Joseph. John C. Lennox

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Joseph - John C. Lennox

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      Doch der Baum in dem biblischen Bericht vom Garten Eden war nicht einfach der Baum des Wissens oder der Erkenntnis. Es war der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, was eine völlig andere Sache ist. Die Schlange eröffnete nicht einen Pfad zu Unmengen an Wissen, die wir mit einer Universität in Verbindung bringen, die zu einem guten menschlichen Gedeihen führen könnte, sondern nur zu einer bestimmten Art von Erkenntnis – das Wissen um Gut und Böse. Dieses Wissen, das die ersten Menschen erlangten, war grauenhaft, düster und schmerzlich, und führte zu einem Bruch zwischen ihnen und Gott. Das war kein menschliches Gedeihen; es war der entstehende Tod. Wenn die Webseite behauptet, dass der Schlangenpfad „zugespitzte Anspielungen auf den biblischen Konflikt zwischen Unschuld und Erkenntnis“ enthält, so scheint der Gedanke hier zu sein, dass Gott die Menschen in einem Zustand von Unwissenheit gefangen hält und ihnen das Wissen vorenthält, das zur Entwicklung ihres vollen Potenzials führen würde. Diese verdrehte Vorstellung ist der Nährboden für viel Atheismus. Aber es ist eine völlig falsche Lesart von 1. Mose. Denn dass die Unschuld im Garten sei und die Erkenntnis außerhalb, ist das genaue Gegenteil der Wahrheit, wie der biblische Bericht ganz deutlich herausstellt.

      Wie wir gesehen haben, beschreibt 1. Mose 2 den Garten Eden als einen Ort, wo die Menschen ihr kreatives Potenzial voll ausschöpfen konnten. Die Tragödie ist, dass die falsche Lesart dieser Geschichte zu der immer wiederkehrenden Verleumdung geführt hat, dass Gott der Feind der menschlichen Entwicklung sei, anstatt ihr Urheber.

      Das Samen-Projekt

      Gott sagt zur Schlange, nachdem sie die Menschen getäuscht hat:

      Und ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Samen und ihrem Samen; er wird dir den Kopf zermalmen, und du wirst ihm die Ferse zermalmen (1Mo 3,15).

      Es ist ein Urteil, aber es ist auch die Grundlage für eine erstaunliche Zukunftserwartung. Indem Gott verspricht, dass der Nachkomme der Frau triumphieren soll, erklärt Er, dass die Menschheit nicht am Ende ist – weit gefehlt. Die Menschheitsgeschichte wird komplex und voller Frustrationen und Schwierigkeiten werden; nichtsdestotrotz sagt Gott, dass ein Mensch schließlich den Feind besiegen wird.

      Das ist nicht einfach eine Prophezeiung, dass Gott triumphieren wird, was nie bezweifelt wurde. Es ist eine Prophezeiung, dass die Menschheit den Sieg davontragen wird. Am Ende wird es der „Same der Frau“ sein, ein menschliches Wesen, das den Feind überwinden wird.

      Und so beginnt die Geschichte des Samens, der seinen absoluten Mittelpunkt in dem findet, den Paulus im Neuen Testament den Samen oder den Nachkommen nennt – nämlich Jesus Christus (Gal 3,16). Das erste Buch Mose enthält den Bericht von der anfänglichen Laufbahn des Samens. Mit der Geburt der Kinder Evas, Kain und Abel, beginnt diese Laufbahn. Das Leben in dieser ersten Familie ist weit davon entfernt, harmonisch und idyllisch zu sein; die schlimmen Folgen der Sünde, die nun in die Welt gekommen ist, zeigen sich mit verheerender Schnelligkeit, als Kain seinen Bruder Abel ermordet.

      Das Leben der ersten Menschheitsfamilie wird durch den Brudermord in der ersten Generation getrübt – ein düsteres Anzeichen der auf dem Weg liegenden Schwierigkeiten, um den Samen schließlich in die Welt zu bringen. Eva bleibt ein Sohn übrig – ein Mörder. Aber dann bekommt sie einen weiteren Sohn, Seth, und mit ihm erlangt das Samen-Projekt seine Dynamik wieder: „Und Seth, auch ihm wurde ein Sohn geboren, und er gab ihm den Namen Enos. Damals fing man an, den Namen des HERRN anzurufen“ (1Mo 4,26).

