Metamorphosen. Ovid
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Metamorphosen - Ovid страница 9
Doch was ich beklage, ist noch gering! Große Städte gehen mit ihren Mauern unter, [215] und der Brand legt ganze Länder mit ihren Völkern in Asche. Es brennen die Wälder mit ihren Bergen. Es brennt der Athos, der cilicische Taurus, der Tmolus, der Oeta, der Ida, der damals trocken war, sonst überreich an Quellen, der Helicon, der Berg der jungfräulichen Musen, und der Haemus, der damals noch nicht dem Oeagrus gehörte. [220] Es brennt der Aetna von zweierlei Feuern, die sich ins Unermeßliche steigern, es brennt der Parnaß mit seinen zwei Gipfeln, der Eryx, der Cynthus, der Othrys, Rhodope, die endlich einmal die Schneekappe verliert, Mimas, Dindyma, Mycale und der Cithaeron, der für heilige Orgien geschaffen ist. Scythien nützt die heimische Kälte nichts; der Caucasus brennt. [225] Ebenso der Ossa, der Pindus, der Olymp, der größer ist als beide, die luftigen Höhen der Alpen und der wolkentragende Apennin.
Da sieht Phaethon den Erdkreis von allen Seiten in Flammen stehen und hält die gewaltige Hitze nicht aus; glühendheiße Luft wie aus dem tiefen Schlund einer Esse [230] atmet er mit dem Mund ein, spürt, daß sein Wagen sich bis zur Weißglut erhitzt, kann die aufgewirbelte Flugasche nicht mehr ertragen und ist ringsum in heißen Rauch gehüllt. Von pechschwarzem Dunkel bedeckt, weiß er nicht mehr, wohin er fährt oder wo er ist, und läßt sich von der Willkür der Flügelpferde fortreißen. [235] Wie man glaubt, wurden damals Aethiopiens Völker schwarz, weil die Hitze das Blut an die Oberfläche ihres Körpers lockte. Damals ward Libyen trocken, weil die Glut dem Lande die Feuchtigkeit entzog. Damals weinten die Nymphen mit aufgelöstem Haar um ihre Quellen und Seen: Boeotien vermißt Dirce, [240] Argos Amymone, Ephyra die Wellen der Pirene. Nicht einmal Flüsse, denen weit voneinander entfernte Ufer beschieden sind, bleiben verschont: Inmitten seiner Wellen dampfte der Tanais, ebenso der alte Penëus, der teuthrantische Caicus, der schnelle Ismenus, der Erymanthus bei Phegia, [245] der Xanthus, der später noch einmal brennen sollte, der gelbe Lycormas, der Maeander, der spielerisch seinen Lauf immer wieder zurückbiegt, der mygdonische Melas und der taenarische Eurotas. Es brannte auch der babylonische Euphrat, es brannte der Orontes, der schnelle Thermodon, der Ganges, der Phasis und die Donau. [250] Es siedet der Alpheus, die Ufer des Spercheus brennen; das Gold, das der Tagus in seinem Strome mit sich führt, wird im Feuer flüssig; und den Flußvögeln, die das Ufer Maeoniens durch ihren Gesang belebten, wurde mitten im Caystros heiß. Der Nil flüchtete voll Entsetzen ans Ende der Welt [255] und verbarg sein Haupt, das bis heute nicht wieder entdeckt ist. Seine sieben Mündungsarme sind staubig und leer, sieben Täler ohne Flußlauf. Dasselbe Geschick läßt den thracischen Hebrus zusammen mit dem Strymon austrocknen und die abendländischen Flüsse: den Rhein, den Rhodanus, den Padus und den Tiber, dem die Weltherrschaft verheißen war.
[260] Der ganze Erdboden wird rissig, durch die Ritzen dringt Licht in den Tartarus und erschreckt den König der Unterwelt und seine Gattin; das Meer schrumpft, und was eben noch Gewässer war, ist eine trockene Sandfläche; Berge, die das tiefe Meer bedeckt hatte, kommen zum Vorschein und vermehren die weitverstreuten Cycladen. [265] In die tiefsten Tiefen tauchen die Fische, und die Delphine wagen es nicht, sich in gekrümmtem Sprung über die See in die vertraute Luft zu erheben. Leblose Robbenleiber schwimmen rücklings auf dem Meeresspiegel. Selbst Nereus, Doris und ihre Töchter sollen sich in warm gewordenen Grotten versteckt gehalten haben. [270] Dreimal hatte Neptun sich erkühnt, die Arme und sein finster blickendes Gesicht aus dem Wasser hervorzustrecken, dreimal ertrug er die glutheiße Luft nicht. Doch die Mutter Erde, vom Meer umgeben, wie sie war, inmitten der Gewässer der See und der Quellen, die sich von allen Seiten um sie drängten und sich im Innern der schattenspendenden Mutter versteckt hatten, [275] erhob – vertrocknet bis in die Kehle – ihr bedrücktes Gesicht, hielt sich die Hand vor die Stirn, erschütterte alles mit starkem Beben, sank etwas in sich zusammen, saß weiter unten als sonst und sprach mit heiserer Stimme folgendermaßen: »Ist dies dein Ratschluß und habe ich dies verdient, was lassen dann noch deine Blitze auf sich warten, [280] oberster der Götter? Soll ich schon durch die Gewalt des Feuers vergehen, so laß mich wenigstens durch dein