Metamorphosen. Ovid

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Metamorphosen - Ovid Reclam Taschenbuch

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viele Augensterne ausreichte, ist erloschen, und über die hundert Augen kommt eine einzige Nacht. Saturnia nimmt die Augen, versetzt sie auf das Gefieder ihres Vogels und füllt den Pfauenschweif mit sternengleichen Juwelen.

      Und sogleich entbrannte sie in Wut, verschob nicht die Stunde des Zornes, [725] stellte der Nebenfrau aus Argolis die schauerliche Erinys vor das geistige Auge, senkte einen verborgenen Stachel in ihre Brust und scheuchte die Flüchtige durch die ganze Welt. Nil, du solltest die letzte Station ihrer unermeßlichen Leiden sein! Dort angelangt, kniete sie am Uferrand nieder, [730] legte den Kopf zurück in den Nacken und hob das Gesicht steil zu den Sternen empor – nur diese Gebärde blieb ihr –; so schien sie unter Seufzern, Tränen und trauervollem Muhen sich bei Iuppiter zu beklagen und ihn zu bitten, ihren Leiden ein Ende zu setzen. Schmeichelnd legt er seiner Gemahlin die Arme um den Hals, [735] bittet sie, den Qualen endlich Einhalt zu gebieten, und spricht: »In Zukunft sei unbesorgt; diese wird dir nie mehr Schmerz bereiten.« Und er ruft die Styx an, seinen Eid zu bezeugen. Kaum ist die Göttin besänftigt, nimmt Io ihre frühere Gestalt an und wird, was sie vorher war: Am Leibe verschwinden die Borsten, [740] die Hörner schrumpfen, der Kreis des Auges wird enger, das Maul zieht sich zum Mund zusammen, Schultern und Hände kommen wieder, jeder Huf spaltet sich in fünf Nägel auf. Vom Rind ist nichts mehr übrig außer der weißen Schönheit; und die Nymphe, die sich jetzt damit begnügt, zwei Füße zu gebrauchen, [745] richtet sich auf, hat Angst zu sprechen, um nicht nach Art der Kühe zu muhen, und versucht nach der langen Unterbrechung nur schüchtern, Worte zu formen.

      Jetzt wird sie umschwärmt von einer Schar in Leinengewändern und als Göttin verehrt. Jetzt glaubt man endlich, daß Epaphus vom Samen des großen Iuppiter ist, und neben seiner Mutter [750] besitzt er überall in den Städten Tempel.

      Phaethon (I)

      Ebenso alt und ebenso stolz war Phaethon, der Sohn des Sonnengottes. Als Phaethon einmal prahlte, dem Sohn der Io nicht nachstehen wollte und auf seinen Vater Phoebus pochte, ertrug es der Inachusenkel nicht länger und sprach: »Du Narr glaubst deiner Mutter alles und brüstest dich mit dem Ahnenbild eines erlogenen Vaters.« [755] Da errötete Phaethon, und Scham betäubte seinen Zorn. Vor seine Mutter Clymene brachte er die Schmährede des Epaphus. »Und um das Maß deines Schmerzes voll zu machen, Mutter«, sprach er, »ich Freimütiger, ich Stolzer – habe geschwiegen. Ich schäme mich, daß diese Beschimpfung gegen uns laut werden konnte und daß sie sich nicht widerlegen ließ. [760] Bin ich aber wirklich von himmlischem Stamme, so gib du mir einen Beweis für diese hohe Herkunft und erkläre, daß der Himmel einen Anspruch auf mich hat.«

      Sprach’s, schlang die Arme um den Hals der Mutter und bat sie bei seinem Haupte, bei dem des Merops und bei den Hochzeitsfackeln der Schwestern, ihm Beweise dafür zu geben, daß Phoebus wirklich sein Vater war. [765] Clymene aber – tat sie’s, weil Phaethon sie bat, oder vielmehr aus Zorn über das Vergehen, das man ihr nachsagte? – streckte beide Arme zum Himmel, blickte zur hellen Sonne und sprach: »Bei diesem Licht, das glänzende Strahlen schmücken, das uns hört und sieht, schwör’ ich dir, mein Sohn, [770] daß du von diesem Sonnengott gezeugt bist, den du schaust und der die Welt ordnet. Wenn ich Erfundenes rede, soll er selbst mir seinen Anblick verweigern, und dieser Tag sei für meine Augen der letzte! Und du brauchst auch nicht lange Mühsal auf dich zu nehmen, um das Heim deines Vaters kennenzulernen. Das Haus, aus dem er aufgeht, ist unserem Lande benachbart; [775] wenn du Lust hast, geh; dann kannst du ihn selbst danach fragen.«

      Kaum hat seine Mutter so gesprochen, stürmt Phaethon sofort freudig hinaus; er lebt nur noch im Gedanken an den Himmel, durchwandert sein Aethiopien, dann das Gebiet der sonnenverbrannten Inder und geht unverdrossen zum Aufgang seines Vaters.

