Joseph. John C. Lennox
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Im letzten Moment wird der Brudermord vermieden, als einer der Brüder, Juda, vorschlägt, dass Joseph an die vorbeiziehende Karawane von midianitischen Sklavenhändlern verkauft wird. Der Handel wird abgeschlossen, und Joseph wird nach Ägypten gebracht, wo er als Haussklave an Potiphar verkauft wird, einen hohen Beamten im Gefolge des Pharaos.1 Joseph erweist sich als ein besonders guter Hausverwalter und wird bald damit betraut, Potiphars ganzer Hauswirtschaft vorzustehen. Doch das Verlangen von Potiphars Frau richtet sich auf Joseph, und als er ihre Annäherungsversuche ablehnt, beschuldigt sie ihn vor Potiphar, der ihn ohne eine Anhörung ins Gefängnis wirft.
Doch als Joseph sogar zu Unrecht eingesperrt ist, zeigen sich seine Führungsqualitäten, und schon nach kurzer Zeit wird er zum vertrauenswürdigen Verwalter des Gefängnisses unter seinem Direktor. Es passiert nicht viel, bis schließlich zwei Hofbeamte als Gefangene in seine Obhut gegeben werden: der Mundschenk und der Bäcker des Pharaos. Sie erzählen Joseph von ihren Träumen, der sie richtig deutet, dass der Erstere wieder in seine Stellung eingesetzt und der Zweite gehängt werden wird. Joseph ergreift die Gelegenheit und erklärt dem Mundschenk seine eigene ungerechtfertigte Inhaftierung und bittet ihn, nach dessen Freilassung Joseph positiv beim Pharao zu erwähnen. Doch der Mundschenk vergisst Joseph und erinnert sich erst zwei Jahre später wieder an ihn, als der Pharao selbst aufwühlende Träume hat.
Der Pharao lässt Joseph rufen, der dessen Träume als eine Botschaft Gottes deutet, dass sieben Jahre des Überflusses vor Ägypten liegen, denen sieben Jahre Hungersnot folgen. In diesem Zusammenhang rät Joseph dem Pharao, dass er Lebensmittelvorräte für das Volk anlegen soll. Der Pharao erkennt die Weisheit in Josephs detailliertem wirtschaftlichen Rat und ernennt ihn sofort zum Großwesir und Landwirtschaftsminister über Ägypten, der an zweiter Stelle direkt nach dem Pharao steht.
Joseph, vom Gefängnis in ein hohes Staatsamt katapultiert, beginnt sofort damit, seine ausgezeichneten Verwaltungsfähigkeiten und seine neue Macht einzusetzen, um große Getreidespeicher für das Volk zu errichten. Diese Vorgehensweise funktioniert so gut, dass die ägyptischen Getreidespeicher am Ende der sieben reichen Jahre so voll sind, dass sie fast überfließen.
Dann kommen die Jahre der Hungersnot, wie der Pharao es in seinen Träumen vorausgesehen hat. Der Mangel an Nahrungsmitteln betrifft nicht nur Ägypten, sondern auch die umliegenden Nationen, die gezwungen sind, sich für Hilfslieferungen an Ägypten zu wenden. Unter den Hilfesuchenden sind Josephs Brüder, die an einem Verteilzentrum ankommen, das von Joseph selbst betreut wird. Sie erkennen ihn nicht, obwohl er sie erkennt.
Es entfaltet sich nun ein faszinierendes und komplexes menschliches Drama, in dem Joseph, immer noch unerkannt von seinen Brüdern, hinter den Kulissen seine Macht und seinen Einfluss einsetzt, um ihr Gewissen aufzuwecken, damit sie ihren Taten ins Gesicht sehen. Als er schließlich überzeugt ist, dass sie Buße getan haben, offenbart er sich ihnen. Er vergibt ihnen öffentlich und umarmt sie in einer der bewegendsten Szenen der ganzen Weltliteratur.
Es ist ein Meisterstück der Erzählkunst. Der elegante Gebrauch der einfachen, fließenden Sprache trägt uns in eine Welt, die auf den ersten Blick unserer heutigen Welt völlig fremd ist; doch wenn wir uns in die Erzählung hineindenken, wird sie ganz schnell zu einem hell strahlenden Licht, das durchdringend in die komplexen Verwicklungen unseres eigenen Lebens scheint.
