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Beide Mädchen trugen weiß-pinke Schuluniformen. Auf dem Tresen standen Toast und Orangensaft.
Cassie war beeindruckt, wie die beiden als Team zu funktionieren schienen. Bisher hatte sie eine harmonische Beziehung erlebt, in der es weder Neckereien noch Streitereien zu geben schien. Da die Mädchen fast gleichalt waren, schienen sie sich mehr wie Zwillinge zu verhalten.
„Ihr beide seid prima organisiert“, sagte Cassie bewundernd. „Ihr scheint gut darin zu sein, nach euch selbst zu sehen. Kann ich euch etwas für euren Toast bringen? Was esst ihr normalerweise? Marmelade, Käse, Erdnussbutter?“
Cassie war sich nicht sicher, was die Küche hergab, vermutete aber, dass die Grundnahrungsmittel vorhanden waren.
„Ich mag meinen Toast einfach mit Butter“, sagte Nina.
Cassie nahm an, dass Venetia ihrer Schwester zustimmen würde. Doch das jüngere Mädchen betrachtete sie interessiert, als zöge sie die Vorschläge in Erwägung. Dann sagte sie: „Marmelade, bitte.“
„Marmelade? Kein Problem.“
Cassie öffnete mehrere Schränke, bis sie die Aufstriche fand. Sie standen weit oben – zu hoch für die Kinder.
„Es gibt Erdbeer- und Feigenmarmeladen. Was hättest du gerne? Ansonsten gibt es noch Nutella.“
„Erdbeere, bitte“, sagte Venetia höflich.
„Wir dürfen kein Nutella essen“, erklärte Nina. „Das ist nur für besondere Gelegenheiten.“
Cassie nickte. „Das macht Sinn, wo es doch so köstlich ist.“
Sie gab Venetia die Marmelade und setzte sich.
„Was habt ihr heute vor? Ihr scheint bereit für die Schule zu sein. Muss ich euch dort hinbringen? Wann beginnt der Unterricht und kennt ihr den Weg?“
Nina schluckte ihren Toast herunter.
„Unterricht beginnt um acht und endet heute um halb drei, da wir noch Gesangsunterricht haben. Aber wir haben einen Fahrer, Giuseppe, der uns hinbringt und abholt.“
„Oh.“
Cassie konnte ihre Überraschung nicht verstecken. Der Tagesablauf der Kinder war organisierter, als sie es erwartet hatte. Sie fühlte sich überflüssig und machte sich Sorgen, Ms. Rossi könnte realisieren, ohne sie klarzukommen und sie gar nicht für drei Monate zu brauchen. Sie musste sich nützlich machen. Hoffentlich würde sie den Mädchen nach der Schule bei ihren Hausaufgaben helfen können.
Während sie über diese Strategie nachdachte, stand Cassie auf, um sich Kaffee zu machen.
Als sie sich wieder umdrehte, sah sie, dass die Mädchen ihr Frühstück beendet hatten.
Nina stellte die Teller und Gläser in die Spülmaschine, während Venetia einen der Hocker zum Schrank gezogen hatte. Sie kletterte darauf und streckte ihren Arm aus, um das Marmeladenglas zurück zu stellen.
„Keine Sorge, ich mach das.“
Venetia wirkte wackelig auf dem Hocker und Cassie eilte zu ihr, um ein Desaster zu verhindern.
„Ich kann das.“
Venetia hielt das Glas fest in den Händen und weigerte sich, Cassies Hilfe anzunehmen.
„Es ist kein Problem, Venetia. Ich bin größer.“
„Ich muss das machen.“ Das kleine Mädchen klang angespannt, fast schon verzweifelt, es selbst zu tun.
Während Cassie nervös hinter ihr stand, um sie im Notfall aufzufangen, stellte Venetia auf Zehenspitzen das Marmeladenglas zurück ins Regal. Sie schob es genau dorthin, wo es sich auch zuvor befunden hatte.
„Gut gemacht“, lobte Cassie sie.
Sie nahm an, dass die erbitterte Unabhängigkeit ein Teil des Charakters und der Erziehung des Mädchens sein musste. Es kam ihr ungewöhnlich vor, aber sie hatte auch noch nie für eine derartige Familie gearbeitet.
Sie sah zu, wie Venetia den Stuhl zurück an seinen Platz manövrierte. Mittlerweile hatte Nina die Butter zurück in den Kühlschrank und das Brot in seine Box gelegt. Die Küche sah makellos aus, als wäre darin kein Frühstück gegessen worden.
„Giuseppe wird bald hier sein“, erinnerte Nina ihre Schwester. „Wir müssen unsere Zähne putzen.“
Sie verließen die Küche und gingen nach oben in ihre Zimmer. Cassie sah ihnen begeistert nach. Fünf Minuten später kehrten die Mädchen samt Schultaschen und Mänteln zurück und gingen nach draußen.
Cassie folgte ihnen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten, doch ein weißer Mercedes fuhr bereits vor. Einige Augenblicke später hielt er in der kreisrunden Einfahrt und die Mädchen kletterten in den Wagen.
„Auf Wiedersehen“, rief Cassie winkend. Doch die Mädchen konnten sie nicht gehört haben, da sie nicht zu reagieren schienen.
Im Haus entdeckte Cassie, dass Ms. Rossi und Maurice ebenfalls gegangen waren. Die anderen Hausangestellten schienen auch nicht im Dienst zu sein.
Cassie war ganz alleine.
„Das ist nicht, was ich erwartet habe“, sagte sie zu sich selbst.
Das Haus war sehr still und darin allein zu sein, fühlte sich seltsam an. Sie hatte angenommen, weit mehr zu tun zu haben und mehr in das Leben der Kinder involviert zu werden. Es fühlte sich an, als würde sie wahrhaftig nicht gebraucht werden.
Sie versuchte, sich zu versichern, dass es noch früh war und sie für die Zeit dankbar sein sollte. Vermutlich war dies nur die Ruhe vor dem Sturm; sobald die Kinder wieder zuhause waren, hätte sie bestimmt genug zu tun.
Cassie entschied sich, den Hinweis weiterzuverfolgen, den sie am Vortag erhalten hatte. Der unerwartet freie Morgen war möglicherweise ihre einzige Chance, Jacquis Aufenthaltsort herauszufinden.
Sie hatte nicht viel, lediglich den Namen einer Stadt.
Aber sie war entschlossen, damit klarzukommen.
Im W-LAN des Hauses verbrachte Cassie eine Stunde damit, die Stadt kennenzulernen, in der Jacqui gelebt hatte – oder zumindest hatte sie das dem Bartender Tim vor einigen Wochen erzählt.
Bellagio war eine kleine Stadt, was ihr zugunsten kam. In einem kleinen Ort gab es weniger Hostels und Hotels und die Menschen kannten einander besser. Eine hübsche, amerikanische Frau würde auffallen.
Ein weiterer Vorteil war, dass es sich um ein beliebtes Reiseziel handelte. Bellagio war ein malerischer Ort am Comer See, der fantastische Aussichten, Shops und Restaurants zu bieten hatte.
Während ihrer Recherche versuchte sie, sich auszumalen, wie das Leben in dieser Stadt wohl sein mochte. Ruhig, malerisch, im Hochsommer voller Touristen. Sie stellte sich Jacqui vor, wie sie möglicherweise in einem kleinen Hotel oder einer Mietswohnung lebte. Vermutlich ein kleines Zuhause mit Blick über die Pflastersteinstraßen, von einer steilen Steintreppe aus zu erreichen. Mit einem Fensterkasten voller bunter Blumen.
Cassie verbrachte zwei Stunden damit,