Das Haus in den Dünen. Ulrich Hefner

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das Haus in den Dünen - Ulrich Hefner страница 19

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Das Haus in den Dünen - Ulrich Hefner

Скачать книгу

      Trevisan zuckte die Schulter. »Na, wenn das so ist. Ich hätte Lust auf etwas Antipasti von mediterranem Gemüse in Olivenöl-Balsamico-Marinade mit gebratenen Gambas in frischem Basilikumpesto …«

      »Schon gut, also zum Italiener«, unterbrach Angela Trevisans Schwärmerei. »Ins Vesuvio oder zu Fazios?«

      Trevisan überlegte. »Lass uns in die Ebertstraße gehen, ich hätte heute Lust darauf.«

      Das Fazios lag unmittelbar neben der Nordseepassage im City Hotel Valois. Das Lokal war gut besucht, dennoch fanden Angela und Trevisan einen Tisch für zwei Personen in einer kuscheligen Ecke. Trevisan trug seinen leichten Sommeranzug und ein weißes T-Shirt, während Angela ein schwar­zes Trägerkleid angezogen und die Haare hochgesteckt hatte. Das Fazios war ein Restaurant von gehobenem Ambiente. Trevisan bestellte ein Carpaccio vom Rind mit Zitrone als Vorspeise, dazu eine Flasche Amarone Della Valpolicella. Der Kellner nickte freundlich.

      »Hast du heute etwas zu feiern?«, fragte Angela, als der Kellner um die Ecke verschwunden war.

      »Wie kommst du darauf?«

      »Das Fazios, Vorspeise, ein Rotwein um die dreißig Mark. Bist du befördert worden?«

      »Ich hätte es zumindest bald verdient«, entgegnete Trevisan.

      Angela lächelte.

      »Was hast du heute gemacht?«, wechselte er das Thema.

      »Ich habe heute lange geschlafen. Das Telefon hat mich geweckt.«

      »Du Arme.«

      Angela schüttelte den Kopf. »Es war ein wichtiger Anruf.«

      »Unser Versicherungsagent, die Lottogesellschaft oder eine Meinungsumfrage?«, scherzte Trevisan.

      »Weder noch«, erklärte Angela. »Du erinnerst dich doch, dass ich dir von diesem Verlag aus München erzählt habe.«

      Trevisans Lächeln erfror. Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, aber es gelang ihm nicht.

      »Was hast du?«, fragte Angela besorgt.

      »Nichts«, erwiderte Trevisan eilig. »Was war mit dem Anruf?«

      »Ich habe gute Chancen, den Job zu kriegen«, fuhr Angela fort. »Die Chefredaktion, verstehst du?«

      Trevisan schaute aus dem Fenster.

      »Ich weiß genau, was du jetzt denkst«, holte ihn Angela aus seinen düsteren Gedanken zurück. »Ich bin keine Hausfrau, das habe ich dir immer gesagt. Schon, als wir das erste Mal zusammen waren.«

      »Aber München«, wandte Trevisan ein.

      »Hamburg, Westerwerde, München, wo ist der Unterschied?«, fragte Angela irritiert.

      »Sagen wir, rund achthundert Kilometer«, entgegnete Trevisan trocken.

      »Du hast immer gewusst, dass ich meinen Beruf sehr ernst nehme. Ich sagte dir ständig, die Karriere ist mir wichtig. Ich würde sie nie aufgeben.«

      »Ich dachte, dir gefällt es, wenn wir zusammen sind, du und ich und Paula …«

      »Das hat damit gar nichts zu tun«, erwiderte Angela streng. »Kündige doch deinen Job und geh mit mir nach München. Der Mann hat nicht automatisch mehr Rechte, nur weil er in der Steinzeit für die Verköstigung der Familie sorgte. Wir leben im 21. Jahrhundert. Und es gibt Flugzeuge und einen ICE, der fast stündlich verkehrt. Es würde sich nichts ändern.«

      Trevisan nickte. »Eben, es würde sich nichts ändern.«

      »Du kennst doch meine Devise, die eigene Zukunft …«

      »… finden, heißt auch, auf eigenen Beinen zu stehen«, vervollständigte Trevisan. Er hatte diesen Ausspruch schon oft gehört, dennoch versetzte er ihm immer wieder einen Stich mitten ins Herz. »Angela, ich liebe dich. Ich möchte mit dir zusammen sein. Ich will nicht, dass du nach München gehst.«

      Der Kellner näherte sich.

