mich bereit finden, wenn er zurückkommt.«

      Trotz des grotesken Hutes und des nichtssagenden Gesichts lag eine gewisse Würde in dem schlichten Vertrauen unserer Besucherin, das uns Respekt abnötigte. Sie legte ihr kleines Papierbündel auf den Tisch und machte sich mit dem Versprechen auf den Weg, jederzeit wiederzukommen, wenn man sie rufe.

      Sherlock Holmes saß einige Minuten schweigend da, die Fingerspitzen gegeneinandergepresst, die Beine ausgestreckt und seinen Blick der Decke zugewandt. Dann nahm er aus dem Regal seine alte abgegriffene Tonpfeife, die ihm gleichsam ein Ratgeber war, und nachdem er sie angesteckt hatte, lehnte er sich in seinen Sessel zurück, von dichten blauen Rauchringen umwogt und mit einem Ausdruck unendlicher Gleichgültigkeit auf seinem Gesicht.

      »Ein recht interessanter Fall, dieses Mädchen«, bemerkte er. »Ich fand sie interessanter als ihr kleines Problem, das, nebenbei gesagt, ziemlich abgedroschen ist. Sie finden Parallelfälle, wenn Sie in meinem Verzeichnis nachsehen, unter Andover ’77, und etwas in der Art gab es letztes Jahr in Den Haag. So alt diese Idee auch sein mag, ein oder zwei Einzelheiten waren mir neu. Aber das Mädchen selbst war höchst aufschlussreich.«

      »Sie scheinen eine ganze Menge an ihr wahrgenommen zu haben, was für mich unsichtbar war«, bemerkte ich.

      »Nicht unsichtbar, sondern unbeachtet, Watson. Sie wussten nicht, worauf Sie achten mussten, und so entging Ihnen alles, was wichtig war. Ich kann Sie nie dazu bringen, die Wichtigkeit von Ärmeln zu begreifen, das Vielsagende von Daumennägeln oder die bedeutsamen Fragenkomplexe, die an einem Schnürsenkel hängen können. Also, was konnten Sie aus der Erscheinung dieser Frau schließen? Beschreiben Sie’s.«

      »Nun, sie trug einen schieferfarbenen, breitrandigen Strohhut mit einer ziegelroten Feder darauf. Ihre Jacke war schwarz mit aufgenähten schwarzen Perlen und einem Besatz aus kleinen schwarzen Jettornamenten. Ihr Kleid war braun, noch dunkler als Kaffee, mit etwas dunkelrotem Plüsch am Hals und an den Ärmeln. Ihre Handschuhe waren gräulich und am rechten Zeigefinger durchgescheuert. Ihre Stiefel habe ich nicht beachtet. Sie trug schmale, runde, hängende Ohrringe aus Gold und machte allgemein, auf eine gewöhnliche, bequeme, unbekümmerte Art, den Eindruck leidlichen Wohlstands.«

      Sherlock Holmes klatschte leicht in die Hände und lachte in sich hinein.

      »Auf mein Wort, Watson, Sie kommen wunderbar voran. Wirklich wahr, das haben Sie sehr gut gemacht. Sie haben zwar alles Wichtige übersehen, aber Sie haben die Methode erfasst, und Sie haben einen raschen Blick für Atmosphäre. Trauen Sie niemals allgemeinen Eindrücken, mein Junge, sondern konzentrieren Sie sich auf Einzelheiten. Mein erster Blick gilt immer dem Ärmel einer Frau. Bei einem Mann ist es vielleicht besser, zuerst die Kniepartie der Hosen zu mustern. Wie Sie bemerkten, hatte diese Frau Plüsch an den Ärmeln, ein sehr nützliches Material, um Spuren festzuhalten. Die doppelte Linie kurz über dem Handgelenk, wo die Maschineschreiberin ihre Hand am Tisch aufstützt, war wundervoll markiert. Die Nähmaschine mit Handbetrieb hinterlässt ein ähnliches Zeichen, aber nur am linken Ärmel und auf der am weitesten vom Daumen entfernten Seite, anstatt genau quer über die ganze Breite, wie in diesem Fall. Ich warf dann einen kurzen Blick auf ihr Gesicht und bemerkte den Abdruck eines Kneifers auf beiden Seiten ihrer Nase; ich wagte eine Bemerkung über Kurzsichtigkeit und Maschineschreiben, welche sie zu überraschen schien.«

