Sophienlust Bestseller 13 – Familienroman. Anne Alexander

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Sophienlust Bestseller 13 – Familienroman - Anne Alexander Sophienlust Bestseller

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Mutter ist tot.«

      Selina sprang auf. Ihre Augen starrten ihn entsetzt an. »Tot?« wiederholte sie. Dann warf sie sich in seine Arme. »Und ich wollte nicht zu ihr.« Aufschluchzend verbarg sie ihr Gesicht an seiner Brust.

      »Du hast keinen Grund, dir Vorwürfe zu machen, Liebes«, versuchte David, seine Tochter zu trösten. »Daß du nicht die Osterferien bei deiner Mutter verbringen wolltest, hat nichts mit ihrem Tod zu tun.«

      »Aber ich hätte sie öfter anrufen können«, stammelte Selina. »Ich hatte aber nie Lust, sie anzurufen.« Sie klammerte sich an ihn. »Vielleicht hat Mutti nur darauf gewartet.« Ihre Augen waren angstvoll auf ihn gerichtet.

      »Das glaube ich nicht.« David drückte sie fest an sich. »Deine Mutter hätte doch auch anrufen können, oder?«

      »Trotzdem.« Selina löste ihre Hände vom Vater. »Ich möchte ins Bett gehen.«

      »Ich komme mit dir mit, Selina.« Marlene legte einen Arm um die Schultern der Zwölfjährigen. »Ich bleibe bei dir, bis du eingeschlafen bist.« Sie wandte sich halb zu David um. »Kannst du bitte einen Beruhigungstee aufbrühen?«

      »Natürlich.« Der Mann warf nochmals einen kurzen Blick auf das Telegramm, das Marlene auf den Tisch gelegt hatte, dann ging er in die Küche.

      Es dauerte lange, bis Selina trotz des Beruhigungstees eingeschlafen war. Zehn Uhr war längst vorbei, als Marlene endlich von ihrem Bett aufstand und ins Wohnzimmer ging. David Färber saß in einem der Sessel. Schwer stützte er den Kopf in die Hände. Als sie eintrat, blickte er auf. »Alles in Ordnung?«

      Marlene nickte. »Sie schläft.« Sie strich sich müde über die Stirn. »Soll ich uns einen Kaffee machen?«

      »Ich habe schon welchen aufgebrüht. Ich muß ihn nur noch hereinholen.« Der Professor wollte aufstehen.

      »Laß nur, ich mache das schon.«

      »Lieb von dir.«

      Als Marlene das Eßzimmer durchquerte, merkte sie, daß David den Tisch abgeräumt hatte. Das Cordon bleu stand auf der Anrichte in der Küche, das gebrauchte Geschirr war bereits abgewaschen. Sie stellte die Schüssel mit dem Fleisch in den Eisschrank, dann nahm sie die Kaffeekanne und kehrte zurück. David hatte inzwischen Kaffeetassen und Unterteller auf ein kleines Tischchen gestellt.

      »Ich habe mit Marions Mädchen gesprochen«, sagte er, nachdem er den ersten Schluck Kaffee getrunken hatte. »Zum Glück spricht diese Angela sehr gut deutsch. Mein Italienisch ist nämlich nicht gerade berühmt.«

      »Angela?«

      »Ach so, das habe ich auch erst jetzt erfahren. Marion hatte schon wieder einmal ein neues Mädchen. Du weißt ja, keine Hausangestellte hat es lange bei ihr ausgehalten. Dabei hat sie sich stets bemüht, nett zu ihnen zu sein.« Er zuckte die Schultern. »Sie war einfach nicht für ein ruhiges Leben geschaffen. Sie mußte stets mitten in einem Wirbelsturm sein.« Er seufzte leise auf. »Jedenfalls habe ich erfahren, was gestern passiert ist. Marion und ihr Freund sind mit seinem Motorboot direkt auf die Klippe zugefahren. Ein Augenzeuge hat berichtet, sie hätten sich während der Fahrt geküßt.«

      »Das ist doch unmöglich.«

      »Bei Marion nicht.« David griff nach seiner Tasse. »Ich reise nicht am Montag ab, sondern jetzt erst am Mittwoch. Begleitest du mich und Selina morgen nach Italien?«

      »Würde ich nicht nur stören?«

      »Aber, Liebling!« Er nahm ihre Hände. »Wenn Selina und ich dich jemals gebraucht haben, dann jetzt. Du ersetzt ihr seit Jahren die Mutter. Sie liebt dich. Bitte, Marlene, komme mit.«