      »Ich liebe dich ebenso, aber ich kann kein Leben in einem goldenen Käfig führen«, erwiderte Angela. »Ich will all meine freie Zeit mit dir und Paula verbringen. Aber das Leben besteht aus mehr als aus Liebe und Gemeinsamkeit. Wenn ich keine Aufgabe hätte, keine Herausforderung mehr spüre, kein Ziel mehr verfolgen dürfte, ich würde … ich wüsste nicht … Bitte zwing mich nicht, zwischen dir und meinem Beruf eine Entscheidung zu treffen. Es wäre, als wenn du mich zwingst, ein Teil von mir herauszuschneiden. Und egal, wie ich mich entscheiden würde, zurückbleiben würde nur der Schmerz und ich wüsste genau, irgendetwas würde mir fehlen. Entweder das eine oder das andere. Es geht nicht darum, was mir wichtiger im Leben ist, es geht nur darum, dass man sich nicht selbst innerlich zerreißt, das habe ich schon einmal durchgemacht und es hat unendlich wehgetan, verstehst du?«

      Angelas flehendes Flüstern verstummte, als der Kellner den Wein auf dem Tisch platzierte.

      Trevisan wusste genau, was sie meinte. Nur seine Gefühlswelt kam damit nicht klar.

      Der Kellner servierte das Carpaccio.

      Angela schwieg, bis der Kellner wieder verschwand.

      »Lass uns morgen darüber reden«, sagte sie. »Wir sind hierher gekommen, um zu essen. Ich …«

      »Schon gut, ich verstehe, was du mir sagen willst«, entgegnete Trevisan. »Es ist nur nicht leicht für mich, es zu akzeptieren. Ich brauche Zeit, um damit klarzukommen.«

      Trevisan aß, aber der Appetit war ihm vergangen.

      *

      Der flackernde Schein des Feuers erhellte die Nacht. Er hatte sich auf einen Baumstumpf in der Nähe niedergesetzt und genoss den züngelnden Tanz der Flammen. Immer höher schoss die Flammensäule in den Nachthimmel. Funken stoben hervor und verglühten nach einem kurzen Flug in der Dunkelheit. Eine graue Rauchsäule wuchs in den Himmel. Zufrieden seufzte er. Noch war der Brand in seiner Ausbreitungsphase, noch hatten die Flammen nicht jeden Punkt des Gebäudes erreicht. Dennoch wusste er, der Lichtschein war weit hinaus zu sehen. Am liebsten würde er bleiben, bis das letzte Leben in seinem Kind erloschen war, doch er wusste, dass er gehen musste. Er erhob sich, und verstaute seine Utensilien im Rucksack. Niemand durfte ihn in der Nähe sehen, niemand durfte sich auch nur einen vagen Eindruck von ihm verschaffen. Dennoch würde er in der Nähe bleiben, bis das letzte Licht erlosch.

      Irgendwie war es gespenstisch. Im flackernden Licht erschien es, als ob die Bäume rund herum zum Leben erwacht wären. Er griff nach dem schwarzen Kanister, dann machte er sich auf den Weg. Der kleine, ausgetretene Trampelpfad führte durch den Wald. Niemand war um diese Zeit hier unterwegs. Er warf einen letzten Blick zurück. Das Feuer hatte nun das ganze Gebäude erfasst. Kurz blieb er stehen. Seine Augen glänzten. Schließlich stürzte das Dach unter lautem Donnern ein. Der Höhepunkt war erreicht. Er ging weiter. Auch wenn es bereits nach Mitternacht war, konnte er nicht ausschließen, dass jemand das Feuer entdeckt hatte. Es gab immer ein paar Augenpaare, die keine Ruhe in der Nacht fanden, egal wie spät es war.

      Er beeilte sich, aber er rannte nicht, er hatte sein Tempo gefunden. Es nutzte nichts, wenn er über einen Baumstumpf stolperte und sich ein Bein brach. Seine Aufgabe hier in dieser Welt war längst

Скачать книгу