Sophienlust Bestseller 13 – Familienroman. Anne Alexander
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»Auf Capri wird es auch lustig werden«, versprach die junge Frau, wenngleich sie das Mädchen voll und ganz verstehen konnte. Es war ihr unbegreiflich, daß sich Marion Färber so gut wie überhaupt nicht um ihre Tochter kümmerte. Sie überschüttete zwar Selina zu den Festtagen mit Geschenken, doch das war auch alles.
Selina stand auf und legte ihre Arme um Marlene. »Schade, daß du nicht meine Mutter bist«, meinte sie. »Ich hab’ dich schrecklich lieb.«
»Ich dich auch, Kleines.« Marlene beugte sich zu dem Mädchen hinunter und küßte es auf die Stirn. »Aber jetzt sollten wir uns beeilen, sonst ist der Koffer bis zum Abendessen noch nicht gepackt.«
»Und Vati bleibt auf seinem Gala-Dinner sitzen«, bemerkte Selina lachend. Sie lief zur Zimmertür und öffnete sie einen Spalt. »Riecht schon richtig prima.«
»Dein Vater ist ja auch ein Meisterkoch.«
»Hat jemand nach mir geschickt?« David Färber trat in den Korridor. Mit langen Schritten ging er zum Kinderzimmer. Er trug eine riesige Schürze mit buntem Aufdruck. Schwungvoll öffnete er die Tür ganz.
»Wir schwärmten nur von deinen Kochkünsten, David«, sagte Marlene. Wieder einmal wurde ihr bewußt, wie sehr sie ihn liebte. David war zweiundvierzig, wirkte aber entschieden jünger. Manchmal erschien er ihr sogar wie ein großer Lausbub, da er jederzeit zu einem Streich aufgelegt war. Bei seinen Studenten erfreute er sich großer Beliebtheit.
»An denen es hoffentlich nichts auszusetzen gibt.« David Färber drohte mit dem Finger. »Ein Wort gegen mein Cordon Bleu und ihr kocht in Zukunft selbst.«
»Wir werden uns hüten.« Die Frau lächelte ihm zu. »Dein Cordon bleu wird uns auf der Zunge zerschmelzen.«
»Ihr habt es gut.« Selina blickte von einem zum anderen. »Ihr werdet nicht in die Verbannung geschickt.«
»Nenne es nicht Verbannung, Liebes.« Zärtlich umfaßte der Professor die Schultern seiner Tochter. »Wenn du alt genug dazu bist, werden Marlene und ich dich auf unseren Forschungsreisen mitnehmen, das verspreche ich dir.«
»Und wann bin ich alt genug?«
»Sagen wir, in drei Jahren.«
»Das ist ja noch eine halbe Ewigkeit.« Selina schnitt eine merkwürdige Grimasse. »Aber bis dahin werde ich keine Zeile von deinem Inkabuch lesen, Vati.«
David lachte auf. »Du weißt genau, daß es noch Jahre dauern wird, bis es fertig ist.« Er strich ihr durch die langen, blonden Haare. Wie hübsch sie ist, dachte er. Flüchtig erinnerte er sich daran, wie gern er in Marions Haare gegriffen hatte. Selina war ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Von ihm hatte sie nur den Charakter und das Wesen geerbt.
»Ich weiß nicht, aber irgendwie riecht es angebrannt.« Marlene wandte sich der Tür zu.
»Das Gemüse!« David Färber stürzte in den Korridor.
»So, und wir beide sorgen jetzt dafür, daß der Koffer fertig gepackt wird«, sagte Marlene energisch. »Denk’ auch daran, daß auf Capri das Wetter schon so herrlich ist, daß du baden gehen kannst. Wo hast du denn deinen Badeanzug?«
»Noch im Schrank.« Selina lachte. »Den hätte ich völlig vergessen.«
Eine halbe Stunde später war der Koffer gepackt und stand bereits im Korridor. Selina verließ das Haus, um sich von ihren Freundinnen zu verabschieden. Sie versprach, innerhalb einer Stunde wieder zurück zu sein. Vom Küchenfenster aus blickten ihr Marlene und David nach.