      Zweites Buch

      Phaethon (II)

      Der Palast des Sonnengottes stand stolz mit hochragenden Säulen da und strahlte von gleißendem Gold und feuerrotem Pyropus. Oben deckte den Giebel schimmerndes Elfenbein, und silberhell glänzten die beiden Torflügel. [5] Noch herrlicher als der Stoff war die Arbeit: Mulciber hatte nämlich dort in getriebenem Metall das Weltmeer dargestellt, wie es die Erde, die in der Mitte liegt, umgürtet; er hatte den Erdkreis gebildet und den Himmel, der sich darüber wölbt. Blaue Götter sind in den Wellen: Triton mit dem Muschelhorn, Proteus der Wandelbare, [10] Aegaeon, der mit den Armen riesige Walfischrücken drückt, Doris und ihre Töchter; einige von ihnen sieht man schwimmen; andere sitzen auf Felsen und trocknen ihr grünes Haar, manch eine reitet gar auf einem Fisch! Jede hat ein anderes Gesicht, und doch gleichen sie einander, wie es sich für Schwestern ziemt. [15] Die Erde trägt Männer und Städte, Wälder und wilde Tiere, Flüsse, Nymphen und andere Götter der Flur. Darüber steht das Bild des Himmels im Sternenglanz: sechs Tierkreiszeichen im rechten und ebenso viele im linken Türflügel.

      Kaum ist der Sproß der Clymene auf ansteigendem Pfad hier [20] angelangt und hat das Haus des Vaters, an dessen Vaterschaft er zweifelt, betreten, lenkt er alsbald seine Schritte vor das väterliche Angesicht; doch muß er weit entfernt stehenbleiben, denn aus größerer Nähe ertrug er das Licht nicht. In einem Purpurgewand saß Phoebus auf einem Thron, der von strahlenden Smaragden leuchtete. [25] Zur Rechten und Linken standen der Tag, der Monat, das Jahr, die Jahrhunderte und in gleichmäßigen Abständen die Stunden. Da stand der junge Frühling im Blütenkranz, da stand der nackte Sommer und trug Ährengewinde, da stand auch der Herbst, bespritzt von den Trauben, die er gekeltert hatte, [30] und der eisige Winter im struppigen grauen Haar. Darauf erblickte der Sonnengott, der den Platz in der Mitte innehatte, mit den Augen, mit denen er alles sieht, den Jüngling, den die ungewohnten Wunderdinge einschüchterten, und sprach: »Was ist der Grund deiner Reise? Was suchst du in dieser Burg, Phaethon, mein Sohn? Dein Vater verleugnet dich nicht.« [35] Er erwidert: »Gemeinsames Licht der unermeßlichen Welt, Phoebus, mein Vater, wenn du mir erlaubst, dich so zu nennen, und Clymene nicht unter trügerischer Maske eine Schuld verheimlicht, gib mir ein Pfand, mein Vater, damit man glaubt, daß ich wirklich dein Kind bin, und nimm von meinem Herzen diese Ungewißheit.« [40] Sprach’s; da legte der Vater den Strahlenkranz ab, der rings um sein Haupt blitzte, hieß ihn näher treten, umarmte ihn und sagte: »Du bist es wert, daß ich mich zu dir bekenne, und Clymene hat über deine Herkunft die Wahrheit gesagt. Und damit du nicht mehr zweifelst: Erbitte dir ein beliebiges Geschenk, um es aus meiner Hand zu empfangen. [45] Als Zeugen für dieses Versprechen rufe ich den Sumpf an, bei dem die Götter schwören müssen und den meine Augen nicht kennen.« Kaum hatte er zu Ende gesprochen, da bittet der Knabe um den Wagen des Vaters und um das Recht, einen Tag die Rosse lenken zu dürfen, deren Füße geflügelt sind.

      Da bereute der Vater seinen Schwur, schüttelte drei-, viermal [50] sein lichtglänzendes Haupt und sprach: »Leichtfertig ist mein Wort durch das deine geworden. O wäre es mir erlaubt, mein Versprechen nicht zu erfüllen! Ich bekenne es: Nur dies würde ich dir, mein Sohn, verweigern. Doch abzuraten steht mir frei. Was du dir wünschst, ist gefährlich. Etwas Großes begehrst du, Phaethon, eine Gabe, die diesen deinen Kräften [55] und deinen so jungen Jahren nicht entspricht. Dein Los ist es, sterblich zu sein; nicht sterblich ist, was du begehrst. Sogar mehr, als Göttern zuteil werden kann, beanspruchst du in deiner Unwissenheit. Mag auch jeder Gott viel von sich halten, so kann sich doch keiner außer mir auf die feurige Achse stellen. [60] Auch der Herrscher des großen Olymps, er, der mit furchtbarer Hand verheerende Blitze schleudert, wird diesen Wagen nicht lenken können; und was gibt es Größeres als Iuppiter?

      Steil ist die erste Strecke des Weges; kaum bewältigen sie die Pferde, obwohl sie am Morgen ausgeruht sind. In der Mitte des Himmels ist die Bahn sehr hoch; [65] selbst ich fürchte mich oft, von dort auf Meer und Land hinabzublicken, und die Brust erbebt mir vor beklemmender Angst. Die letzte Strecke ist abschüssig und verlangt eine sichere Lenkung: Sogar Tethys, die mich dann im darunterliegenden Wasser auffängt, bangt oft, ich könnte in die Tiefe stürzen. [70] Außerdem ist der Himmel von einem ständigen Wirbel erfaßt, zieht hoch oben die Sterne mit und dreht sie in

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