      »Gut.« Die Frau nickte. »Was ist mit Selinas Tante?«

      »Ich habe versucht, sie zu erreichen, aber bei ihr meldet sich niemand. Womöglich ist sie bereits in Italien.« David schnitt eine Grimasse. »Ich habe mich nie mit ihr verstanden. Wir waren von Anfang an Feinde. Wie das kommt, weiß ich auch nicht. Irgendwie hatte ich immer den Verdacht, daß Hannelore es mir übelnahm, daß ich Marion geheiratet habe. Sie betrachtete Marion als ihren höchstpersönlichen Besitz.«

      »Dann können wir uns ja auf etwas gefaßt machen«, meinte Marlene.

      »Und kommst du trotzdem mit?«

      »Denkst du, ich lasse dich im Stich?« Sie griff mit einer Hand in sein volles braunes Haar. »Wir werden es schon schaffen, David.« Ihre Stimme klang zuversichtlicher, als sie sich fühlte. Der Gedanke, unter Umständen in einen Familienstreit hineingezogen zu werden, erfüllte sie mit leisem Grauen.

      *

      Selina Färber starrte aus dem Fenster auf Neapel hinunter. An und für sich flog sie gern, doch dieser Flug hatte etwas von einem Alptraum für sie gehabt. Ihre Eltern hatten sich scheiden lassen, als sie erst drei Jahre alt gewesen war. Sie hatte ihre Mutter kaum gekannt. Die wenigen Besuche bei ihr zählten da nicht. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals mit irgendwelchen Sorgen zu ihr gegangen zu sein. Ihre Mutter war fröhlich gewesen und hatte immer eine Menge Menschen um sich herum gehabt, aber für sie hatte es in ihrem Leben nie einen Platz gegeben. »Ist das nicht der Vesuv?« Marlene Hofrat wies auf einen hohen Berg, der südlich der Stadt aufragte.

      »Ja«, erwiderte Selina teilnahmslos. Sie starrte weiterhin aus dem Fenster. »Da ist Capri.« Ihre Stimme vibrierte. »Und ich wollte nicht nach Capri. Ich hatte überhaupt keine Lust, meine Mutter zu besuchen. Und jetzt ist sie tot!«

      »Aber Liebes, beides hat doch nichts miteinander zu tun.« David Färber griff über Marlenes Schoß hinweg nach Selinas Hand. »Glaub’ mir, deiner Mutter wäre es gar nicht recht gewesen, wenn sie wüßte, daß du dir Vorwürfe machst.«

      »Woher weißt du das?« Selina wandte ihm ihr Gesicht zu. »Sie hat mich bestimmt liebgehabt, auch wenn sie nie Zeit für mich hatte. Nur ich...« Sie vergrub das Gesicht in den Händen.

      »Es wird alles wieder gut, Selina«, sprach Marlene beinahe beschwörend auf sie ein. Sie schloß die Zwölfjährige in die Arme. Sie bezweifelte nicht, daß Marion Färber ihre Tochter auf eine gewisse Art geliebt hatte, doch es war eine sehr egoistische Liebe gewesen. Sie hatte sich Selinas immer nur erinnert, wenn es in ihre eigenen Pläne gepaßt hatte.

      Das Flugzeug kreiste jetzt über dem Flughafen und stieß dann steil nach unten. Bereits eine Stunde später befanden sie sich in einem Taxi, das sie zum Hafen brachte. Kurz darauf betraten sie die Fähre nach Capri.

      Selina stand an der Reling. Sie wirkte völlig verloren. Nicht einmal die beiden italienischen Kinder, die ganz in ihrer Nähe spielten, interessierten sie, dabei liebte sie kleine Kinder über alles.

      »Wir müssen ihr Zeit lassen«, flüsterte David bedrückt. »Zu dumm, daß ich spätestens am Mittwoch nach Peru fliegen muß.«

      »Ich bin ja noch einige Zeit in Stuttgart, David«, meinte Marlene.

      »Dann gibt es ja auch noch Sophienlust. Frau von Schoenecker wird ihr wahrscheinlich besser helfen können als wir.« Mit einem etwas schmerzlichen Lächeln fügte sie hinzu: »Immerhin hat sie darin eine gewisse Routine.«

      Die Fähre legte im Hafen von Capri an. Sie waren kaum an Land gegangen, als ein älterer Mann auf sie zutrat. »Signor Färber?« fragte er.

      »Ja, woher kennen Sie mich?«

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