      Abschnitt 3: Gericht (1. Mose 5,1–9,29)

      Der dritte große Abschnitt in 1. Mose beginnt mit der Abschnittsmarkierung in dieser Form: „Dies ist das Buch von Adams Geschlechtern“ (1Mo 5,1). Dann werden rasant die Nachkommen von Adam bis hin zu Noah aufgezählt. Es wird von zunehmender Gewalt auf der Erde berichtet, mit einigen bemerkenswerten Ausnahmen wie Henoch und Noah. Die Bösartigkeit der Menschheit erreicht einen solchen Höhepunkt, dass Gott sich entscheidet, die Menschen vom Erdboden zu vertilgen (1Mo 6,7). Auf den ersten Blick scheint es das Samen-Projekt zu einem völligen Stillstand zu bringen. Aber es gibt einen Vorbehalt in Gottes Beurteilung: „Noah aber fand Gnade in den Augen des HERRN“ (1Mo 6,8). Entsprechend verengt der Text seinen Fokus auf den Samen Noahs und verwendet noch einmal die wichtige Abschnittsmarkierung „Dies ist die Geschichte Noahs“ (1Mo 6,9). Der Rest dieses Abschnitts wird beherrscht vom Gericht durch die Sintflut, vor der Noah und seine Familie in der Arche gerettet werden.

      Es ist nicht unsere Absicht, hier die Erzählung von der Sintflut näher auszuführen, außer dem Hinweis, dass Jesus selbst sich darauf bezog, als es um sein Wiederkommen ging: „Denn wie die Tage Noahs waren, so wird die Ankunft des Sohnes des Menschen sein“ (Mt 24,37). Jesus nutzt die Ereignisse um die Sintflut als ein Beispiel, damit seine Zuhörer besser verstehen können, wie plötzlich und unerwartet seine zukünftige Wiederkehr „auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit“ sein wird (V. 30).

      Das Thema des Gerichts ist verständlicherweise nicht sehr ansprechend für diejenigen, die ein letztes Gericht nicht in irgendeinem Sinn als herrlich ansehen. Doch das ist eine oberflächliche Reaktion, denn das Gericht Gottes ist die andere Seite seiner Liebe; mit anderen Worten: Ein Gott, der letztlich nicht gerecht mit dem Bösen umgeht, kann kein Gott der Liebe sein. Die Tatsache, dass es ein letztes Gericht gibt, sagt uns tatsächlich, dass unser Sinn von richtig und falsch, unser moralisches Bewusstsein, keine Illusion ist.

      Heutige Atheisten reagieren gereizt, wann immer das Gericht Gottes erwähnt wird. Sie behaupten, an Gerechtigkeit interessiert zu sein. Doch ihrer Meinung nach werde die große Mehrheit der Menschen nie Gerechtigkeit bekommen, aus dem einfachen Grund, dass die meisten sie in diesem Leben nicht bekommen, und es gebe schließlich kein Leben nach dem Tod, in dem es eine endgültige Beurteilung geben könnte. Der Atheismus sieht es so, dass sich der Terrorist oder der Tyrann, der seine Mitmenschen ermordet und schließlich sich selbst erschießt, der Gerechtigkeit entzieht. Das ist ein irregeleitetes Denken, denn wir leben in einem moralischen Universum, und Gott wird dafür sorgen, dass Gerechtigkeit nicht nur vollzogen wird, sondern auch als vollzogen angesehen werden wird. Der berühmte marxistische Denker Max Horkheimer von der bekannten Frankfurter Schule sagte einmal, er befürchte, dass es keinen Gott geben könnte, denn in dem Fall gäbe es keine Gerechtigkeit. Er hätte sich in dieser Hinsicht keine Sorgen machen müssen; das Universum ist moralisch, und Gott wird dafür sorgen, dass Gerechtigkeit nicht nur vollzogen wird, sondern auch als vollzogen angesehen werden wird.

      Fassen wir zusammen: Der erste Abschnitt des ersten Buches Mose berichtet uns davon, dass die Menschen im Bild Gottes geschaffen sind. Der zweite Abschnitt konzentriert sich auf einen wichtigen Aspekt dieses Bildes – dass Menschen moralische Wesen sind. Er erzählt uns von der großen Täuschung, die die Sünde in die Welt brachte, und gibt detaillierte Einblicke, wie dieser Schaden eines Tages ungeschehen gemacht wird, wenn der Same der Frau triumphiert. Der dritte Abschnitt verweist auf die letztgültige Wirklichkeit dieses moralischen Status im Gericht Gottes, einem Gericht, das von Barmherzigkeit durchdrungen ist, da Noah und seiner Familie Rettung gewährt wird.

      Man kann den ersten Teil von 1. Mose auch so betrachten, dass er drei Hauptpunkte der christlichen Glaubenslehre vorhersieht: (1) Schöpfung; (2) Sünde und Erlösung; und (3) Gericht und die letzten Dinge.

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