Josephs Geschichte hat die Weltliteratur inspiriert, zum Beispiel den vierbändigen Roman Joseph und seine Brüder des deutschen Schriftstellers Thomas Mann, der von den meisten als seine größte literarische Errungenschaft angesehen wird. Ebenso hat die Geschichte Josephs zu großartigen Kunstwerken angeregt, wie zum Beispiel Friedrich Overbecks Freskenzyklus Der Verkauf Josephs; Giovanni Andrea de Ferraris mächtiger Darstellung von Josephs blutverschmiertem Ärmelkleid, das seinem entsetzten Vater gezeigt wird; Philipp Veits Interpretation, wie Joseph vor Potiphars Ehefrau flieht; und vielleicht das berühmteste Gemälde von allen, Rembrandts Gemälde von Jakob als altem Mann, der Josephs zweiten Sohn vor dessen Erstgeborenem segnet.
Es ist eine Geschichte von zwei Kulturen – der Nomadenkultur Kanaans, in der Joseph seine ersten siebzehn Jahre lebt, und der ägyptischen Hochkultur, wo er den Rest seines Lebens verbringt. In dieser und in vielerlei anderer Hinsicht zeigt Josephs Geschichte Parallelen zu Daniel auf. Daniel verbrachte seine ersten fünfzehn Jahre in dem kleinen Stammesgebiet von Juda und den Rest seines Lebens in der Hochkultur Babylons. Beide Männer kamen als Gefangene in das neue Land und stiegen schließlich zu ähnlich wichtigen Regierungspositionen in ihren jeweiligen Ländern im Exil auf. Aber es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen ihnen. Joseph kam als Sklave zu einem mächtigen Hofbeamten des Pharao, dem Obersten der Leibwache, nach Ägypten, während Daniel, obwohl er ein Gefangener war, an der Universität von Babylon die dortige Kultur, die Sprache und die Gesetze studieren musste, um einmal als Regierungsbeamter zu fungieren. Es wird nicht berichtet, dass Joseph irgendeine formale Ausbildung erhielt, obwohl auch das nicht unmöglich ist.
Es gibt sechs wichtige Großreiche, die die biblische Geschichte umfassen: Ägypten, Assyrien, Babylon, Medo-Persien, Griechenland und Rom. Joseph spielte eine wichtige Rolle im ersten Großreich, Daniel im dritten. Ihre Gabe, Träume zu deuten, war wesentlich für diese Rollen.
Die Bedeutung der polytheistischen Kultur und Ideologie Babylons für das Buch Daniel ist ziemlich einfach zu erkennen, wie ich bereits an anderer Stelle dargelegt habe.2 Es ist etwas schwieriger, die Bedeutung der Kultur des gleichsam polytheistischen Ägyptens für die Geschichte Josephs zu erkennen, aber es gibt sie nichtsdestoweniger.
Der Bericht von Josephs Leben nimmt die letzten Kapitel des ersten Buches Mose ein. Er beginnt ziemlich unvermittelt in 1. Mose 37,2: „Dies ist die Geschichte Jakobs: Joseph, siebzehn Jahre alt, weidete die Herde mit seinen Brüdern.“ Dieser Ausdruck „Dies ist die Geschichte …“ (in den deutschen Übersetzungen später auch „Dies sind die Geschlechter …“) taucht einige Male im ersten Buch Mose auf und wird als literarische Kennzeichnung allgemein anerkannt, die der Autor des Buches einsetzt, um seine lange Erzählung in größere Abschnitte zu unterteilen.
Dass die Betonung hier auf Jakob und nicht nur auf Joseph liegt, erinnert uns daran, dass dieser letzte Teil dieses Bibelbuches nicht einfach nur die Geschichte Josephs ist. Es handelt sich nach wie vor um die Geschichte Jakobs. Denn obwohl das Buch mit dem Tod Josephs endet, wird im vorletzten Kapitel der Tod Jakobs festgehalten. Ebenso ist es auch nicht einfach nur die Geschichte von Joseph und Jakob. Sie muss richtigerweise als die Geschichte von Jakob und seinen Söhnen angesehen werden – den Geschlechtern Jakobs. Josephs Schicksal ist untrennbar mit dem seiner vielen Brüder verbunden.
1 Das Wort pharao ist die griechische Form des ägyptischen pero oder per-a-a. Es war die Bezeichnung der königlichen Residenz und bedeutet „Großes Haus“. Der Name der Residenz wurde mit dem Herrscher assoziiert und im Lauf der Zeit ausschließlich für den Anführer des Volkes verwendet.
2 John C. Lennox, Against the Flow: The Inspiration of Daniel in an Age of Relativism, Oxford/GB (Lion Hudson) 2015.
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Der Aufbau des ersten Buches Mose
Komplexe Leben haben komplexe Hintergründe, und das Leben Josephs bildet da keine Ausnahme. Bevor wir also die Geschichte Josephs in Einzelheiten betrachten,