»Gut, daß Marion nicht ahnt, wie ungern Selina zu ihr kommt«, meinte David aufseufzend. »Manchmal frage ich mich, ob ich nicht doch einen Fehler gemacht habe. Ich war zwar bestrebt, Selina nicht gegen ihre Mutter zu beeinflussen, aber vielleicht unbewußt…«
»Du hast dir nicht das geringste vorzuwerfen, David.« Marlene Hofrat strich ihm liebevoll eine braune Strähne aus der Stirn. »Es ist ganz allein die Schuld deiner Ex-Frau. Bis jetzt war für Selina jeder Besuch bei ihr mehr als enttäuschend. Irgend etwas hat es auf Capri immer gegeben. Sei es, daß deine Ex-Frau nicht genügend Zeit für Selina hatte, sei es daß ausgerechnet um diese Zeit das ganze Haus voller Gäste war... Jedenfalls hat sie sich niemals ausschließlich um Selina gekümmert. Das ist nun über ein Jahr her. Hättest du sie nicht gebeten, Selina über Ostern einzuladen, dann…«
»Schon gut.« David küßte sie leicht auf die Wange. »Es ist dir gelungen, mich wieder aufzurichten.«
»Du solltest nicht über alles Witze machen, David.«
»Wenn ich jetzt sage, daß ich dich liebe, Marlene, dann ist das kein Witz, sondern völliger Ernst.« David nahm die junge Frau in die Arme. »Ich wünschte, wir hätten uns früher kennengelernt, Liebling, und zwar, bevor ich überhaupt etwas von Marions Existenz ahnte. Selina wäre dann deine Tochter…« Zärtlich glitten seine Finger über ihr Gesicht.
»Ich wäre sehr glücklich darüber« flüsterte Marlene. Mit strahlenden Augen schmiegte sie sich an ihn.
Der Tisch im Eßzimmer war festlich gedeckt. David Färber hatte seine Schürze abgebunden. Er saß Marlene direkt gegenüber. Selina, die rechtzeitig zum Essen zurückgekehrt war, fuhr den Servierwagen hinein. Während sie die Kerzen anzündete die auf dem Tisch standen, verteilte Marlene die Suppentassen.
»Morgen abend sitze ich schon bei Mutti auf der Terrasse und esse Pizza«, sagte Selina plötzlich. »Das heißt, wenn Mutti nicht ausgeht.«
»Na, am ersten Abend wird sie bestimmt zu Hause bleiben«, wandte David ein. »Wie schmeckt euch meine Fenchelsuppe?«
»Prima, Vati, du solltest immer kochen.«
»Laß’ das nicht Frau Stein hören«, meinte Marlene. »Sie bekommt es fertig und kündigt.«
»Ich würde so etwas nie zu ihr sagen«, erwiderte Selina. »Ich mag Frau Stein sehr gern, und kochen kann sie auch ganz gut. Nur Vati macht eben ganz besondere Sachen.«
»Er ist ja auch etwas ganz Besonderes.« Marlene blinzelte David zu.
»Du sagst es.« Der Professor nahm ihre Hand und drückte sie.
Einige Minuten später stand die junge Frau auf, um die Suppentassen abzuräumen. Selina machte auf dem Tisch Platz für die Platte mit dem Cordon bleu. Sie legte gerade den Servierlöffel dazu, als es klingelte.
»Nanu, wer kann denn das sein?« Professor Färber stand auf. »Laßt nur, ich gehe schon zur Tür.«
»Von meinen Freunden ist es bestimmt niemand«, sagte Selina zu Marlene. »Die wissen doch alle, daß wir um diese Zeit essen. Außerdem habe ich mich schon von ihnen verabschiedet.«
Es dauerte nicht lange, bis David zurückkam. Sein Gesicht wirkte grau. Marlene warf ihm einen besorgten Blick zu. »Ist etwas passiert?« fragte sie angstvoll. Erst dann entdeckte sie das Telegramm in seiner Hand.
»Hat Mutti abgesagt?« fragte Selina. »Hat sie keine Zeit für mich?«
David