      »Es überraschte mich.«

      »Aber ganz sicher war es sehr naheliegend. Ich war dann recht überrascht und interessiert, als ich beim Hinunterschauen bemerkte, dass ihre Stiefel, obwohl einander nicht unähnlich, tatsächlich verschiedene waren: Einer hatte eine leicht verzierte Schuhspitze, der andere eine glatte. Bei einem waren nur die beiden unteren Knöpfe von fünfen geschlossen, beim anderen der erste, dritte und fünfte. Nun, wenn Sie sehen, dass eine junge Dame, die sonst ordentlich gekleidet ist, von zu Hause mit verschiedenen, halb zugeknöpften Schuhen wegläuft, dann liegt die Folgerung nahe, dass sie in Eile war.«

      »Und was noch?«, fragte ich stark interessiert, wie immer bei den scharfsinnigen Beweisführungen meines Freundes.

      »Nebenbei hielt ich fest, dass sie, bevor sie von zu Hause weggegangen war, eine Notiz geschrieben hatte. Sie bemerkten, dass ihr rechter Handschuh am Zeigefinger zerrissen war, aber offensichtlich sahen Sie nicht, dass beide, Handschuh und Finger, mit violetter Tinte befleckt waren. Sie hatte in Eile geschrieben und ihre Feder zu tief eingetaucht. Das muss heute Morgen gewesen sein, sonst wäre der Fleck nicht so deutlich auf dem Finger geblieben. All dies ist amüsant, wenngleich ziemlich elementar. Aber zurück zur Sache, Watson. Würden Sie so gut sein, mir die Beschreibung Mr. Hosmer Angels aus der Zeitung vorzulesen?«

      Ich hielt den kleinen bedruckten Zettel ans Licht. »Vermisst«, hieß es da, »seit dem Morgen des 14., ein Herr namens Hosmer Angel. Etwa fünf Fuß, sieben Zoll groß; kräftig gebaut, blasse Gesichtsfarbe, schwarze Haare, in der Mitte etwas kahl, buschiger schwarzer Backen- und Schnurrbart; getönte Brille, leichte Sprechschwierigkeiten. War zuletzt bekleidet mit einem schwarzen, seidenbesetzten Gehrock, schwarzer Weste mit goldener Albert-Kette, grauen Harris-Tweedhosen und braunen Gamaschen über Schuhen mit seitlichen Gummizügen. Es ist bekannt, dass er in einem Büro in der Leadenhall Street beschäftigt war. Jedermann, der etwas weiß, etc. etc.«

      »Das genügt«, sagte Holmes. »Was die Briefe betrifft«, er fuhr fort, sie zu überfliegen, »so sind sie sehr alltäglich. Absolut kein Fingerzeig auf Mister Angel darin, außer dass er einmal Balzac zitiert. Aber es gibt auf jeden Fall einen bemerkenswerten Punkt, der Sie zweifellos verblüffen wird.«

      »Sie sind maschinegeschrieben«, bemerkte ich.

      »Nicht nur das, sogar die Unterschrift ist maschinegeschrieben. Schauen Sie sich das hübsche kleine ›Mr. Angel‹ am Ende an. Wie Sie sehen, gibt es ein Datum, aber keine Aufschrift außer ›Leadenhall Street‹, was ziemlich unbestimmt ist. Die Sache mit der Unterschrift ist sehr bezeichnend – in der Tat dürfen wir sie entscheidend nennen.«

      »Wofür?«

      »Mein lieber Freund, ist es möglich, dass Sie nicht sehen, wie sehr sich das auf den Fall auswirkt?«

      »Ich kann nicht behaupten, dass ich das sehe, es sei denn, dass er die Möglichkeit haben wollte, seine Unterschrift zu leugnen, falls es zu einem Prozess wegen eines nicht eingehaltenen Eheversprechens kommen würde.«

      »Nein, das war nicht der Grund. Wie dem auch sei, ich werde zwei Briefe schreiben, die die Sache klären sollten.

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