Feuer vergehen und mich in meinem Untergang damit trösten, daß du der Urheber bist. Kaum kann ich den Mund für diese wenigen Worte öffnen« – die Hitze schloß ihr die Lippen – »hier sieh nur mein ausgedörrtes Haar und so viel Asche in meinen Augen und auf meinem Gesicht! [285] Zahlst du mir diesen Zins, erweisest du mir diese Ehre für meine Fruchtbarkeit, meinen treuen Dienst, dafür, daß ich mich vom krummen Pflug und der Hacke verwunden und das ganze Jahr schinden lasse, daß ich dem Vieh das Laub liefere, dem Menschengeschlecht das Getreide als unblutige Nahrung und auch euch Göttern den Weihrauch? [290] Aber nimm an, ich hätte den Tod verdient – was hat das Wasser, was dein Bruder verbrochen? Warum schrumpft das Meer, das ihm durchs Los verliehen ist, warum muß es jetzt weiter vom Himmel entfernt sein? Läßt du dich aber weder deinem Bruder noch mir zuliebe rühren, so erbarme dich wenigstens deines Himmels! Sieh ihn dir an beiden Enden an! [295] Beide Pole rauchen; wenn sie das Feuer versehrt, werden eure Hallen einstürzen. Schau, selbst Atlas leidet Qualen und kann die glühende Himmelsachse kaum auf den Schultern halten! Wenn Meer und Lande vergehen und die Burg des Himmels, dann werden wir wieder ins alte Chaos gewirbelt. [300] Ist noch etwas übrig, so entreiß es den Flammen und sorge für das Wohl der Welt!«
Die Erde hatte zu Ende gesprochen, denn sie konnte die Hitze nicht länger ertragen und nichts mehr sagen, zog ihr Antlitz in sich selbst zurück und verbarg es in Höhlen, die näher bei der Unterwelt lagen.
Doch der allmächtige Vater rief die Himmlischen und auch [305] den Geber des Wagens dafür als Zeugen an, daß alles einem schweren Verhängnis zum Opfer fallen werde, wenn er nicht Abhilfe schaffe. Steil steigt er zur höchsten Zinne empor, von wo aus er die weiten Lande mit Wolken zu überziehen pflegt, von wo aus er Donner erregt und mit Schwung Blitze schleudert. Damals hatte er freilich keine Wolken, um die Erde zu überziehen, [310] keinen Regen, um ihn vom Himmel herabzusenden. Also donnert er; dann holt er weit aus – bis zum rechten Ohr – und wirft den Blitz auf den Wagenlenker, raubt ihm zugleich den Stand und das Leben und bezähmt mit grausamem Feuer das Feuer. Scheu werden die Rosse, springen in verschiedene Richtungen, [315] reißen den Hals aus dem Joch und hinterlassen zerfetzte Riemen. Hier liegt Zaumzeug, dort, von der Deichsel abgebrochen, die Achse, hier die Speichen geborstener Räder, und weit verstreut sind die Reste des zertrümmerten Wagens.
Aber Phaethon, dessen Haar die verheerende Flamme rötet, [320] wird kopfüber hinabgewirbelt und stürzt in weitem Bogen durch die Luft, wie zuweilen ein Stern vom heiteren Himmel zwar nicht fällt, aber zu fallen scheint. Fern der Heimat, am anderen Ende der Welt, nimmt ihn der gewaltige Eridanus auf und wäscht sein dampfendes Gesicht. [325] Hesperische Naiaden übergeben den Leib, der noch von dem dreizackigen Blitz raucht, dem Grabhügel, und sie ritzen in den Stein einen Spruch: »Hier ruht Phaethon, der Lenker des väterlichen Wagens; zwar konnte er ihn nicht halten, doch fiel er als einer, der Großes gewagt.« Der bejammernswerte Vater hatte in schmerzvoller Trauer [330] sein Angesicht verhüllt, und wenn wir es glauben wollen, soll ein Tag ohne Sonne vergangen sein; die Feuersbrunst spendete Licht, und so war dieses Übel wenigstens zu etwas nütze.
Clymene aber zerreißt, nachdem sie alles gesagt hat, was man in so schwerem Unglück sagen muß, in besinnungsloser Trauer ihr Kleid, [335] schlägt sich an die Brust und durchforscht die ganze Welt, zuerst auf der Suche nach den entseelten Gliedern, dann nach den Gebeinen. Sie fand sie schließlich an fremdem Ufer bestattet, sank an der Stätte zu Boden, wusch den Namen, den sie im Marmor las, mit ihren Tränen und wärmte ihn mit der bloßen Brust.
[340] Nicht weniger trauern die Sonnentöchter und bringen dem Tod als nutzlose Gaben ihre Tränen dar. Mit der flachen Hand schlagen sie sich an die Brust, rufen Tag und Nacht nach Phaethon, der ihre unglücklichen Klagen nicht hören kann, und werfen sich am Grabe nieder. Viermal hatte Luna ihre Hörner zum Vollmond ergänzt: [345] Die Mädchen hatten nach ihrem Brauch – einen Brauch hatte nämlich die Gewöhnung entstehen lassen – ihre Klage ausgestoßen; als eine von ihnen, Phaethusa, die älteste der Schwestern, sich auf die Erde niederwerfen wollte, klagte sie, ihre Füße seien erstarrt. Zu ihr versuchte die strahlende Lampetie zu kommen und wurde von einer plötzlich gewachsenen Wurzel festgehalten. [350] Die dritte wollte sich mit den Händen die